Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat Eckpunkte der geplanten Legalisierung von Cannabis vorgelegt - sehr zum Unmut der CSU, die den Kurs der Ampel-Regierung deutlich und scharf kritisiert. Ein Kommentar.
Bereits vor fünf Jahren hatte ich in einem Kommentar für inFranken.de betont, dass die Legalisierung von Cannabis nicht mehr aufzuhalten sei. Und nun sieht es tatsächlich so aus, als ob die Ampel ihr Vorzeigeprojekt in die Tat umsetzen und Cannabis – zumindest in gewissem Rahmen – in Deutschland legalisieren oder entkriminalisieren könnte.
Doch die CSU gibt ihren Kampf nicht auf: Markus Söder sieht Deutschland auf einem schlimmen Irrweg und fordert seine Twitter-Gefolgschaft auf: „Hände weg von den Drogen“. Wobei, wie immer in Bayern, natürlich Marihuana und andere „echte“ Drogen gemeint sind – und eben nicht Tabak oder das bayerische Kulturgut Alkohol.
Die CSU fabuliert vom "kiffenden Dorfasozialen"
Man könnte den Beißreflex der CSU beim Thema Kiffen ja belustigt beobachten, würde damit nicht eine echte Diskussion über das Thema jeglicher Boden entzogen. Denn was die CSU hier tut, ist das Spiel mit den Ängsten und Sorgen jener Menschen, die mit illegalen Drogen ungefähr so viel zu tun haben, wie die bayerischen Alpen mit der Ostsee.
Denn statt auf Fakten und echte Erkenntnisse stützt sich die bayerische Regierung beim Thema Cannabis lieber auf Schlagworte und Zirkelschlüsse. So argumentiert der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek aktuell mit dem Völker- und EU-Recht, welches den deutschen Plänen einen Riegel vorschieben könnte. Ganz im Sinne der ehemaligen Drogenbeauftragten der Bundesregierung, der CSU-Politikerin Marlene Mortler, die einst auf die Frage, warum Cannabis verboten ist, antwortete, „weil es illegal ist“.
Dabei gibt es auch in der CSU-Stimmen, die eine Legalisierung zumindest nicht generell ablehnen. So hatte sich der Münchner CSU-Stadtrat und Arzt Hans Theiss vor fast einem Jahr in einem Facebook-Post öffentlich für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen: „Die schizophrenen Zeiten sollten vorbei sein, in denen in Bierzeltreden der kiffende Dorfasoziale beschworen wird und tausende Zeltbesucher mit vollen Maßkrügen in der Hand johlen sollen.“ Denn er habe noch nie verstanden, „warum Cannabis verteufelt wird, während am legalen Alkoholkonsum pro Jahr 60.000 und am Nikotinabusus 100.000 Menschen in Deutschland sterben.“
Eine sinnvolle Drogenpolitik wird verhindert
Genau das ist der springende Punkt: Statt sich mit der Frage zu beschäftigen, mit welcher Art der Drogenpolitik wir die negativen persönlichen und gesellschaftlichen Folgen jeglichen Drogenkonsums reduzieren könnten, wird von der CSU eine mehr oder weniger willkürliche Trennung von „guten“ und „bösen“, legalen und illegalen Drogen gezogen.
Das verhindert sinnvolle Gespräche über Drogenpolitik. Denn plötzlich geht es darum, ob Alkohol nun besser ist als Cannabis oder ob Kiffen notwendigerweise in den Konsum von harten Drogen wie Heroin mündet. Und eben nicht mehr darum, wie man Jugendliche tatsächlich vor dem Konsum von Drogen jeglicher Art schützen und wie man Menschen mit Suchtproblemen jeglicher Art unterstützen kann. Die Mechanismen der Entstehung von Sucht werden hier bewusst ausgeklammert.
Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.
So oder so ähnlich könnte ein Slogan der CSU heißen. Während Corona durchs Land zog und man stark für die Impfung warb, redete man Verschwörungstheoretiker klein, sich mit Zahlen und Fakten auseinanderzusetzen und mit diesen plumpen Stammtischparolen aufzuhören.
Will man allerdings etwas verhindern, sind diese Argumente alle nichtig und nicht von Bedeutung. Klassiker.
Eine Legalisierung? Längst überfällig. Wichtiger halte ich allerdings die öffentliche Wahrnehmung von Drogen. Was für ein Aufschrei würde man im Land hören, würde Cannabis so angepriesen werden wie in einer Bier- oder Rumwerbung. Hier sollten ähnliche Regeln wie für die Tabakindustrie gelten.
Weiter sollte man sich auch mal damit auseinandersetzen, warum Cannabis verboten wurde. Hier spielten die gesundheitlichen Gründe keinerlei Rolle.
Einerseits sollte es legalisiert werden, weil man unsere Politik nicht mehr anders erträgt. Aber wenn alle nur noch zugekifft rumlaufen wird es auch nicht besser.
Mir scheint, die Kollegen Söder und Holetschek haben ein Bild vom unmündigen Bürger im Kopf, der wie ein Kleinkind alles in den Mund steckt, was die Mama nicht explizit verboten hat. Das war schon bei Corona so, als man lieber doch ein bisschen zu viel als zu wenig verboten hat und davon ausging, dass der bayerische Bürger in Zeiten einer Pandemie wohl am liebsten zu Tausenden zusammensteht und sich gegenseitig anhustet, und man deshalb möglichst alle Zusammenkünfte verbieten lies. Ich hoffe nur inständig, dass dieser Schuss, auf billige Art die Stimmen älterer konservativer Bürger für die nächste Landtagswahl zu fangen, böse nach hinten los geht, und wir eine Regierung bekommen, die dem Bürger ein gewisses Maß an Eigenverantwortung, nicht nur im Bereich Drogen, zugesteht.
Hauptsache, die Sauferei bleibt legal...gell Markus 🍺🍻🍺
Volle Zustimmung zu dieser Beurteilung. Söder und Anhang wieder auf Stimmenfang für die nächste Wahl. Da kommen Stammtisch-Parolen gerade gut an. Dr. Dieter Löhmann