Grafenwöhr: USA bilden ukrainische Soldaten aus - wird Deutschland dadurch zur Kriegspartei?
Autor: Redaktion
Grafenwöhr, Montag, 09. Mai 2022
In Grafenwöhr in der Oberpfalz befinden sich nicht nur zahlreiche amerikanische Soldaten und modernes Kriegsmaterial. Auch ukrainische Soldaten werden dort ausgebildet. Macht das Deutschland zur aktiven Kriegspartei?
Die USA bilden ukrainische Soldaten auch auf dem US-Militärstützpunkt im oberpfälzischen Grafenwöhr mit westlichem Kriegsgerät aus. "Wir trainieren in Grafenwöhr", bestätigte ein Vertreter des US-Militärs zuletzt. Derzeit werden dort demnach 50 bis 60 Soldaten an Artilleriesystem ausgebildet.
Die Soldaten kämen gruppenweise: Aktuell werde in Grafenwöhr die zweite Gruppe ausgebildet. Deshalb sei es schwierig, konkretere Zahlen zu nennen. "Wir bilden eine angemessene Anzahl von Personen für die Systeme aus, die wir haben", hieß es weiter.
Macht die Ausbildung in Bayern Deutschland zur Kriegspartei?
Die USA hatten vergangene Woche erklärt, mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland und anderen Ländern begonnen zu haben. Die US-Regierung stattet die Ukraine im großen Stil mit Waffen und Munition aus. "Es gibt einige Nationen, in denen wir ausbilden, denen es unangenehm ist, wenn dies öffentlich bekannt gegeben wird. Wir werden das also weiterhin respektieren", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby zu weiteren Trainings-Standorten.
"Unangenehm" ist es dies vor allem, weil über die rechtliche Bedeutung dieser Ausbildung Verunsicherung herrscht: Macht die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden die Bundesrepublik zur aktiven Kriegspartei? Dazu hatte es zuletzt eine Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gegeben. Jedem sei klar, dass man sich immer wieder in einer schwierigen Abwägung befinde, hatte Regierungssprecher Steffen Hebestreit dazu gesagt: "Unsere Überzeugung ist, dass auch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten in Deutschland an Waffensystemen weiterhin keinen direkten Kriegseintritt bedeutet."
Das Gutachten stammt bereits vom 16. März und wurde damit zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, bevor die Bundesregierung sich zur Lieferung schwerer Waffen entschlossen hat. Es stellt fest, dass militärische Hilfe für einen angegriffenen Staat erlaubt ist. "Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen", stellt das Gutachten fest. Die Ausbildung erfolge hier aber nicht durch die Bundesregierung, sondern eben durch amerikanische Ausbilder.
Für den ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, ist die Diskussion sowieso überflüssig. Die Befürchtung, durch Waffenlieferungen zur Kriegspartei zu werden, bezeichnete Melnyk als völligen Quatsch: "Für Putin ist Deutschland längst Kriegspartei. Wer eine Ausweitung seines Kriegs verhindern möchte, muss uns jetzt helfen, Putin in die Schranken zu weisen." rowa/mit dpa