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Tödliche Gefahr an Straßenrand und auf der Weide: Giftpflanze breitet sich in Bayern aus


Autor: Stefan Lutter

Theilenhofen, Mittwoch, 13. November 2024

In Bayern breitet sich das giftige Jakobs-Kreuzkraut aus und gefährdet Nutztiere. Landwirte in Mittelfranken besprechen Schutzmaßnahmen.
Sieht harmlos aus und ist dem Johanniskraut zum Verwechseln ähnlich: Wenn Tiere das giftige Jakobskreuzkraut fressen, können sie daran sterben.


Das giftige Jakobs-Kreuzkraut breitet sich in Bayern zunehmend aus. Darauf weist der Bayerische Rundfunk (BR) in einem Beitrag vom Montag, 11. November 2024, hin. Die gelb blühende Giftpflanze wachse demnach häufig auf ungenutzten oder extensiv genutzten Flächen wie Straßenrandstreifen oder Weiden, wird Landwirt Tobias Volkert aus Theilenhofen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen vom BR zitiert.

In der mittelfränkischen Gemeinde berieten Landwirte, Politiker, das Straßenbauamt und verschiedene Fachstellen am Montag über das für Nutztiere wie Rinder, Schafe und Pferde gefährliche Kraut.

Giftiges Jakobs-Kreuzkraut breitet sich in Bayern aus

Giftiges Jakobs-Kreuzkraut stellt eine tödliche Gefahr für Pferde, Schafe und Rinder dar. Die meisten Menschen hätten das Problem mit dem Jakobs-Kreuzkraut nicht auf dem Schirm, erklärt CSU-Politikerin Marlene Mortler. Die frühere Europaabgeordnete und ehemalige Drogenbeauftragte der Bundesregierung hatte das Treffen organisiert. Mortler wies auf die tödliche Gefahr des Gewächses für Tiere hin: Wenn Tiere diese Pflanzen fressen, könnten sie daran sterben.

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Genauer formuliert es das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF), das Jakobs-Kreuzkraut aufgrund seiner Giftigkeit als "Problemunkraut im Grünland" bezeichnet. Aufgrund seiner toxischen Alkaloide, zu denen auch das Senecionin zählt, stelle es eine erhebliche Gefahr für Nutztiere dar. Experten warnten, dass diese Stoffe zu fatalen Leberschäden führen können. Besondere Vorsicht sei geboten, da alle Teile der Pflanze giftig sind, wobei die Blüte die höchste Konzentration dieser schädlichen Stoffe aufweise.

Zwar meiden Tiere frische Pflanzen meist wegen ihres Geruchs, so das StMELF. Sobald die Pflanze aber im Heu getrocknet oder zu Silage verarbeitet wird, verliert sie ihre Bitterstoffe, nicht aber das Gift, so Ingrid Bär, Leiterin des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weißenburg-Roth während des Treffens am Montag. Auf diese Weise werde die Giftpflanze von den Rindern, Schafen oder Pferden mitgefressen.

Besonders gefährlich für Pferde

Besonders gefährdet sind demnach Pferde. Schafe und Ziegen seien im Vergleich widerstandsfähiger gegenüber den toxischen Substanzen des Jakobs-Kreuzkrauts. Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftskammer listet auf, bei welcher Menge das Kraut für bestimmte Tiergruppe tödlich sein kann:

  • Pferd: Tödliche Dosis durch 40 bis 80 Gramm FG ("Frischgewicht der Pflanze") pro Kilogramm Körpergewicht. Das entspricht 14 bis 20 Kilogramm FG bei einem 350-Kilogramm-Islandpferd oder 2 bis 4 Kilogramm getrocknet im Heu.
  • Rind: Tödliche Dosis durch 140 Gramm FG pro Kilogramm Körpergewicht. Diese Menge wird bei einem Prozent des Krauts im Heu bereits in drei Monaten erreicht; bei einem Anteil von 10 Prozent sogar schon in 20 Tagen. 
  • Schaf: Tödliche Dosis bei über 2 Kilogramm FG pro Kilogramm Körpergewicht.
  • Ziege: Tödliche Dosis bei 1,25 bis 4 Kilogramm FG pro Kilogramm Körpergewicht.

Erste Schäden bei einem chronischen Krankheitsgeschehen seien bereits nach Aufnahme erheblich geringerer Futtermengen zu erwarten, warnt die Landwirtschaftskammer.

Samen 20 Jahre lang keimfähig

Das bayerische StMELF warnt eindringlich davor, Flächen mit Jakobs-Kreuzkraut nicht zu beweiden und das Mähgut zur Verfütterung zu nutzen. Das Kraut könne durch Maßnahmen wie die Vermeidung von Narbenlücken, verstärkte Düngung und eine erhöhte Schnittfrequenz zurückgedrängt werden. Kleinere Bestände könnten durch Ausreißen oder Ausstechen mit anschließender Nachsaat beseitigt werden, so das Ministerium auf seiner Unkraut-Informationsseite. Die chemische Bekämpfung solle allerdings nur in Notfällen durchgeführt werden.

Wie beim Treffen in Theilenhofen erklärt wurde, ist die Pflanze zweijährig und bildet im zweiten Jahr sehr viele Samen aus, die sich wie Löwenzahn-Samen verbreiten. Diese Samen seien bis zu 20 Jahre lang keimfähig, so Ingrid Bär vom Landwirtschaftsamt. Mit Mulchen und Mähen sei der Pflanze nicht beizukommen, ergänzte Landwirt Tobias Volkert. Damit könne die Verbreitung nur verzögert, aber nicht aufgehalten werden, meint er. Deshalb sei es wichtig, Bedingungen zu schaffen, die es dem Jakobs-Kreuzkraut erschweren, zu keimen, unterstrich Hans-Jürgen Auinger vom Verband für landwirtschaftliche Fachbildung. Dazu müssten Nährstoffmissverhältnisse ausgeglichen werden. Die Giftpflanze wachse besonders gut auf Böden, denen Kalzium fehlt. Mit dem Ausbringen von Kalk könnte es gelingen, die Bedingungen zum Keimen zu verschlechtern, meint Auinger.

Wichtig sei es vor allem, dass sich alle Beteiligten zusammensetzen, ist Sandra Eichelberger vom Staatlichen Bauamt Ansbach laut BR überzeugt. Die Straßenränder würden wegen der Bienen weniger oft gemäht und gemulcht. Wegen des Jakobs-Kreuzkrauts wäre es aber wichtig, öfter zu mähen. CSU-Politikerin Marlene Mortler hat in einem Antrag die bayerische Staatsregierung auf das Problem aufmerksam gemacht und hofft, dass die Bekämpfung der Giftpflanze somit eine höhere Priorität bekommt.

Verwechslungsgefahr mit Johanniskraut

Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaea; auch als Jakobs-Greiskraut bekannt) gehört zu den Korbblütlern und blüht zwischen Juli und September. Es wird 30 bis 100 Zentimeter hoch, alle Pflanzenteile sind giftig. In Deutschland gibt es etwa 25 verschiedene Kreuzkraut-Arten, die unterschiedlich stark giftig sind, informiert die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft. Zu den besonders giftigen Arten zählen neben dem Jakobs-Kreuzkraut auch das Wasserkreuzkraut, das Alpenkreuzkraut, das Raukenblättrige Kreuzkraut und das Schmalblättrige Kreuzkraut.

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Auf den ersten Blick könne man Jakobs-Kreuzkraut mit Johanniskraut verwechseln, warnt der BR. Deshalb sollte man die Finger davon lassen, wenn man sich nicht hundertprozentig sicher ist. 

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