Berchtesgaden: Eiskapelle am Watzmann eingestürzt - "bedrückend und schockierend zugleich"
Autor: Alexander Milesevic, Stefan Lutter
Berchtesgaden, Freitag, 12. Sept. 2025
In den Berchtesgadener Alpen sorgt das Verschwinden der Eiskapelle am Fuße der Watzmann-Ostwand für Aufsehen. Die Instabilität der verbleibenden Strukturen stellt eine erhebliche Gefahr für Bergsteiger dar.
Die sogenannte Eiskapelle am Fuß der Watzmann-Ostwand in den Berchtesgadener Alpen ist kollabiert. Dies sei eine Konsequenz des fortschreitenden Klimawandels, teilte der Nationalpark Berchtesgaden mit.
Bei der Eiskapelle handelte es sich um einen Hohlraum im Inneren des Firneisfelds auf etwa 900 Metern Höhe. Seit Ende 2019 habe die Formation mehr als 575.000 Kubikmeter Firneis eingebüßt, hieß es in der Mitteilung. Forscher hatten deshalb laut Nationalparkverwaltung das Verschwinden der Eiskapelle prognostiziert, über den frühen Zeitpunkt des Einsturzes seien aber auch die Experten erstaunt.
Eiskapelle am Watzmann eingestürzt - Auswirkungen für Wanderer im Nationalpark
Akut bedeutet der Kollaps des bekannten Naturdenkmals am Fuße der Watzmann-Ostwand im Nationalpark Berchtesgaden zusätzliche Gefahren für Bergsteiger: "Wir warnen Wanderer eindringlich vor dem Betreten der Reste der Eiskapelle, es herrscht im gesamten Bereich der Eiskapelle akute Steinschlaggefahr. Auch der letzte, noch stehende Eisbogen und die Eiswände am Rand können jederzeit zusammenbrechen", sagte Nationalparkleiter Roland Baier. Vom Kollaps der Eiskapelle seien auch die Zustiege in die Watzmann-Ostwand betroffen.
"Es ist bedrückend und schockierend zugleich, dass die Eiskapelle, die bereits Alexander von Humboldt im November 1797 besuchte, nun einfach weg ist", sagte Baier. "Damit verlieren wir nicht nur eine wichtige regionale Sehenswürdigkeit, sondern auch ein überregional wertvolles Geotop." Der Kollaps der Eiskapelle sei ein für alle deutlich sichtbarer Beleg dafür, welche Veränderungen der Klimawandel vor Ort mit sich bringe.
Geoforscher Andreas Wolf ergänzte beim BR: "Durch den vollständigen Verlust des Widerlagers der Firneismassen verliert der südliche Moränenhang im Eisgraben weiter an Stabilität. Große Felsblöcke gleiten auf dem feinsplittrigen, aufgelockerten Material den Hang hinab und gefährden Personen im Bereich des Eisgrabens. Hier können lebensbedrohliche Situationen entstehen."
Mahnmal des Klimawandels
Bereits seit Anfang September 2025 war ihr Einsturz bekannt, doch neuere Berichte bestätigen, dass die verbliebenen Eiswände und Bögen zunehmend instabil werden. Wissenschaftler wie Andreas Wolf vom Verband der deutschen Höhlenforscher betonen, dass der Kollaps eine direkte Folge des fortschreitenden Klimawandels ist. Seit den 1950er-Jahren hat die Eiskapelle beinahe drei Viertel ihres Eisvolumens verloren – ein sichtbarer Beweis für die Erderwärmung.
Mit dem Verschwinden der Eiskapelle endet nicht nur ein Kapitel alpiner Geschichte, sondern es entstehen auch neue Gefahren. Der Nationalpark Berchtesgaden warnt weiterhin eindringlich vor dem Betreten der Überreste. Steinschlag und instabile Moränenhänge machen das Gebiet lebensgefährlich. Sogar Kletterrouten zur Watzmann-Ostwand sind betroffen. Der letzte verbliebene Eisbogen könnte jederzeit zusammenbrechen, während Schutt und Gestein den Zugang zusätzlich erschweren.