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Bayern: Hiobsbotschaft für Kommunen - wird das Leben auf dem Land unattraktiver?


Autor: Agentur dpa

Bayern, Mittwoch, 06. Sept. 2023

Der Bund hat geplant, Bayern etliche Millionen Euro Fördergelder für 2024 zu streichen. Darunter leiden würden Dörfer auf dem Land - vor allem in Oberfranken. Auch ein Bamberger bezieht Stellung dazu.
Der Bund will bayerischen Kommunen Födergelder streichen.


Kößlarn ist ein schmuckes Dorf im Landkreis Passau. Die Fassaden am frisch gepflasterten Marktplatz sind hergerichtet, Hauseingänge behindertengerecht, vor dem Rathaus plätschert Wasser aus einem neuen Brunnen und über allem thront die Wallfahrtskirche.

Nicht zu sehen: Auch ein neues Nahwärmenetz gibt es. Vier Millionen Euro habe die Gemeinde in die Dorferneuerung gesteckt, sagt Bürgermeister Willi Lindner. Einen großen Anteil davon bekam sie über das Amt für Ländliche Entwicklung gefördert. Genau diese Gelder will der Bund im Haushalt 2024 stark kürzen. "Das wäre schlimm", so Lindner. Er weiß: "Kößlarn stünde heute nicht so da."

Sonderrahmenplan "Ländliche Entwicklung" soll gestrichen werden - Bund erhält viel Gegenwind

So wie dem 1960-Einwohner-Dorf in Niederbayern geht es vielen Kommunen im Freistaat. Sie haben in den vergangenen Jahren von den Geldern profitiert oder befinden sich gerade in der Planungsphase. Nun ist die Sorge groß, dass Projekte auf der Strecke bleiben.

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Der Bayerische Gemeindetag sei "entsetzt" schrieb jüngst dessen Präsident Uwe Brandl in einem Appell an die Bundesregierung. Er bat darum, die Pläne zu überdenken und gegebenenfalls in anderen Bereichen Einsparpotenziale zu heben. "Die verfassungsrechtlich geforderte Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden", so Brandl.

Der vom Bundeskabinett beschlossene Haushaltsentwurf für 2024 sieht vor, den Sonderrahmenplan "Ländliche Entwicklung" des Bundes vollständig zu streichen sowie bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK) massiv zu kürzen. Aus dem Sonderrahmenplan erhielten die Ämter für Ländliche Entwicklung in Bayern 2022 nach Angaben des Gemeindetages rund 49 Millionen Euro, aus regulären GAK-Mitteln etwa 45 Millionen Euro.

Amt für Ländliche Entwicklung: Städte seien auf Land angewiesen

Die Kürzungspläne seien in diesem Umfang völlig unerwartet gekommen, sagt Hans-Peter Schmucker, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern in Landau. Es sei zwar klar, dass gespart werden müsse, jedoch wären die Einschnitte in der angedachten Form vollkommen überzogen. Und laut Koalitionsvertrag hätte die Förderung sogar aufgestockt werden sollen, so Schmucker. "Menschen auf dem Land sind keine Menschen zweiter Klasse." Die Städte seien gar auf den ländlichen Raum angewiesen, nämlich bei der Versorgung mit Energie, Wasser und Lebensmitteln, sagt er.

Seine Behörde habe 2022 rund 22,7 Millionen Euro für Projekte aus der ländlichen Entwicklung zur Verfügung gehabt. Sollte die geplante Kürzung beschlossen werden, fielen rund zehn Millionen Euro weg. "Das wäre ein tiefgreifender Einschnitt", so Schmucker. Neue Projekte müssten verschoben werden. Kommunen, die finanziell in Vorleistung gegangen seien, müssten länger auf ihr Geld warten.

Allein in Niederbayern liefen zurzeit 200 Dorferneuerungsprojekte in rund 150 Kommunen, berichtet Schmucker. Dabei gehe es um brandaktuelle Themen wie Wassermanagement, Anpassung an den Klimawandel, Flächeneinsparung sowie zeitgemäße Infrastruktur.

Sämtliche Projekte würden abgeblasen - Enttäuschung demnach auch für engagierte Bürger

In Schwaben gibt es aktuell etwa 300 Projekte in rund 180 Kommunen, wie ALE-Leiter Christian Kreye in Krumbach (Landkreis Günzburg) sagt. "Die Gemeinden wollen ihre Dörfer für die Zukunft aufstellen." Würde der Haushaltsentwurf so beschlossen, bekäme seine Behörde rund ein Drittel weniger Geld für die ländliche Entwicklung. Es gehe um Dorfläden, um Infrastruktur für Landwirte, Wasserrückhalt, Biotope.

Außerdem: Viele Bürger brächten sich in die Planungen ein. "Alle die müssten wir enttäuschen." Etwa, weil Projekte gar nicht umgesetzt werden könnten oder die Fördersätze dafür gekürzt werden müssten, sagt Kreye. Wie Schmucker hofft auch er, dass es nicht so weit kommt. "Die Politik steht in der Verantwortung. Nämlich gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und die Städte zu entlasten."

Das ALE in Oberfranken erhält in Bayern den größten Anteil an Fördermitteln. Momentan habe das Amt aus verschiedenen Fördertöpfen 26 Millionen Euro für Projekte zur ländlichen Entwicklung zur Verfügung, sagt Amtsleiter Lothar Winkler in Bamberg. Nun stünden acht bis zehn Millionen Euro (aus SRP und GAK) auf der Kippe. Viele Maßnahmen seien mit langfristigen Verpflichtungen verbunden. Die müssten mit den verbliebenen Mitteln weiter bedient werden. Folglich bliebe für neue Projekte weniger Spielraum.

Auch Winkler hat grundsätzlich Verständnis für Sparmaßnahmen, wie er sagt. "Aber es geht um die Größenordnung."