Bayerische Brauereien und Händler alarmiert: Pfandtourismus an der deutsch-österreichischen Grenze
Autor: Agentur dpa
München, Mittwoch, 19. Februar 2025
Pfandtourismus zwischen Deutschland und Österreich sorgt für Diskussionen über die finanziellen Auswirkungen auf Brauereien. Eine mögliche Anpassung der Pfandbeträge steht im Raum.
Der Tanktourismus an der deutsch-österreichischen Grenze hat einen Bruder bekommen: den Pfandtourismus. In Österreich bringt ein Kasten mit 20 leeren Mehrwegflaschen seit Anfang Februar 3,90 Euro mehr als in Deutschland. Das wird bereits leidlich ausgenutzt, teilweise sollen schon ganze Anhänger mit Kästen über die Grenze gefahren worden sein. Was Verbrauchern als Schnäppchen erscheint, kostet Handel und Brauer bares Geld und reißt die Debatte über eine Pfanderhöhung in Deutschland neu an.
Konkret hat die österreichische Brauwirtschaft das Flaschenpfand von bisher 9 auf 20 Cent erhöht. In Deutschland liegt es bei 8 Cent. Zudem ist schon seit längerer Zeit das Bierkastenpfand in Österreich mit 3 Euro doppelt so hoch wie in Deutschland. Einer normalen Pfandflasche sieht man aber weder an, auf welcher Seite der Grenze sie verkauft wurden, noch von welcher Brauerei sie kommt. Wohin die leeren Flaschen aus dem Handel zurückgehen, wird daher meist durch die in der Regel brauereispezifischen Bierkästen bestimmt.
Pfandtourismus: "Da versuchen Leute, sich zu bereichern"
Das Problem trifft also jene Brauer und Getränkehersteller, die auf beiden Seiten der Grenze verkaufen. Wird einer ihrer Kästen samt Flaschen in Deutschland gekauft und in Österreich zurückgegeben, fehlen in ihrer Tasche genau die 3,90 Euro, die der Kunde gewinnt. Teilweise - je nach individueller Absprache - trifft es auch ganz oder anteilig den Handel, heißt es vom Bayerischen Brauerbund.
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Noch ist der Effekt neu, doch die Brauereien sind bereits alarmiert. "In den ersten Tagen war die Tendenz katastrophal", sagt Christian Thiel von der Brauerei Schönramer in Petting. 13 Kilometer sind es von hier bis zur Grenze, keine 20 ins Zentrum von Salzburg. "Da versuchen Leute, sich zu bereichern, auf Kosten der Brauerei und des Handels. Ich kenne einen Fall, da ist jemand mit einem Anhänger mit 50 Kästen bei einem kleinen Getränkemarkt vorgefahren. Der hat das aber nicht angenommen."
In diese Richtung weist auch der Verband der Brauereien Österreichs. "Das Vorfahren mit einem Anhänger voller Kästen könnte schiefgehen", sagt Sprecher Florian Berger. Händler hätten das Recht, nur haushaltsübliche Mengen an Flaschen und Kästen zurückzunehmen und die Rücknahme von Produkten abzulehnen, die sie selbst nicht anbieten. Zahlen, zu einem möglichen Pfandtourismus, lägen nicht vor, sagt Berger. "Es gibt aber grenznahe Handelspartner, die berichten, dass nun ein bisschen mehr los sei als sonst."
Bierflaschen im Müll: Österreicher wollten Rücklauf erhöhen
Die Brauer in Österreich haben mit der deutlichen Erhöhung des Pfands ein Zeitfenster genutzt. Nach der Einführung eines Pfands auf Plastikflaschen und Dosen von 25 Cent zum Jahreswechsel habe unter den 350 meist kleinen Brauern Einigkeit geherrscht, dass man jetzt auch dringend die Bierflasche wertvoller machen müsse, sagt Verbandssprecher Florian Berger. "Es ging darum, die Motivation zur Rückgabe zu steigern."
Die Erhöhung des Pfands von 9 auf 20 Cent entspreche in etwa dem Wiederbeschaffungswert einer Flasche. Jedes Jahr seien rund sechs Prozent der umlaufenden Bierflaschen im Altglas, im Restmüll oder in der Landschaft gelandet. Die Rückgabe-Mentalität hatte in den vergangenen Jahren laut Verband deutlich nachgelassen. Dabei kann den Angaben zufolge eine Flasche bis zu 40 Mal wieder befüllt werden.