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Augsburg: Nach Böllerwurf in Fußballstadion - jahrelange Haft für 28-Jährigen


Autor: Agentur dpa, Redaktion

Augsburg, Montag, 22. April 2024

Durch einen Böllerwurf im Augsburger Fußballstadion, der sich im November 2023 ereignete, wurden etwa ein Dutzend Menschen verletzt. Es sei kein normaler Pyrotechnikfall im Stadion gewesen, betonte der Vorsitzende Richter Christoph Kern.
Im November hatte ein Böller das fast voll besetzte Augsburger Fußballstadion erschüttert. Viele dachten zuerst an einen Terroranschlag, zwölf Menschen wurden verletzt. Jetzt ist das Urteil gefallen.


Update vom 22.04.2024, 15 Uhr: Urteil nach Böllerwurf im Augsburger Fußballstadion - drei Jahre Gefängnis

Wegen eines Böllerwurfs während eines Fußball-Bundesligaspiels ist ein 28 Jahre alter Hoffenheim-Fan am Montag (22. April 2024)  zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Durch die Zündung des in Deutschland nicht zugelassenen Böllers wurden zwölf Menschen verletzt, darunter mehrere Kinder.

Es sei kein normaler Pyrotechnikfall im Stadion gewesen, betonte der Vorsitzende Richter Christoph Kern. Es gehe vielmehr um einen "massiven Sprengstoffvorfall", der 26.000 Menschen in dem Augsburger Stadion in Terrorangst versetzt habe, sagte er im Urteil. Das Spiel zwischen dem FC Augsburg und der TSG 1899 Hoffenheim (1:1) war am 11. November 2023 mehrere Minuten unterbrochen worden, auch um die Verletzten zu behandeln.

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Der 28-Jährige hatte ein umfangreiches Geständnis abgelegt und sich mehrfach entschuldigt. Er hatte auch einem Opfer, das wegen des Böllers voraussichtlich sein Leben lang unter Tinnitus leiden wird, ein Schmerzensgeld gezahlt. Mit dem Hauptangeklagten standen drei Bekannte von ihm vor Gericht. Sie hatten den Böllerwerfer angestachelt oder bei der Tatbegehung unterstützt.

Wegen Beihilfe zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährlicher Körperverletzung erhielten sie Haftstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Update vom 22.04.2024, 14 Uhr: Nach Böllerwurf in Augsburger Fußballstadion - Staatsanwalt verlangt fast fünf Jahre Haft für Hauptbeschuldigten 

Nach einem Böllerwurf mit rund einem Dutzend Verletzten während eines Bundesligaspiels im Augsburger Fußballstadion hat der Staatsanwalt für den Hauptbeschuldigten vier Jahre und zehn Monate Gefängnis verlangt. In dem Prozess vor dem Landgericht Augsburg sagte der Ankläger am Montag (22. April 2024), dass die Tat des 28-Jährigen "besonders rücksichtslos" gewesen sei. Es seien am 11. November 2023 bei dem Fußballspiel zwischen dem FC Augsburg und der TSG 1899 Hoffenheim (1:1) auch Kinder verletzt worden, nur weil der Angeklagte durch den illegalen Böller eine "maximale Aufmerksamkeit" erreichen wollte. Das Urteil sollte noch am Montagnachmittag verkündet werden.

Der 28-Jährige hatte den Böllerwurf zugegeben und sich mehrfach dafür entschuldigt. "Es war einfach dumm", sagte er am Ende des Verfahrens. Durch den Prozess habe er gelernt, wie gefährlich seine Tat gewesen sei. Sein Verteidiger hat sich für eine zweijährige Haftstrafe ausgesprochen, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Der Anwalt verwies darauf, dass der 28-Jährige bereits seit mehr als fünf Monaten in Untersuchungshaft sitze.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung in der mit 26.000 Menschen gefüllten Arena vor. In der Anklage war von 14 Verletzten durch den Böller die Rede, in seinem Plädoyer ging der Staatsanwalt von nur noch 12 Fällen aus. Die Verteidiger sehen nach dem Prozess lediglich 11 Verletzte, die unter anderem Knalltraumata erlitten haben.

Neben dem 28-Jährigen sind drei Bekannte wegen Beihilfe angeklagt. Sie sollen den Haupttäter vor und bei der Tat unterschiedlich unterstützt haben. Der Staatsanwalt forderte für zwei dieser Angeklagten Bewährungsstrafen, für den dritten zwei Jahre Haft ohne Bewährung. Die Verteidiger verlangten für alle Mitangeklagten Bewährungsstrafen. Alle drei hatten ebenfalls Geständnisse abgelegt und sich entschuldigt.

Update vom 26.03.2024: Wegen Beihilfe Angeklagter in Untersuchungshaft

Im Augsburger Böllerwurf-Prozess sitzt nun auch einer der drei wegen Beihilfe Angeklagten in Untersuchungshaft. Gegen den Mann wurde Haftbefehl wegen Verdunklungsgefahr erlassen, wie eine Justizsprecherin erklärte. Der Mitangeklagte war während der Sitzung am Dienstag im Landgericht Augsburg festgenommen worden. Er soll beim zweiten Verhandlungstag auf einen Zeugen eingewirkt haben.

Tags zuvor zu Prozessauftakt hatte der Hauptangeklagte die Tat eingeräumt und die Opfer um Entschuldigung gebeten. Der Mann schilderte, wie er am 11. November 2023 beim Spiel in der Fußball-Bundesliga zwischen dem FC Augsburg und der TSG 1899 Hoffenheim (1:1) einen Böller aus dem Gästeblock in Richtung Spielfeld warf. Dieser detonierte in der Nähe von Fans. Dabei wurden der Anklage zufolge 14 Menschen verletzt, darunter fünf Kinder.

Sie erlitten vor allem Knalltraumata und Schocks, ein 14 Jahre alter Junge musste sich aber auch wegen einer Fleischwunde durch herumfliegende Böllerteile behandeln lassen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen, der in Untersuchungshaft sitzt, die Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vor. Mit ihm sind drei andere Hoffenheimer Fans angeklagt, denen eine Verurteilung wegen Beihilfe droht.

Es sind noch zwei Verhandlungstage angesetzt. Der 12. April, an dem zwei weitere Zeugen gehört werden sollen, und der 22. April. Ein Urteil soll frühestens am 12. April fallen.

Update vom 13.11.2023, 13.36 Uhr: Verdächtige durch Videoaufnahmen identifiziert

Nach der Explosion eines Knallkörpers während der Bundesliga-Partie des FC Augsburg gegen die TSG Hoffenheim befinden sich zwei Männer in Untersuchungshaft. Wie die Polizei am Montag (13. November 2023) mitteilte, erließ ein Ermittlungsrichter Haftbefehl und setzt diesen in Vollzug. Bei den Männern handelt es sich nach Polizei-Angaben um zwei 28-Jährige aus dem Bereich Göppingen. 

Die Kriminalpolizei Augsburg hat bereits am Wochenende die Ermittlungen wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion übernommen. Die Zahl der verletzten Personen ist nach bisherigem Kenntnisstand der Polizei auf dreizehn Personen gestiegen. Darunter sind auch mehrere Kinder beziehungsweise Jugendliche.

Der Feuerwerkskörper war am Samstag beim 1:1 zwischen dem FCA und Hoffenheim aus dem "Bereich des Gästeblocks" geworfen worden und nahe der Eckfahne explodiert. Noch während des Spiels wurden zwei Männer festgenommen. 

Auf Videobildern des Vorfalls konnten die Männer identifiziert werden. TSG-Sportchef Alexander Rosen nannte den Böllerwurf nach dem Spiel "einen nicht zu fassenden Unsinn". FCA-Sportdirektor Marinko Jurendić forderte: "Das muss man hart bestrafen." Die meisten der rund 28.000 Zuschauer kamen wie die Spieler auf dem Platz mit dem Schrecken davon.

Schiedsrichter Felix Brych hatte die Partie wegen des Vorfalls in der 57. Minute für etwa fünf Minuten unterbrochen. Danach konnte sie ohne weitere Zwischenfälle zu Ende gespielt werden. "Ich habe noch nie einen so lauten Knall in einem Fußballstadion gehört", sagte der auch international sehr erfahrene Brych. 

Die TSG Hoffenheim bat am Samstagabend in einer Stellungnahme um Entschuldigung und kündigte an, die Ermittlungsbehörden zu unterstützen, damit die Tat vollumfänglich aufgeklärt werde. "In den 16 Jahren unserer Bundesliga-Zugehörigkeit sehen wir uns zum ersten Mal mit einer solchen irrsinnigen Entgleisung konfrontiert", hieß es. Die TSG stehe mit ihren Werten für ein friedliches Miteinander.

Ursprungsmeldung vom 12.11.2023, 09.26 Uhr: "Nicht zu fassender Unsinn": Elf Verletzte nach Böllerwurf bei Bundesliga-Spiel

Bei der Explosion eines Knallkörpers während der Bundesliga-Partie des FC Augsburg gegen die TSG Hoffenheim sind laut ersten Polizeiangaben elf Personen verletzt worden. Der Feuerwerkskörper war aus dem Hoffenheimer Fanblock geworfen worden und nahe der Eckfahne lautstark explodiert. "Durch den gezündeten Böller wurden mehrere Personen offenbar durch ein Knalltrauma verletzt", teilte die Polizei am Samstagabend mit. Es seien zwei Tatverdächtige ermittelt worden, beide Männer seien festgenommen worden.

Die beiden Tatverdächtigen befinden sich nach wie vor im Gewahrsam der Polizei. Das bestätigte die Bayerische Polizei in Schwaben am Sonntagmorgen auf Nachfrage. Es blieb zunächst auch bei der Zahl von elf verletzten Personen. Bei keinem bestehe "Lebensgefahr", hieß es weiter.  Zu den verletzten Personen machte die Polizei keine Angaben. Nach Informationen der "Augsburger Allgemeinen" sollen auch ein 12- und ein 17-jähriges Mädchen betroffen sein. 

Böllerwurf in Augsburg: Tatverdächtige in Gewahrsam - "das muss man hart bestrafen"

"Ein nicht zu fassender Unsinn", sagte TSG-Sportchef Alexander Rosen nach dem 1:1 am Samstag. FCA-Geschäftsführer Michael Ströll äußerte: "Ein Täter ist auf den Videobildern sichtbar", die Polizei führe eine Vernehmung durch.

Schiedsrichter Felix Brych hatte die Partie wegen des Vorfalls in der 57. Minute für rund fünf Minuten unterbrochen. "Hervorragend, wie der Schiedsrichter reagiert hat. Besonnen und unaufgeregt", sagte Rosen. "Es ist eine Katastrophe, das hat in einem Fußballstadion nichts zu suchen." Auch Ströll verteilte ein "großes Kompliment" an Brych - und an Rosen, der direkt nach dem Vorfall zum Hoffenheimer Fan-Block gegangen war. "Ich habe klar gesagt, wenn so etwas nochmal passiert, müssen wir das Spielfeld verlassen", sagte Brych über die Minuten nach dem Vorfall. Er verwies auf den sogenannten Dreistufenplan des DFB, der als finale Reaktion einen Spielabbruch vorsieht. Als erste Stufe hatte Brych die Spieler im Mittelkreis zum Gespräch versammelt. 

 "Das muss man hart bestrafen", forderte FCA-Sportdirektor Marinko Jurendić mit Blick auf den Täter.

TSG Hoffenheim bittet in Stellungnahme um Entschuldigung

Hoffenheim bat am Abend in einer Stellungnahme um Entschuldigung und kündigte an, die Ermittlungsbehörden zu unterstützen, damit die Tat vollumfänglich aufgeklärt wird. "In den 16 Jahren unserer Bundesliga-Zugehörigkeit sehen wir uns zum ersten Mal mit einer solchen irrsinnigen Entgleisung konfrontiert", hieß es. Die TSG stehe mit ihren Werten für ein friedliches Miteinander.

Immerhin konnte die Partie vor 28.260 Zuschauern regulär zu Ende gespielt werden. Eine grandiose Solo-Aktion von Ermedin Demirovic hatte vor dem Böllerwurf dafür gesorgt, dass die Augsburger unter dem neuen Trainer Jess Thorup auch gegen die in den ersten fünf Saisonspielen auswärts jeweils siegreiche TSG ungeschlagen blieben.