Aschau: Prozess um Tod von Studentin Hanna - Eltern treffen überraschende Entscheidung
Autor: Alexander Milesevic, Agentur dpa
Aschau im Chiemgau, Samstag, 11. Oktober 2025
Erst kürzlich wurde der Prozess um den Tod nach einem Disco-Besuch der Studentin Hanna vor Gericht neu aufgerollt. Ihre Eltern trafen dabei nun eine unerwartete Entscheidung.
Über aktuelle Entwicklungen im Prozess zum Tod einer jungen Studentin nach einem Discobesuch in Aschau berichtet inFranken.de. Meldungen ab dem 12. August 2025 sind in diesem Artikel zu finden. Berichte vom 7. November 2023 bis zum 11. August 2025 gibt es in unserem vorherigen Ticker zum Nachlesen. Berichte bis zum 6. November 2023 gibt in diesem Ticker zum Nachlesen.
Im Indizien-Prozess um den Mord an der 23-Jährigen in Aschau im Chiemgau ist ein mittlerweile 23 Jahre alter Deutscher wegen gefährlicher Körperverletzung und Mordes zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Nach Auffassung der Jugendkammer hat der damals 20-Jährige die junge Frau am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 auf ihrem Heimweg von dem Club "Eiskeller" aus sexuellen Motiven verfolgt, von hinten angegriffen und dann schwer verletzt in den nahen Bärbach geworfen. Rund ein Jahr später hob der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung wieder auf. Seit September 2025 wird der Prozess neu verhandelt.
Update vom 10.10.2025, 19 Uhr: Eltern von Studentin Hanna ziehen sich aus Prozess zurück
Es sind Worte voller Kummer, Verbitterung und Resignation: "Meine Mandanten leiden unter dem Verlust ihrer von ihnen über alles geliebten Tochter Hanna sehr schwer", teilt der Anwalt von Hannas Eltern mit. Und sie hätten sich von dem Prozess um den Tod ihrer Tochter Aufklärung erhofft. Doch nun hätten sie "schmerzlich erfahren" müssen, dass ihre Tochter Hanna "für diese Strafkammer überhaupt keine Rolle mehr spielt".
Mit diesen Worten ziehen sich die Eltern der vor drei Jahren im oberbayerischen Aschau ums Leben gekommenen Studentin Hanna unerwartet aus dem gerade neu aufgerollten Prozess um den Tod ihrer Tochter zurück. "Ich habe dem Landgericht Traunstein soeben schriftlich mitgeteilt, dass sich meine Mandanten mit sofortiger Wirkung dem Verfahren nicht mehr als Nebenkläger anschließen", heißt es in einer Mitteilung ihres Anwalts Walter Holderle, über die zuvor die "Passauer Neue Presse" berichtet hatte. Bei Gericht sei der Rückzug der Nebenkläger zunächst noch nicht aktenkundig geworden, sagt Gerichtssprecherin Cornelia Sattelberger auf Anfrage. Sie betont aber, die Kammer kläre den Fall in dem Verfahren "unvoreingenommen und nach den Vorschriften der Strafprozessordnung" auf. Nebenkläger könnten dabei ihre Rechte zur Gestaltung des Verfahrens nutzen.
Der Anwalt von Hannas Eltern bemängelte in der Begründung des Rückzugs hingegen die Verfahrensführung der zuständigen Landgerichtskammer. "Die Strafkammer hat die Verhandlungsführung nahezu vollständig der Verteidigung überlassen", schreibt Holderle im Namen der Eltern. "Die Verteidigung nutzt diesen Umstand nicht nur zu einer unerträglichen Selbstdarstellungsinszenierung, sondern lässt auch keine Gelegenheit aus, Polizei, Staatsanwaltschaft sowie die vormals entscheidende Strafkammer zu diskreditieren."
Verteidigung weist Kritik zurück
Zu Prozessbeginn hatten die Anwälte Regina Rick und Yves Georg ihr sogenanntes Opening Statement vor allem dazu genutzt, mit der Richterin aus dem ersten Verfahren in der Sache und mit Ermittlern abzurechnen. Sie gehen von einem Unfall aus und davon, dass Hanna auf dem Heimweg aus der Diskothek "Eiskeller" in Aschau im Chiemgau ohne Fremdeinwirkung in einen Bach stürzte und ertrank. Ihr Mandant, so betonen sie, sei unschuldig, habe zu Unrecht im Gefängnis gesessen. Rick, hatte zu Beginn des Verfahrens öffentlichkeitswirksam auch einen anderen Mandanten im Zuschauerraum des Gerichtssaals begrüßt: Manfred Genditzki, der – laut Gericht erwiesenermaßen – 13 Jahre lang zu Unrecht im Gefängnis saß für einen Mord, den es nie gegeben hat und der ein Unfall war. Die Signalwirkung, die damit wohl erzielt werden sollte, dürfte klar sein.
Verteidiger Georg weist die Kritik Holderles und der Eltern entschieden zurück, nennt die Mitteilung "indiskutabel" und spricht von "abseitigen Anschuldigungen". "Dass Eltern schwer darunter leiden, wenn bei der Aufklärung des Todes ihrer Tochter mit harten Bandagen um das Recht gekämpft wird, können wir verstehen", sagt er der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist aber Aufgabe des Rechtsanwalts, seinen Mandanten zu erklären, dass und weshalb ein Strafprozess so abläuft und was die Aufgabe der Verteidigung ist." Er betont: "Unsere Kritik an Polizei, Staatsanwaltschaft und der früheren Kammer ist gerechtfertigt."