Merz-Besuch ist "ein guter Auftakt": Wadephul gibt sich bei Illner verhalten optimistisch
Autor: teleschau - Doris Neubauer
, Freitag, 06. Juni 2025
Erleichterung allerorten: Das erste Treffen zwischen Friedrich Merz und Donald Trump im Oval Office ist glimpflich verlaufen. Bei Maybrit Illner versuchen sich Experten in einer Analyse. Fazit: "So schlimm ist es nicht" - oder doch?
Als "Granatenerfolg" (O-Ton Illner) wollte noch nicht einmal Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) den ersten Besuch von Bundeskanzler Friedrich Merz bei US-Präsident Donald Trump im Oval Office bezeichnen. "Naja, es war ein guter Auftakt", bemühte sich der Außenminister auf Maybrit Illners Einstiegsfrage sichtlich, nicht zu begeistert zu klingen. Merz hätte seine Punkte insbesondere im Hinblick auf die Ukraine machen können. Vor allem aber wäre das Treffen "für das persönliche Verhältnis dieser beiden Menschen und für die Allianz der NATO" wichtig gewesen.
Es hätte gezeigt, dass Trump sein Gegenüber ernst nahm. Dass der Republikaner mit dem Wort "great" nicht um sich warf, wertete er als positives Zeichen. Denn: Das Verhältnis mit Elon Musk "hat mit sehr viel Greatness begonnen und bricht gerade in sich zusammen", kam Wadephul auf ein Thema zu sprechen, das das Treffen zwischen den beiden Staatsmännern medial überschattete. Zumindest in den USA. Weder der "New York Times" noch der "Washington Post" war der Besuch von Merz im Oval Office eine Schlagzeile wert, merkte Wirtschaftshistoriker Adam Tooze vom European Institute an der Columbia University in New York an.
Hierzulande hingegen widmeten sich beide ZDF-Talkshows am Donnerstagabend dem Treffen der beiden Staatsmänner. Maybrit Illner machte mit ihrer Sendung "Friedrich Merz trifft Donald Trump - Duell oder Duett?" den Anfang.
Theveßen: Trump hat "über 90 Prozent selbst geredet"
Um den Inhalt des Gesprächs zwischen den beiden Regierungschefs selbst ging es dabei nur am Rande, vielleicht "auch deshalb, weil Trump über 90 Prozent selbst geredet hat und über andere Themen, die nicht auf der Agenda stehen", warf US-Korrespondent Elmar Theveßen ein, der aus dem ZDF-Studio in Washington zugeschaltet war. "Merz hat die Chancen genutzt, die er hatte", fügte er jedoch hinzu. Es war gut, dass Merz nicht "auf Knien ins Oval Office" gekrochen wäre, gab auch "Die Zeit"-Journalistin Mariam Lau zu, substanziell erwartete sie vom Treffen aber nichts.
"Trump wird Donald Trump bleiben", stellte Ex-Diplomat Wolfgang Ischinger nüchtern fest, man müsse weiterhin mit der Unberechenbarkeit des US-Amerikaners arbeiten. Dass dieser als Verbündeter Europas abzuschreiben wäre, hätte das Treffen mit Merz aber widerlegt: "So schlimm ist es nicht", zeigte sich der Sicherheitsexperte "sehr erleichtert" und wagte etwas, das man in der Außenpolitik nie tun sollte: eine Vorhersage. "Der NATO-Gipfel in drei Wochen wird vorhersehbar nicht in einer Katastrophe oder einem transatlantischem Debakel enden, sondern eine Bekräftigung der Entschlossenheit der Allianz bringen - trotz Trump."
"100 Milliarden und man bekommt praktisch nichts an Abschreckung"
Dieses Bekenntnis der USA für Europa einzustehen, wollte auch Wadephul nach dem heutigen Treffen gehört haben. Im Weißen Haus wäre es gut angekommen, dass sich Deutschland zur Steigerung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des BIP bekannt habe. Die Summe von 3,5 Prozent für Verteidigung und 1.5 Prozent für Infrastruktur wäre übrigens keine "Fantasiezahl", verteidigte der CDU-Politiker diesen Plan, sondern von NATO-Zielen angesichts des Russland-Kriegs abgeleitet.
"Das richtige Signal nach Moskau zu schicken, darum geht es", lobte Ischinger das Vorgehen - und eckte mit soviel Übereinstimmung mit der aktuellen Bundesregierung bei Illner an: "Das geht mir fast zu weit", kommentierte sie die traute Einigkeit und wollte von Theveßen wissen, ob man damit den US-Präsidenten an der Seite Europas halten könnte.