Nach dem Scheitern der Gespräche zwischen den USA und Russland rückt eine diplomatische Lösung des syrischen Bürgerkrieges in weite Ferne. Die Führung in Moskau warf Washington in der Nacht zum Dienstag vor, zu wenig im Kampf gegen Terroristen zu tun und Terrorgruppen damit zu stärken. Die USA hatten zuvor den direkten Draht nach Moskau abgebrochen, weil sie keine Chance für eine neue Feuerpause in der umkämpften Großstadt Aleppo sehen. Unklar bleibt, wie die US-Regierung nach dem Ausweichen einer direkten Konfrontation mit Russland jetzt weiter vorgehen wird.

Syriens Opposition reagierte zunächst zurückhaltend. Der Schritt der USA komme zu spät, sagte der Sprecher des in Istanbul ansässigen Oppositionsbündnisses Syrische Nationale Koalition, Ahmed Ramadan. "Die Amerikaner haben einen Fehler gemacht, als sie geglaubt haben, das Regime arbeite an einer politischen Lösung und Russland übe dafür auf seinen Verbündeten Druck aus", meinte er.


Konflikt seit fünfeinhalb Jahren

Der Konflikt in Syrien war vor rund fünfeinhalb Jahren ausgebrochen. Nach friedlichen Demonstrationen eskalierte er in einen Stellvertreterkrieg mit internationalem Ausmaß. Eine Vielzahl Akteure mit vielen unterschiedlichen Zielen machen eine Lösung besonders schwierig.

Der führende syrische Oppositionelle Samir Naschar erklärte, die USA hätten realisiert, dass die Russen nicht ernsthaft eine politische Lösung umsetzen wollten. "Die Amerikaner können nicht schweigen, bei all dem, was in Syrien und besonders in Aleppo geschieht."

Russland und die USA hatten sich im September auf eine Waffenruhe geeinigt. Diese scheiterte jedoch nach wenigen Tagen, und die Gewalt eskalierte. Die nordsyrische Wirtschaftsmetropole Aleppo erlebte in den vergangenen Tagen die heftigsten Bombardierungen des Regimes und der russischen Luftwaffe seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011.

Im Norden und Süden Aleppos lieferten sich regimetreue Kräfte und Rebellen am Dienstag heftige Gefechte. Kampfjets flogen in der Nacht mehrere Luftangriffen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien mitteilte.

US-Außenamtssprecher John Kirby erklärte, die Entscheidung für ein Ende des Dialogs mit Russland über eine neue Feuerpause sei nicht leicht gewesen. "Die Geduld aller mit Russland ist am Ende", betonte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest.

Scharfe Kritik kam indes aus Moskau. "Die Entscheidung Washingtons zeigt, dass die Regierung von Barack Obama nicht in der Lage ist, die Schlüsselbedingungen für unsere Zusammenarbeit im Interesse einer Beendigung des Syrien-Konflikts zu erfüllen", teilte das Außenamt mit. Die USA hätten niemals ernsthaften Druck auf die Fatah-al-Scham-Front (früher: Al-Nusra-Front) gemacht, hieß es. "Bei uns festigt sich der Eindruck, dass Washington in seinem Streben nach einem Machtwechsel in Syrien einen "Pakt mit dem Teufel" eingeht."


Moskau betrachtet alle Gegner der syrischen Führung als Terroristen

Moskaus UN-Botschafter Witali Tschurkin äußerte in New York dennoch die Hoffnung auf eine baldige Wiederherstellung der Zusammenarbeit im Syrien-Konflikt. Allerdings halte Moskau an seinen Zielen in Nahost fest: "Das Hauptziel in diesem Teil der Welt ist, alle Terroristen von dort zu verdrängen", sagte er. Moskau betrachtet alle Gegner der syrischen Führung als Terroristen.

Russland ist militärische Schutzmacht der syrischen Regierung. Seit einem Jahr unterstützt die russische Luftwaffe das syrische Militär. Kritiker werfen Syrien und Russland vor, absichtlich Krankenhäuser ins Visier zu nehmen. Beide Länder weisen dies zurück.

Angesichts der Blockierung von Syrien-Resolutionen des Weltsicherheitsrates durch Russland hat der UN-Hochkommissar für Menschenrechte den Verzicht auf ein Vetorecht bei Beschlüssen zu Kriegsverbrechen gefordert. Der UN-Sicherheitsrat brauche endlich Arbeitsregeln, die kein Veto gegen mehrheitlich akzeptierte Resolutionen zu schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlauben, Said Raad Al-Hussein am Dienstag in Genf.