Das Coronavirus schränkt das tägliche Leben nach wie vor ein. Dem "Robert-Koch-Institut" zufolge steigen die Infektionszahlen aktuell zwar wieder an, wenn man dem Virologen Hendrik Streeck aus Bonn allerdings Glauben schenken will, ist das nicht ganz richtig.

Der Direktor des "Instituts für Virologie" an der Uniklinik Bonn warnt in einem Interview mit web.de davor, "zu viel Angst" vor dem Virus zu haben. Bereits in der Vergangenheit plädierte Streeck dafür, die Einschätzung der Lage nicht nur auf die reinen Infektionszahlen zu beziehen.

Virologe Streeck gibt Entwarnung: "Corona wird nicht unser Untergang sein"

Die Angst vor dem Coronavirus sei häufig irrational, sagt Streeck gegenüberweb.de. Das Virus sei zwar deutlich gefährlicher als eine normale Grippewelle, allerdings läge die Sterblichkeitsrate höchstens bei 0,37 Prozent, so Streeck. Er orientiere sich bei seiner Einschätzung, im Gegensatz zum "Robert-Koch-Institut (RKI)", nicht an den gemeldeten Infektionsfällen, sondern an der Dunkelziffer. Das "RKI" geht derzeit von einer Sterblichkeitsrate von 3,2 Prozent aus.

"Das Virus ist zu politisch geworden, obwohl es eigentlich nicht politisch sein sollte", klagte der Virologe im Interview. Ängste zu schüren sei der falsche Weg, weil dies die Gesellschaft spalten würde.

"Wir brauchen einen Wechsel im Krisenmanagement. Wir dürfen die Krise nicht verwalten, sondern müssen Lösungen finden. Sorgsam pragmatische Lösungen", empfiehlt der Virologe. "Corona wird nicht unser Untergang sein." Das Risiko von "Covid-19" sei inzwischen gut kalkulierbar und legitimiere keine übertriebene Verbotspolitik.

Hohe Infektionszahlen im Herbst: 20.000 Fälle am Tag

Darüber, dass die Infektionszahlen in den Herbst- und Wintermonaten ansteigen werden, scheinen sich alle Experten einig zu sein. Auch Streeck prognostiziert einen Anstieg der Coronafälle im Herbst 2020.

2000 Fälle am Tag seien keine hohe Zahl. Das Zehnfache müsse man erwarten, so Streeck. Doch Abstandsregelungen, die Maskenpflicht und das Verantwortungsbewusstsein eines jeden einzelnen würden helfen. "Ich setze darauf, dass die Leute Verantwortung übernehmen, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Menschen. Fast jeder von uns kennt ältere Menschen oder Menschen aus Risikogruppen, für die eine Infektion gefährlich werden kann. So eine Pandemie kann man nur gemeinsam bewältigen", so Streeck.

Nicht zu viel Hoffnung in einen Impfstoff setzten

Parallel zur Entwicklung von Hygienekonzepten und Schutzmaßnahmen arbeiten Forscher an der Produktion eines massentauglichen Impfstoffes. Auch in Deutschland konnten Wissenschaftler bereits große Erfolge in der Corona-Forschung verzeichnen.

Virologe Streeck warnt jedoch davor, zu viel Hoffnung in einen Impfstoff gegen das Coronavirus "Sars-CoV-2" zu setzten. Der Entwicklungsprozess kann durchaus holprig sein: "Gerade in der letzten Phase gibt es Überraschungen, mit denen man häufig nicht rechnet."

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Das sollte uns aber keine Angst machen, das Virus sei schlichtweg da, nicht nur in diesem Herbst, sondern auch im nächsten Sommer, "und auch in Jahrzehnten noch." "Wir sind in einer Dauerwelle. Wir müssen uns damit abfinden, das Virus wird normaler Teil unseres Lebens werden."

Streeck vermutet jedoch, dass auch ohne den massenhaften Einsatz von Impfstoffen die Pandemie zusehends abflaue. Man verzeichne in großen Ballungsräumen der Erde zusehends eine Herdenimmunität.

aa