Milchalternativen werden immer beliebter. Ob wegen des Klimaschutzes, Tierwohls oder Unverträglichkeiten - mittlerweile gelten sie als echte Alternativen zur Kuhmilch. Aus einem Bericht des Milchindustrie-Verbands Deutschland geht hervor, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Milchprodukten in den Jahren 2014 bis 2019 zwar stetig sinkt, im Jahr 2020 jedoch im Vergleich zum Vorjahr wieder minimal angestiegen ist. Anders sieht es beim Konsum von Pflanzenmilch aus: Laut dem Marktforschungsinstitut Innova wächst der Absatz von Pflanzendrinks Jahr für Jahr in rasantem Tempo. Bereits jetzt kaufe mehr als jeder dritte Haushalt in Deutschland pflanzliche Milchalternativen, erklärt Steven Brechelmacher von der GfK. Mehr als zwei Millionen Haushalte seien im vergangenen Jahr hinzugekommen. Nach den Datenanalysten von GfK und NielsenIQ stiegen sowohl der Umsatz als auch die Absatzzahlen im deutschen Einzelhandel im Jahr 2020 um mehr als 40 Prozent. "Insbesondere pflanzliche Drinks boomen und nehmen immer mehr Platz im Regal ein", sagte NielsenIQ-Expertin Corinna Ludwig der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Milchwirtschaft reagiert auf die Umsatz-Rekorde der Alternativprodukte
Das liegt unter anderem daran, dass sich der Lebensstil der Menschen wandelt: Neben der zunehmenden Zahl an Vegetariern und Veganern, spielt der bewusste Konsum von Lebensmitteln eine immer größere Rolle. Das bestätigt auch der Konsumpsychologe Paul Bremer gegenüber der dpa. Er führt die gestiegenen Absatzzahlen auf ein gestiegenes Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit zurück. Insbesondere junge Menschen wollten bei dem eigenen Konsum anfangen. Die anhaltende Coronavirus-Pandemie habe diesen Effekt weiter verstärkt. Bremer erklärt, dass gerade jüngere Menschen die herkömmliche Landwirtschaft als intensiv wahrnehmen würden. Als Industrie, bei der Tiere massenhaft im Stall gehalten werden. "Die Milch ist nicht das Problem, sondern die Bilder, die mit der Milcherzeugung in Verbindung stehen", sagt der Experte des Kölner Rheingold-Instituts.
Die deutsche Milchwirtschaft hat auf dieses enorme Wachstum bereits reagiert und indes die "Initiative Milch GmbH" gegründet. Damit solle "die Milch ins rechte Licht"gerückt werden. "Junge konsumierende fühlten sich zuletzt häufig von Hafer- oder Soja-Alternativen angesprochen, die hier auf höhere Marktanteile kommen als im Bevölkerungsschnitt. Die Milch muss digitaler werden, um hier Popularität zurückzugewinnen", schreibt Geschäftsführerin Kerstin Wriedt in einem Branchenbrief. Vor allem in Städten bestehe bei ihnen ein großer Aufklärungsbedarf über Produktion, Inhaltsstoffe und Vorteile der Milch. "Das Narrativ des 'Weißen Wunders' muss im urbanen Raum das des vermeintlichen Klimaschädlings Kuhmilch ablösen", heißt es.
Die statistischen Erhebungen der GfK belegen: Das Wachstum der Milchalternativen erstreckt sich auf alle Altersgruppen, macht sich aber insbesondere bei jüngeren Haushalten bemerkbar. Und das, trotz des durchschnittlich höheren Preises von 1,93 Euro je Kilogramm im Vergleich zu dem Durchschnittspreis klassischer Molkereiprodukte von 1,51 Euro je Kilogramm. "Die Haushalte sind bereit, höhere Durchschnittspreise dafür zu zahlen", stellt der GfK-Experte fest. Doch damit ist das Wachstum längst nicht abgeschlossen, schlussfolgert NielsenIQ-Expertin Ludwig. Abseits der Anbieter, die sich ausschließlich auf pflanzliche Produkte konzentrieren, erweitern auch immer mehr Milchprodukte-Hersteller ihr Sortiment um pflanzliche Alternativprodukte.
Sämtliche Hersteller satteln auf pflanzliche Milchalternativen um
So will der schweizerische Nahrungsmittelkonzern Nestlé sein Geschäft mit pflanzlichen Milchalternativen in Europa durch seine neue Marke "Wunda" ausbauen. "Wunda"-Produkte werden laut Angaben des Herstellers auf Erbsenbasis entwickelt. Sie sollen zuerst in Frankreich, den Niederlanden und Portugal in die Läden kommen. Einen Starttermin für Deutschland gibt es noch nicht.