Taschengeld gehört für viele Kinder zum Alltag - und für viele Eltern zu bewährten Erziehungsmethoden. In einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2018 stellte sich heraus, dass bereits 57 Prozent aller Sechs- bis Neunjährigen wöchentlich Taschengeld von ihren Eltern bekommen. Je nachdem, welcher Umfrage man glauben will und welche Altersklassen man betrachtet, erhalten Kinder und Jugendliche zwischen 15 Euro (6- bis 9-Jährige), 20,52 Euro (4- bis 13-Jährige) oder sogar 44 Euro im Monat (6- bis 13-Jährige).
Doch ist Taschengeld überhaupt sinnvoll? Die Journalistin und Autorin Nora Imlau sorgte zuletzt auf Twitter für angeregte Diskussionen zu dem Thema - indem sie darlegte, warum sie ihren Kindern kein Taschengeld auszahlt. Imlau hat mehrere Bücher zum Thema Kindererziehung geschrieben. So beispielsweise einen Ratgeber zum Umgang mit gefühlsstarken Kindern und ihrer Wut* oder Alltagsstrategien für Erziehung ohne Schimpfen*.
Sind Familienmitglieder Geschäftspartner?
Ihre Hauptargumente gegen Taschengeld: Kinder würden damit nur in demütigende Abhängigkeitssituationen kommen - und das Familienleben würde auf eine Art Geschäftsbeziehung reduziert.
Eine andere Meinung vertritt Dorothea Jung von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung: Demnach sollten Kinder Taschengeld bekommen, "sobald sie anfangen mit Zahlen umzugehen und lernen zu rechnen." Kinder hätten noch keine Vorstellung vom Wert des Geldes. "Aber durch das Taschengeld sollen sie den Umgang mit Geld und erste Erfahrungen sammeln", erklärt die Pädagogin.
Auch das Deutsche Jugendinstitut (DJI) rät dazu, mit einem kleinen Taschengeld zu beginnen und dieses langsam zu steigern: Zwischen 1 bis 1,50 Euro pro Woche sollten es sein, sobald das Kind in die Schule kommt. Pro Lebensjahr steigt dann der Betrag um etwa 50 Cent. Mit neun Jahren sind es dann um die 2,50 bis 3 Euro. Ab zehn Jahren sei es sinnvoll monatlich zu zahlen - zwischen 15,50 und 18 Euro.
"Die Erfahrung, wie es ist, wenn Geld schnell für Eis, Comics und Cola ausgegeben wird, ist sehr wertvoll", sagt Ursula Winklhofer vom Deutschen Jugendinstitut. Mit dem Taschengeld würden Kinder erstmals in ihrem Leben in die Lage versetzt, eigenständig über ein bestimmtes Budget zu verfügen. Außerdem käme der Umgang mit Geld in der Schule zu kurz.
Kommentar: Familie ist kein Geschäft
Sicher: Geld bewegt die Welt. Insofern müssen Kinder früher oder später lernen, mit Geld umzugehen. Lernen, dass man nicht einfach alles bekommen kann, wenn man nur laut genug darum bittet (oder quengelt). Aber ist Taschengeld dafür das geeignete Instrument?
Was mit Taschengeld simuliert wird, ist ein abhängiges Lohnverhältnis - umso mehr, wenn die Höhe des Taschengelds auch noch an die Mithilfe im Haushalt geknüpft wird. Was Kinder dadurch lernen, ist, dass andere Menschen vor allem Geschäftspartner sind, dass man sein Handeln an eine Kosten-Nutzen-Rechnung knüpfen sollte. Klar, Kinder müssen die Regeln der Geschäftswelt irgendwann lernen - aber heißt das, dass man die eigenen Familienmitglieder zu Geschäftspartnern machen sollte?
Noch dazu ist Taschengeld auch gar nicht geeignet, den Umgang mit Geld zu lernen: Kinder geben ihr Geld ja nicht für ihre wirklichen Bedürfnisse (wie Essen, Strom oder Wasser) aus, sondern für kleine Wünsche wie Süßigkeiten oder Spielzeug.
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