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Weiter Wirbel um die Nürnberger Tafel


Autor: Nikolas Pelke

Nürnberg, Donnerstag, 13. Oktober 2016

Die Nürnberger Tafel hat seit Montag die Ausgabestellen geschlossen, die ehrenamtlichen Mitarbeiter sind überfordert. Wie geht es weiter mit der Tafel?
Paukenschlag folgt auf Paukenschlag: Seit Tagen sorgt die Tafel für Schlagzeilen in Nürnberg. Foto: Archiv


Paukenschlag folgt auf Paukenschlag: Seit Tagen sorgt die Tafel für Schlagzeilen in Nürnberg. Mit dem überraschenden Eingeständnis, dass die 150 ehrenamtlichen Mitarbeiter total überfordert sind, hat der Wirbel um den wohltätigen Verein begonnen. Wegen Arbeitsüberlastung sah sich der Verein zu einer unmissverständlichen Geste gezwungen: Der komplette Vorstand trat quasi über Nacht geschlossen zurück.

Ehrenamtlich sei die Arbeit nicht zu leisten, beklagte sich der Vorsitzende der Tafel, Hermann Rupprecht. Mit 150 Ehrenamtlichen, die wöchentlich 25 Tonnen Lebensmittel an rund 6000 Bedürftige ausgeben müssen, stoße die Tafel seit einiger Zeit an ihre Grenzen. Weder personell noch organisatorisch sei die Essensausgabe an so viele Menschen in Nürnberg ehrenamtlich zu leisten, sagte der 60-Jährige zur Begründung.



Seit Montag sind die Ausgabestellen der Tafel für bedürftige Menschen in Nürnberg nun mittlerweile schon geschlossen. Für Senioren mit schmaler Rente oder Bezieher von Sozialleistungen keine einfache Situation.

Nach dem überraschenden Aus der Tafel hat Sozialamtschef Dieter Maly noch gehofft, schnell einen Notdienst auf die Beine stellen zu können. Daraus wurde bislang nichts. Stattdessen sorgte Maly für neue Schlagzeilen: Der Leiter des Sozialamtes und Bruder von Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) hatte fälschlicherweise öffentlich via Zeitung verkündet, dass die Tafel aus dem Landkreis Nürnberger Land kurzfristig in der Frankenmetropole aushelfen könne. Kurze Zeit später musste Maly wieder zurückrudern und sprach von einem Missverständnis. Zwar holte die Tafel aus dem Nachbarlandkreis verderbliche Lebensmittel von den überlasteten Kollegen in Nürnberg ab. Mehr könne die Tafel aus dem Nürnberger Land aber aus Personalmangel nicht für die weitaus größere Tafel in der Großstadt tun.

Bei der Suche nach einer Lösung will die Stadt trotzdem weiter helfen. Selbst will das Rathaus nicht die Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige übernehmen. Stattdessen wird ein professioneller Partner aus den Reihen der Wohlfahrtsverbände gesucht. Diese Idee hatte der Vorstand schon vor sechs Tagen bei seinem überraschenden Rücktritt als Ausweg aus der Krise auf den Tisch gelegt.

Mittlerweile sollen schon erste Gespräche mit der Stadtmission in Nürnberg über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Wohlfahrtsverband und Tafel stattgefunden haben.

Vorbild der Kooperation könnte die Erlanger Tafel sein. In der benachbarten Hugenottenstadt gibt es neben rund 150 Ehrenamtlichen zur Unterstützung auch drei Teilzeitstellen. Betrieben wird die Tafel in Erlangen von der Stadtmission und der Diakonie. Verluste werden von einem Förderverein und durch Spendengelder aufgefangen. Allerdings versorgt die Tafel in Erlangen "nur" rund 2000 Menschen. Bedürftige bekommen einen "Tafelausweis". Für Lebensmittel bezahlt eine Person dort den symbolischen Preis von zwei Euro.

Damit die vielen Bedürftigen in Nürnberg mit Lebensmitteln versorgt werden können, bräuchte es laut Hermann Rupprecht drei Vollzeitkräfte und 150.000 Euro im Jahr, sagte der zurückgetretene Vorstand dem Bayerischen Rundfunk. Am Freitag hat die Stadt zu einem Runden Tisch ins Rathaus eingeladen. Dort wollen Tafel, Stadt und Wohlfahrtsverbände nach langfristigen Lösungen suchen und auch diskutieren, wie möglichst schnell ein Notdienst aufgebaut werden kann.

Übrigens: Die Tafel Erlangen sucht ständig nach ehrenamtlichen Mitarbeitern. Infos gibt es hier.