Nürnberg
Vermisste Wertschätzung

"Fühle mich verarscht": Friseur stinksauer auf Söder-Regierung - Corona-Forderung macht ihn wütend

Der bekannte Nürnberger Friseur Marcel Schneider ist enttäuscht und sauer. Dass er und viele andere Mittelständler die Corona-Soforthilfen zurückzahlen müssen, findet er unverhältnismäßig: "Da ist mein Verständnis am Ende."
Nürnberger Friseur wettert gegen Rückzahlung von Corona-Hilfen: "fühle mich verarscht"
Der Nürnberger Friseur Marcel Schneider beantragte während der Pandemie Corona-Hilfen und fühlt sich als Mittelständler ungerecht behandelt. Foto: Coiffeur by Marcel (Archivbild)
  • Nürnberger Friseur Marcel Schneider verärgert über Rückzahlung von Corona-Hilfe
  • "Zigtausende Euro" Gesamtverlust: Kosten nicht mehr aufzuholen
  • Bayern klammert Personalkosten bei Hilfe aus: Für Friseure unverständlich
  • "Bin doch kein Bittsteller": Landesinnungsverband plant Schreiben an Söder

Vier Monate lang habe der Nürnberger Friseur Marcel Schneider seinen Salon "Coiffeur by Marcel" während der Corona-Pandemie schließen müssen. Ein Gesamtverlust von 30.000 bis 40.000 Euro, den er nicht habe aufholen können, wie er gegenüber inFranken.de erklärt. Mit großem Ärger reagiert er auf die Aufforderung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums an kleine Betreibe und Freiberufler*innen, die Soforthilfen (gegebenenfalls anteilig) zurückzuzahlen. Das sei ein Zeichen von "Nicht-Wertschätzung" ihm als Unternehmer gegenüber.

Nürnberger Friseur beantragte Corona-Hilfe - Wirtschaftsministerium erinnert jetzt an Rückzahlung

Im Gespräch erinnert sich Schneider an die Zeit zurück, als er in zwei Etappen im Jahr 2020 und 2021 seinen Friseursalon insgesamt vier Monate lang hatte schließen müssen. Der damalige Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier (CDU/CSU) und der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hätten damals den kleinen und mittleren Unternehmen versichert: "Wir lassen euch nicht im Stich. Wir unterstützen und helfen euch." 

So habe sich Schneider für die Beantragung der Soforthilfe entschieden. "Denn wir generierten in diesen Monaten keinerlei Umsatz." Sein Unternehmen habe "Zigtausende Euro" an Kosten gehabt. "Ich hatte alleine knapp 3000 Euro Miete im Monat", führt er aus. Einen Unkostenbeitrag von 18.500 Euro an Fixkosten des Geschäfts (ohne Gehalt) habe er als Zahl an die Regierung von Mittelfranken übermittelt. Daraufhin habe er 9000 Euro halten - 5000 Euro vom Freistaat und 4000 Euro vom Bund.

Schneider habe sich durch diese Geste "ein Stück weit unterstützt und nicht alleine gelassen" gefühlt, auch wenn es nur für einen Teil einer Monatsmiete gereicht habe. Dass er den kompletten Betrag hatte versteuern müssen, finde er richtig. Nun sehe er sich damit konfrontiert, die Soforthilfe wie viele andere Unternehmen zurückzuzahlen. Ein Erinnerungsschreiben des Bayerischen Wirtschaftsministeriums weise darauf hin.

Bayerische Berechnungsmethode in der Kritik: führe "in vielen Fällen" zu Überkompensation

Wie es auf der Webseite des Bayerischen Wirtschaftsministeriums heißt, hätten die damaligen Bewilligungsschreiben bereits "den ausdrücklichen Hinweis (erhalten), unverzüglich der Bewilligungsstelle anzuzeigen, wenn sich die für die Gewährung der Soforthilfe maßgeblichen Umstände ändern." Dementsprechend seien die Betroffenen verpflichtet gewesen, "zu überprüfen, ob die Prognose zu dem bei Antragstellung erwarteten Liquiditätsengpass auch tatsächlich eingetreten ist". Doch vielen Empfängern und Empfängerinnen sei diese Verpflichtung nicht bewusst gewesen. "Man kämpft mit Existenzängsten", erwidert Schneider hierauf. 

Ein Erklärvideo des Bayerischen Wirtschaftsministeriums mit dem Titel "Einfach einreichen und abhaken" unterstreicht, dass die Corona-Soforthilfen mit "alleine in Bayern 2,2 Milliarden ausbezahlten Euro eines der größten Förderprogramme 2020" in Deutschland gewesen seien. Es zeigt, wie auf Grundlage des von den Unternehmern und Unternehmerinnen erwarteten Liquiditätsengpasses für die kommenden drei Monate eine Überkompensation durch die Corona-Hilfe ausgerechnet werden soll. Durch die Rückzahlung kämen die Betriebe ihrer Pflicht nach und würden nicht weiter angeschrieben.

Anders als in anderen Bundesländern werden in Bayern die Personalkosten beim Liquiditätsengpass nicht berücksichtigt. Wie der Landesinnungsverband des Friseurhandwerks in einem Statement vom 20. Januar 2023 betont, ergebe sich "bei dieser Berechnungsmethode in vielen Fällen eine Überkompensation, was zu einer Rückzahlungspflicht der betroffenen Betriebe führt. Tatsächlich waren die Ausgaben im Frühjahr 2020 aber viel höher, weil weder für Auszubildende noch für Minijobber Kurzarbeitergeld gewährt wurde."

"Werde ich mich nicht mehr auf den Staat verlassen": Marcel Schneider zieht Lehre

"Ich ärgere mich zu Tode und fühle mich verarscht", sagt Schneider. "Es kann nicht sein, dass wir als kleine Mittelständler, die brav ihre Steuern zahlen und denen einmal geholfen wurde, die Hilfe zurückzahlen müssen. Andere Großkonzerne verdienen Milliarden, beziehen Kurzarbeitergeld und bezahlen auch noch Dividenden aus. Da ist mein Verständnis am Ende."

Der Landesinnungsverband der Friseure fordere jetzt jedes Mitglied dazu auf, einen handschriftlichen Brief an die Staatskanzlei mit der Bitte um die Erstattung des Geldes zu adressieren. Für sich persönlich hält der Nürnberger Friseur davon nicht viel. "Ich bin doch kein Bittsteller. Ich will keine Almosen haben. Dieses Geld stand uns rechtlich zu."

So wolle er das Geld lieber zahlen - ihm gehe es nicht um die Summe oder darum, zu jammern, sondern "ums Prinzip". Er wolle seinen "unternehmerischen und persönlichen Stolz" bewahren und habe eine Lehre gezogen: "Wenn mal wieder irgendwas ist, werde ich mich nicht mehr auf den Staat verlassen."