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Tschetschenische Flüchtlingsfamilie wohnt jetzt in Eppenreuth


Autor: Sonny Adam

Eppenreuth, Freitag, 18. Januar 2013

Seit 12. Dezember lebt die siebenköpfige Familie Ilyasov aus Tschetschenien in der Wohnung über dem Eppenreuther Kindergarten. Die Flüchtlinge haben in Deutschland Asyl beantragt und hoffen hier auf eine bessere Zukunft.
Alchast Ilyasov und seine Frau Aset Ataeva sind mit ihren fünf Kindern mehrmals aus Tschetschenien geflüchtet. Immer wieder versuchten sie in Polen unterzukommen, doch sie erfuhren keine Unterstützung. Nun hoffen sie, in Deutschland eine neue Heimat zu finden. In Eppenreuth kümmert sich unter anderem Margitta Hieke (rechts) um die Familie. Foto: Sonja Adam


Es ist eine Odyssee, die die Familie hinter sich hat. Drei Mal haben Alchast Ilyasov und Aset Ataeva mit ihren fünf Kindern ihre Heimat Tschetschenien verlassen. Aus Not. Aus Verzweiflung. In Polen hoffte die Familie ein neues Zuhause zu finden. Doch niemand half. Die Ilyasovs mussten zurück.

Alchast Ilyasov, der Tschetschenisch, Russisch und einige Brocken Polnisch spricht, möchte nicht viel Worte über seine Situation machen, denn die Angst vor Konsequenzen steckt ihm noch zu sehr in den Gliedern. Der 33-Jährige fühlt sich krank. Seine Frau ist auf Medikamente angewiesen. Und auch die Kinder brauchen ständig ärztliche Versorgung. Tochter Rabina ist drei Jahre alt, geht wie ihr Bruder Ramnat in den Kindergarten. Rayana (8), Ramsan (10) und Adam (12) besuchen die Schule Marktleugast. Die ersten Worte Deutsch haben sie schon gelernt. Auch Vater Alchast Ilyasov will so schnell wie möglich wenigstens das Nötigste lernen.

Bislang kommuniziert er mit den Eppenreuthern über Dolmetscherin Annerose Brieg.

Heimische Wirtschaft profitiert

Lebensmittel beziehen die Ilyasovs unter anderem über den Dorfladen in Grafengehaig, die Familie bekommt Gutscheine. "So kommen die Einkäufe auch der heimischen Wirtschaft zugute", freut sich Isabella Burger, die Ausländerbeauftragte im Landratsamt Kulmbach.

Geradezu rührend kümmert sich Margitta Hieke um die Familie. "Mein Schulrussisch reicht zwar nicht aus, aber ich habe versprochen, es wieder aufzubessern. Und Alchast hat mir versprochen, ein bisschen Deutsch zu lernen."

Pfarrerin Hemme ebnet den Weg

"Aber vieles ist nur möglich, weil Pfarrerin Heidrun Hemme uns so unterstützt", betont Bürgermeister Werner Burger. Hemme hat sich für die Bereitstellung der Wohnung stark gemacht. Und sie hat dafür gesorgt, dass die Kinder den Kindergarten besuchen können. Über Kosten wird zunächst nicht geredet.

Alchast Ilyasov ist gelernter Schlosser. Zuletzt hat er - ehe er in Tschetschenien seinen Job verlor - als Lkw-Fahrer gearbeitet. Wenn es nach ihm ginge, würde er sofort wieder arbeiten. Denn er würde gerne den Unterhalt für die Familie verdienen.

Inständig hofft Alchast Ilyasov, dass er mit Frau und den fünf Kindern in Deutschland bleiben darf. Doch in diesem Punkt ist noch alles offen. Es erfolgt erst ein Anhörungsverfahren, dann wird festgestellt, wie die Situation tatsächlich ist.

Positive Erfahrungen

Seitdem die Familie in Eppenreuth ist, hat sie schon viel Positives erfahren. Bürgermeister Werner Burger hat die Gemeindewohnung über dem Kindergarten herrichten lassen. Schreiner Friedrich aus Marienweiher hat eine Küche eingebaut, die er nicht mehr gebraucht hat. Auch der Bauhof hat mitgeholfen. Die Möbel stammen von der Integra. Denn die Asylbewerber hatten nur das, was sie am Leib trugen. "Wir haben vor allem die humanitären Aspekte gesehen. Das war uns ein Anliegen", so Burger.

Tatsächlich sind auch heute noch Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien an der Tagesordnung, wie Hilfsorganisationen bestätigen. Ob allerdings auch die Familie, die jetzt in Eppenreuth Zuflucht gefunden hat, betroffen ist oder war, werden Experten klären. Auch ganz persönliche Zwangslagen können positiv entschieden werden, erklärt Isabella Burger.

"Wir sind sehr zufrieden, wie die Unterbringung bislang gelaufen ist", sagt Landrat Klaus Peter Söllner.

Mit viel Fingerspitzengefühl

Durch den immensen Anstieg der Asylbewerber platzten die Massenunterkünfte und Asylatenheime aus allen Nähten. Deshalb wurde verfügt, dass die Asylbewerber dezentral untergebracht werden sollen. "Ich bin froh, wie die Bürgermeister mit dem Thema umgegangen sind und dass seitens unserer Verwaltung durch Isabella Burger mit viel Fingerspitzengefühl daran gearbeitet wird", so Söllner.

"Mehr als Soll erfüllt"

Bis dato konnten im Landkreis Kulmbach vier Personen aus der Ukraine in Neuenmarkt untergebracht werden, ein Iraker in Fassoldshof. Privatleute haben in Thurnau zwei Familien mit fünf und sechs Personen aufgenommen. In wenigen Tagen wird eine Familie aus Oberzettlitz eine vierköpfige Familie aus Kasachstan aufnehmen, und eine fünfköpfige Familie aus Kasachstan soll nach Losau kommen. "Bislang haben wir unser Soll mehr als erfüllt", sagt Landrat Söllner und betont, dass es nirgendwo Probleme gab.