Sollen Exen an Gymnasien abgeschafft werden?
Autor: Sonny Adam
Kulmbach, Montag, 18. November 2013
Ein Bayreuther Gymnasium hat die Exen abgeschafft. Was halten die Leiter der Kulmbacher Gymnasien von der Entscheidung? Wir haben am CVG und am MGFG nachgefragt. Außerdem haben die User von infranken.de die Möglichkeit, in unserer Online-Umfrage darüber abzustimmen.
Ulrike Endres, die Leiterin des Caspar-Vischer-Gymnasium, erklärt: "Es ist nicht so, dass Schule sich nicht weiterentwickelt. Das Gute bewahren und weiterentwickeln, ein Augenmerk auf auftretende Problem haben und notwendige Veränderungen und konkrete Verbesserungen angehen - das ist Alltagsgeschäft. Wichtig ist, dass man nicht einfach unreflektiert loslegt, sondern überlegt, wohin mal als Schule will und was uns als Schulfamilie wertvoll ist. In diesem Sinne ist das Caspar-Vischer-Gymnasium eine Zukunftswerkstatt mit viele engagierten Lehrern, Schülern und Eltern." Trotzdem hält sie nichts von der Idee, Exen abzuschaffen.
Nur eine Form von vielen Tests
"Stegreifaufgaben sind nur eine unter vielen Formen der sogenannten kleinen Leistungsnachwiese. Die Bandbreite an Möglichkeiten, Noten zu machen, ist ja sehr groß und geht bis hin zu Projekten. Die Rolle von Exen wird überschätzt. Im Übrigen habe ich bei einer Feedbackbefragung von Schülern festgestellt, dass die Stegreifaufgaben keineswegs eine Prüfungsart sind, die den Kindern Angst macht. Es gibt offenbar ganz unterschiedliche Prüfungstypen. Manche empfinden die Abfragen als deutlich unangenehmer, anderen liegen Referate und Präsentationen am Besten", weiß Endres aus Erfahrung.
Etwas mehr kann die Schulleiterin des CVG dem Doppelstundenprinzip abgewinnen. "Am CVG haben wir in der Jahrgangsstufe 5 das Doppelstundenprinzip, und in den anderen Jahrgangsstufen haben wir zumindest in den drei- und mehrstündigen Fächern mindestens eine Doppelstunde pro Woche, um auf diese Weise mehr Flexibilisierung des Unterrichts zu erreichen. Aber das ist natürlich ein erhöhter Planungs- und Organisationsaufwand", so Endres.
Die Schulleiterin kennt auch das Lehrer-Klassen-Prinzip aus ihrer früheren Wirkungsstätte in Lichtenfels. "Aber auch hier gilt es, Vorzüge und Nachteile abzuwägen und die räumlichen und sonstigen Bedingungen vor Ort zu berücksichtigen. Für Ganztagesklassen ist es wichtig, dass sie ihr eigenes Zimmer und ihren eigenen Bereich haben, natürlich anders ausgestattet als herkömmliche Klassenzimmer", so die Schulleiterin.
Von einer Abschaffung der Zweige und von einer generellen Öffnung der Klassenzimmertüren hält Endres dagegen nur wenig.
Horst Pfadenhauer, Chef am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium, möchte in Ruhe und Beständigkeit arbeiten können. "Am ganzen Schulsystem muss sich etwas ändern? Schon wieder? Was soll sich noch mehr ändern? Wollen wir noch mehr Reformen, nach G8, nach der Abschaffung der Kollegstufe, nach den Reformnachbesserungen, nach Flexijahreinführung und den anderen Maßnahmen. Wollen wir eine Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems? Ich will das auf keinen Fall", stellte Horst Pfadenhauer klar und möchte das Schulsystem nicht schlecht reden lassen: "Es wurde doch in der letzten Zeit so viel Gutes für unsere bayerischen Schüler erreicht. Noch nie war eine so hohe Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schularten gegeben, wie das heute der Fall ist.
Bislang sind am noch keine Eltern wegen Abschaffung der Exen oder anderer Veränderungen an ihn herangetreten. "Und mein Vorschlag, einige Tests abzuschaffen, um den Druck zu Beginn des Schuljahres herauszunehmen, wurde am MGFG bereits umgesetzt", so der neue Schulleiter.
Die Abfragen bleiben
"Auch wenn Stegreifaufgaben abgeschafft würden, bleiben immer noch die mündlichen Abfragen, die ebenfalls unangekündigt sind. Die Schüler müssten sich also in ihren Vorbereitungen nur marginal umstellen", relativiert Pfadenhauer und gibt offen zu, dass die meisten Lehrer vor den Exen "mit dem Zaunpfahl winken". "Vorstellen kann mich mir auch, den Begriff ,Stegreifaufgabe' zu ersetzen durch das Wort ,Kurztest'. Solche Kurztests könnte dann die Lehrkraft ganz offiziell ankündigen. Wir werden diese Thematik auch am MGF diskutieren. Wichtig ist, dass es für beide Seiten einen Win-Win-Effekt gibt", sagt der neue Schulleiter, der auch zweifacher Vater ist und so die Situation in einer Doppelfunktion beurteilt.
Auch Forderungen wie das Doppelstundenprinzip sind berechtigt. "Aber das ist wieder so eine typische Forderung, die - wenn sie direkt umgesetzt wird - über das Ziel hinausschießt. Doppelstunden sind nur dann sinnvoll, wenn sie in Fächern eingesetzt werden, die vier- oder sogar fünfstündig unterrichtet werden können."
