Druckartikel: Schüler bauen zweite Generation der umstrittenen Objekte auf

Schüler bauen zweite Generation der umstrittenen Objekte auf


Autor: Sonny Adam

Kulmbach, Dienstag, 15. Januar 2013

Die erste Garde der mannshohen Figuren, die Schüler des Caspar-Vischer-Gymnasiums in der Kulmbacher Innenstadt installiert hatten, ist zerstört. Das aber kann die Kunstbegeisterten nicht schocken: Eine Gruppe ist gerade dabei, die nächste Generation der umstrittenen Objekte zu platzieren.
Den Kopf in der Mülltonne und ein Warnschild ,,Vorsicht: Es lebt!'' - das ist eines der neuen Kunstwerke, die die Schüler des Caspar-Vischer-Gymnasiums in der Innenstadt aufgestellt haben. Fotos: Sonja Adam


Einen normalen Jungen aus Fleisch und Blut könnte Julia Mayr-Kießling (16) sicherlich nicht so locker über der Schultern tragen. Doch bei dem jungen Mann mit dem rot-schwarz karierten Holzfällerhemd hat sie keine Probleme. Denn unter den Klamotten ist nur - wie bei allen Figuren - ein Gestell aus Maschendrahtzaun. Und das ist wiederum mit ausrangierten Kleidern kaschiert. "Der junge Mann soll später vor einer jungen Damen knien", sagt Julia Mayr-Kießling.

Unterdessen versuchen Laura Grampp (16) und Julian Hoffmann, die einzige Dame des Kunstprojektes auf einer Bank am Holzmarkt zu befestigen. Sie hatte noch keine Schuhe an - und es ist gar nicht so einfach, die Stiefel über den Maschen draht zu ziehen. Denn das Gestell verformt sich allzu leicht. Deshalb ist Fingerspitzengefühl gefragt. Doch letztlich schaffen es Laura Grampp und Julian Hoffmann dann doch. Die Stiefel sind dran.

Mit vereinten Kräften binden die Schüler die Figur an der Bank fest.



Nun kommt der Hauptteil der Installation: Der junge Mann, den Julia Mayr-Kießling auf der Schulter durch die Stadt bugsiert hat, soll vor der Dame knien und ihr sinnbildlich einen Heiratsantrag machen. Die Hände der beiden müssen sich berühren, haben die Künstler festgelegt. Sie kommen beim Zusammenbinden der Figuren ins Schwitzen. "Wie kommt ihr da durch?" fragt Laura Grampp, probiert und probiert. Im Künstlerzimmer am CVG ließ sich der Draht leicht durch das kleine Loch ziehen. In der Praxis ist das schwieriger. Aber dann klappt es doch - die beiden berühren sich.

"Erschreckungs-Faktor"
Immer wieder bleiben Passanten stehen. "Was wird das?" fragt auch Heinz Schmidt. Doch als die Schüler erklären, dass es sich um Kunstwerke nach Mark Jenkins handelt, antwortet der Passant nur: "Das ist toll!" Viele Bürger gehen nicht bloß achtlos vorbei, sondern suchen das Gespräch. "Was wollt ihr denn damit ausdrücken?" will ein Mann wissen. Ein anderer erklärt, dass die Figuren schon "Erschreckungs-Faktor" in sich bergen - egal in welcher Position sie sich präsentieren. Mancher hat weitere Kunstwerke in der Innenstadt entdeckt. Denn nicht nur das Pärchen auf dem Holzmarkt ist neu; wenige Meter weiter steckt ein Mann den Kopf in einen Papierkorb. Resignation, Übelkeit? Die Interpretation bleibt dem Betrachter überlassen. Jedenfalls steht daneben ein Schild: "Vorsicht: Es lebt!"

Auf der Treppe zu Unsere Liebe Frau ist eine Figur, im "fritz" stehen neue Figuren, ebenso im Stadtpark. Dort lehnt ein Etwas an einem Baum. Sogar in die Toiletten unter dem Zentralparkplatz hat sich ein Objekt verirrt: Es steht im Männerklo in der Ecke - und trägt Putzfrauklamotten. "Wir wollen einen sozialkritischen Aspekt rüberbringen"; erklärt Kim Kuznia und betont, dass die Figuren nicht erschrecken, sondern zum Nachdenken anregen sollen. Nun hoffen die Schüler, dass sie nicht wieder nur Kritik ernten, sondern die Botschaft auch bei den Kulmbachern ankommt.