Pressecker Kirchturmuhr wird von Hand umgestellt
Autor: Sonny Adam
Presseck, Samstag, 27. Oktober 2012
Seit 1949 kümmert sich Reinhold Hohner um die Uhr der Dreifaltigkeitskirche. Und seit 1980 um die Sommer- und Winterzeit.
Reinhold Hohner (75) wird wie die meisten Menschen im Landkreis morgen die Uhren in seiner Wohnung um eine Stunde zurückstellen: Am letzten Sonntag im Oktober beginnt die Winterzeit. Und er wird dafür sorgen, dass auch andere Pressecker wissen, was die Stunde geschlagen hat. Denn als eine der letzten Kirchturmuhren im Stadtsteinacher Land muss der Zeitmesser der Dreifaltigkeitskirche per Hand gestellt werden.
Die andernorts übliche Funksteuerung gibt es in dem altehrwürdigen Gotteshaus nicht - nur die Glocken werden inzwischen per Elektrik umgestellt und können programmiert werden.
"Ich mache das schon seit 1949. Damals mussten wir Kirchenbuben sogar noch per Hand läuten", erzählt der Senior.
Das Zurückstellen der Kirchturmuhr, die noch voll mechanisch funktioniert, ist gar nicht so einfach. Denn dazu muss Hohner bis hinauf in den Kirchturm steigen. Dann hält er das große Pendel der Uhr an. Und wartet, bis die Winterzeit die Sommerzeit eingeholt hat. Einfach die Zeiger rückwärts drehen, funktioniert nicht. Denn schließlich sind die Glockenschläge an die Uhr gekoppelt und müssen synchronisiert werden. Exakt eine Stunde später steigt der 75-jährige also dann wieder den Kirchturm empor und setzt die Uhr erneut in Gang.
Alleine allerdings wagt sich der 75-Jährige nicht mehr hinauf. Deshalb begleitet ihn Sohn Jürgen (36). Doch die Kniffe und all das Detailwissen um die Uhr, das hat nur der Senior. So verrät er, dass die Vorstellung um eine Stunde im Sommer deutlich leichter ist. "Im Sommer geht alles leicht, die Uhr ist ja komplett mechanisch und aus Eisen. Und das reagiert auf die Temperaturen", verrät Hohner. "Im Winter ist sie starr, alles geht langsamer."Manchmal frieren die Zeiger sogar ein, dann müssen sie wieder aufgetaut werden.
"Die Uhr ist schon ein bisschen mein Hobby", sagt Reinhold Hohner und findet die Nostalgie, die mit der manuellen Umstellung verbunden ist, eigentlich wunderschön. So lange es irgendwie geht, wird er über die Uhr wachen, hat sich der 75-Jährige vorgenommen.
Auch in der Wallfahrtsbasilika Marienweiher wurde die Turmuhr bis vor etwa zwölf Jahren noch per Hand gestellt, wie sich Kirchenpfleger Friedbert Kolb erinnert. Dass der heute 70-Jährige dafür eigens um 3 Uhr in der Nacht aufstehen hätte müssen, war nicht erforderlich. Kolb hat die Uhr Sonntagfrüh gestellt, das Gebet-Läuten fiel aus.
Gut erinnern kann sich Kolb an die Zeiten, als sein Vater, der Gemeindediener Konrad Kolb, für die Uhr in der Basilika zuständig war. Damals musste sie noch jeden Tag per Hand aufgezogen werden, wozu der Marienweiherer immer die vierzig Stufen hinauf in den Turm steigen musste. Dort angekommen, zog er die Gewichte, die das Uhrwerk antrieben, wieder in die Höhe. Die Zeiger der Uhr wurden von der Turminnenseite aus bewegt. "Und sie durften auf keinen Fall rückwärts gedreht werden." Seit 1965 wird die Uhr am Turm der Basilika elektrisch betrieben, seit etwa 1990 ist sie funkgesteuert.