Das Schlosstheater Thurnau lebt. Derzeit ist es zwar noch notdürftig im Torwärterhaus untergebracht. Doch es gibt große Ziele. Denn langfristig soll in der Thurnauer Schlossbräu eine Kommunbrauerei mit einem Saal für Vorstellungen entstehen. Die Premiere jedenfalls war umjubelt.
Schauspieler und "Intendant" Wolfgang Krebs hatte sich für die Premiere seines Schlosstheaters ein zu Herzen gehendes Stück - frei nach einem Roman von Alessandro Baricco - ausgesucht.
Legende am Klavier Es handelt von einem Findelkind, das im Jahr 1900 auf einem Atlantik-Ozeandampfer in einer Kiste abgelegt worden ist. Matrose Danny findet das kleine Wesen - und nennt es fortan Danny T.C. Lemon (weil dies auf der Kiste stand) Boodmann Novecento (weil sich alles im Jahr 1900 abspielte). Novecento wird Pianist und zu einer Legende. Aber er geht niemals von Bord. Vielmehr erlebt er die Welt, die die eleganten Reisenden und die Auswanderer zu ihm auf das Schiff bringen und kennt viele Details. In Gedanken reist er an Land.
Das Leben als Tastatur Novecentos bester Freund an Bord wird ein Ausnahmetrompeter, der die Geschichte erzählt.
Er versucht Novecento dazu zu bewegen, doch von Bord zu gehen - und die Welt wirklich zu erleben und zu erfahren. Doch Novecento will nicht. Mit 32 Jahren entschließt sich Novecento dann urplötzlich, doch von Bord zugehen. Ganz von selbst. Er geht die Schiffstreppe hinunter und will das Meer sehen. Doch auf der letzten Stufe verharrt Novecento, schaut in die Ferne - und kehrt wieder um. Später erklärt er: "Ich werde nie mehr unglücklich sein." Die Welt sei eine Tastatur, die endlos erscheint, auf der es kein Ende gibt - aber er könne nur auf einer endlichen Tastatur, die aus 88 schwarzen und weißen Tasten besteht, Musik machen, sinniert Wolfgang Krebs in dem anspruchsvollen Stück, das aus der Perspektive des Trompeters erzählt wird, aber das auch Novencento zu Leben erweckt.
Thomas Basy illustrierte das Werk mit Musik erster Güte. Er spielte am Piano Jazz und Ragtime, Blues und Melodien, die unter die Haut gingen.
Denn schließlich handelt das Stück nicht nur von Dannys Leben, sondern vor allem von Freundschaft und von Musik.
Das letzte Feuerwerk Wozu Freundschaft fähig ist, stellt sich am Ende des Stückes heraus. Denn das Schiff, Novecentos Heimat, wird im Krieg schwer beschädigt, wird dann ein Lazarett. Schließlich soll es mit Dynamit in die Luft gejagt werden. Die Mannschaft geht von Bord. Doch Novecento nicht. "Er ging nicht von Bord", schreibt ein Besatzungsmitglied dem schon lange von Bord gegangenen Trompeter. Und so kehrt auch der Trompeter an das mit Dynamit beladene Schiff zurück und beide warten auf das letzte Feuerwerk ihres Lebens.
Zur Premiere hat sich Wolfgang Krebs von Janos Kapitany als Regisseur und Doris Hofmann als Regieassistentin unterstützen lassen, die Kostüme gestaltete Eva Schab, und für die Bühne war Klaus Blobner verantwortlich.
Klein, aber fein Aus dem Torwärterhaus ist auch optisch ein putziges kleines Theater geworden - sogar mit Vorhang. "Ich habe meinen Teil getan, jetzt sind Sie an der Reihe. Erzählen Sie es weiter", bat Wolfgang Krebs um Unterstützung der Zuschauer und Theaterfreunde. Alle zwei Monate möchte er das Programm aktualisieren, kündigte Krebs an und hofft auf Akzeptanz und viele Besucher. Nach zwanzig Jahren Tourneetheater möchte Krebs sich in Thurnau niederlassen und Kunst mit Anspruch, aber Unterhaltungsfaktor bieten.
Weitere Informationen über das Thurnauer Schlosstheater finden sich unter
www.schlosstheater-thurnau.de.