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Orgasmus-Schule zum Ablachen


Autor: Sonny Adam

Thurnau, Montag, 22. April 2013

Zwei Stunden lang redete Schauspielerin Charis Hager von "Sex? Aber mit Vergnügen!" Bei der Premiere des gleichnamigen Stücks im Thunauer Schlosstheater schafft sie es, dass der Monolog von Dario Fo und Franca Rame nicht flach wirkt, sondern sogar ein bisschen tiefsinnig.
Der Orgasmus-Fitnesskurs in Fränkisch und mit der Anweisung: "Und jetzt alle mitstöhnen" war der Lacher des Abends. Schauspielerin Charis Hager sorgte dafür, dass der Monolog schonungslos offen war, aber dennoch hintersinnig, ja sogar tiefsinnig geriet. Foto: Sonja Adam


Zugegeben: Sex ist die schönste Nebensache der Welt. Doch einen ganzen Abend nur mit Plaudereien über Sex zu verbringen - ob das wirklich spannend wird? Zur Premiere des Schlosstheaters Thurnau jedenfalls kamen viele Neugierige und ließen sich überraschen.

Theater-Leiter Wolfgang Krebs hatte die gestrenge Sex-Expertin Dr. Elvira Meyerhold eingeladen. Und die mimte keine geringere als die in Thurnau aufgewachsene Schauspielerin Charis Hager. "Es genügt nicht nur, immer die gleichen TV-Nackten anzuschauen", schickte die Expertin mit gestrenger Miene voraus und dozierte, dass es um die Aufklärung der Menschen nicht gut bestellt sei. Auch heute nicht. Und deshalb tue Aufklärung Not.

Mit Dutt und strengem Nadelstreifenanzug wollte Charis Hager diesen Dienst leiste und begann mit einem Rollenspiel, das die Aufklärungspraxis in einer ganz normalen Familie nachstellte.

"Duhuuu, Mama, was ist Vorhaut?", fragt die neun Jahre alte Tochter schonungslos offen. "Das ist ein Küchenwort, das man beim Schälen von Gurken verwendet", antwortet die Mutter pikiert. Und auch der Papa macht es nicht besser. "Onanieren" ist ein fränkischer Ausdruck für all das, was "ohne Nieren - also ohna Nieren" passiert. Und ein Präservativ sei eine Halbkonserve, erklärt er.

Während sich die Zuschauer noch wundern, dass es nicht Dildo, sondern Doldi heißt und dass eine Transe ein Fachbegriff für den Transrapid sei, wird die Schauspielerin wieder ernst. Bei ihr zu Hause hieß es "hinteres Gesäß" und "vorderes Gesäß", verriet sie.

Doch dann machte sie die Begegnung mit den männlichen Geschlechtsteilen. Anfangs nur durch die Zeichnungen, die die Jungs immer und überall hinterließen. Dann traf sie ein "Ferkel vom Dienst", der den Trenchcoat öffnete. Und mit 16 erlebte sie bei einem Praktikum als Krankenschwester beim Setzen des Katheders: "Hilfe, das Würstchen lebt!"

Dann verliebte sich die Sexpertin. "Ich war überzeugt, dass man nur schwanger werden kann, wenn beide einen Höhepunkt im gleichen Moment bekommen. Ich bin schwanger geworden", wurde Charis Hager wieder ernst. "Ich habe abgetrieben!", gestand sie.

Die Schauspielerin schaffte es immer wieder, zum Brüllen komische Elemente mit durchaus anspruchsvollen, tief- und hintersinnigen Passagen zu verknüpfen. Jedes alte Vorurteil über den Zyklus wurde aufs Tablett gehoben. "Frauen sollen an den Tagen, wo sie ihre Tage haben, keine Blumen anfassen. Was sind wir denn - die menstruierenden Supermonster, die Mörder der Geranien?", fragte Charis Hager mit bierernstem Gesicht.
Der absolute Höhepunkt allerdings war der Auftritt der Sexexpertin als Orgasmus-Fitnesskursleiterin in Bamberg: In unverkennbarem fränkischen Dialekt versuchte die Expertin den Zuschauern die schönste Nebensache der Welt schmackhaft zu machen. "Und jetzt alle", forderte sie das Publikum zum Mitstöhnen auf, sprach von Crescendi beim Stöhnen und gab auch einige Worte mit auf den Weg, die immer "subber kommen": Die Palette reicht von "Mama, Mama" über "Mein Gott, mein Gott!" bis hin zu "Heilige Maria, Muttergottes" als krönendes Finale.

Sex und alle Aspekte, die damit zusammenhängen, können richtig lustig sein, machte Charis Hager machte bei der Premiere den Besuchern klar. Wussten Sie beispielsweise, dass man einen echten Orgasmus an den sich weitenden Pupillen der Frau und einer plötzlichen Spreizung der Zehen erkennt? "Wenn sie also nichts empfinden, Licht aus!", riet sie den Damen.

Jedes Detail wurde besprochen. Doch am Ende kam die Einsicht: Sex ist doch nur die schönste Nebensache der Welt, denn eigentlich kommt es auf die Liebe an. Und wenn Liebe im Spiel ist, kann man getrost einmal all die Sextipps vergessen.