Himmelkron
Kontrollen

Lkw-Kontrollen in Himmelkron: Wer zu viel getrunken hat, gibt die Papiere ab

Am Wochenende sind die Autohöfe und Parkplätze voll. Wenn der Verkehr ab Sonntag um 22 Uhr wieder rollen darf, starten viele Brummifahrer nicht ganz nüchtern. Die Polizei Stadtsteinach setzt auf engmaschige Kontrollen.
Die Polizisten appellieren an die Brummifahrer, doch nicht jeder lässt sich freiwillig testen. Solange die Lkw-Fahrer stehen, ist das Feierabendbier kein Problem. Foto: Sonny Adam
Die Polizisten appellieren an die Brummifahrer, doch nicht jeder lässt sich freiwillig testen. Solange die Lkw-Fahrer stehen, ist das Feierabendbier kein Problem. Foto: Sonny Adam
+9 Bilder
} } } } } } } } }

Es ist Sonntag, kurz nach 21 Uhr. Die Parkplätze der Autohöfe in Himmelkron sind voll. Riesige Brummis stehen in Reih und Glied. Kein einziger Parkplatz ist frei. Wegen des Sonntagsfahrverbotes sind die Sattelzüge - alle bringen mehr als 7,5 Tonnen Gewicht auf die Waage - in Himmelkron vorerst einmal stehen geblieben.

Doch was machen die Fahrer sonntags? Sie finden an den Autohöfen alles, was sie brauchen. Sogar Waschmaschinen und Trockner gibt es dort - Essen und Getränke sowieso.

"Die Autohöfe bieten alles, was das Herz begehrt. Leider vertreiben sich die Fahrer aber auch gerne mit Alkohol die Zeit, wenn sie dort stehen", kennt der Leiter der Polizeiinspektion Stadtsteinach, Georg Löffler, die Situation. Aus diesem Grund führen die Stadtsteinacher Beamten regelmäßig Kontrollen durch. "Wir wollen den Brummifahrern nicht auflauern, sondern wir wollen verhindern, dass sie losfahren, wenn sie Alkohol getrunken haben. Dann sind die Lkw rollende Zeitbomben", sagt Löffler und erinnert an furchtbare Unfälle mit tonnenschweren Lastkraftwagen. Wenn etwas passiert, walzen die Riesengefährte alles nieder.

Zwei Streifenbesatzungen und der Leiter der Dienststelle führen am Autohof Himmelkron eine Routinekontrolle durch. Um kurz nach 21 Uhr ist es noch ruhig. Die meisten Kabinen sind noch dunkel. Viele Fahrer haben die Vorhänge zugezogen. Ein Indiz, dass sie wohl erst am nächsten Morgen weiterfahren werden. Nahezu alle Lastkraftwagen haben ausländische Nummernschilder: Kennzeichen aus Polen, Litauen, der Ukraine, Weißrussland, Russland und anderen osteuropäischen Staaten prangen auf den riesigen Euro-Sattelzügen. Teilweise sind die Auflieger mit deutschen Firmennamen beschriftet.

Bei der Routinekontrolle am Sonntagabend ist der Stadtsteinacher Polizist Michael Kasprowiak dabei. Er ist zweisprachig aufgewachsen, kann perfekt Polnisch sprechen. Diese Fähigkeit ist ein Riesen-Vorteil. Mit vielen Worten erklärt Kasprowiak dem polnischen Fahrer, dass es sich um eine Routinekontrolle handelt. Der Mann hat noch eine kleine Flasche Bier in der Hand. Doch er lässt sich nicht lange bitten. Freiwillig macht er einen Alkoholtest und pustet. Das Atemmessgerät zeigt einen Wert von 0,44 Milligramm pro Liter Atemluft an: Das entspricht ungefähr einem Promillewert von 0,8. Der Fahrer wäre also nicht mehr fahrtauglich. Allerdings ist die Umrechnung mit dem Faktor zwei nur ein Schätzwert. Denn der tatsächliche Promillegehalt kann je nach Gesundheitszustand - ausschlaggebend sind Blutdruck, Größe, Verfassung der Lunge, Gewohnheiten wie Rauchen und ähnliches - beträchtlich schwanken.

"Doch er wird sowieso erst am Montagmittag weiterfahren", verspricht der 38-jährige Fahrer aus Polen unaufgeregt. Trotzdem stellen die Polizeibeamten die Fahrzeug- und die Frachtpapiere sicher. Die Polizisten gehen in ihren Bus, stellen einen Sicherstellungsbescheid aus und vereinbaren einen Termin mit dem Fahrer, wann der nächste Alkoholtest durchgeführt wird. "Dobrze, do jutro - gut, bis morgen", sagt der Fahrer noch und zieht sich zurück. "Den Schlüssel können wir ja nicht sicherstellen. Aus diesem Grund nehmen wir die Papiere - und die werden erst wieder ausgehändigt, wenn der Fahrer eben fahrtauglich ist", erklärt Löffler das Prozedere.

Ohne Diskussion erfolgt die nächste Kontrolle. Der Fahrer spricht russisch. Mit dem Google-Übersetzer machen die Beamten klar, warum sie stören. Der Fahrer lacht und lässt sich kontrollieren: Er trinkt nichts. 0,0 Promille zeigt das Atemmessgerät. Der Fahrer macht aber klar, dass er solche Kontrollen durchaus für nötig hält.

Je näher das Ende des Sonntagsfahrverbotes rückt, desto mehr Leben regt sich auf dem Autohof. Auch in einem riesigen weißen Gefährt brennt Licht. Der Fahrer hat ein T-Shirt und Shorts an. Er hat das Fenster heruntergekurbelt und raucht. Wieder führen die Polizisten eine Kontrolle durch. Der Wert zeigt 0,88 Milligramm - das würde etwa 1,76 Promille entsprechen. Auf keinen Fall darf der 44 Jahre alte Mann aus der Ukraine so ans Steuer.

Wieder konfiszieren die Polizisten die Papiere. "Wenn der morgen losfährt, kann er das nicht mehr abbauen", sind sich alle Polizisten einig. Doch der Fahrer ist schon zehn Tage am Stück unterwegs. Er muss von Gesetzes wegen mindestens drei Tage Pause machen. Er gibt, ohne zu murren, die Papiere ab.

"Manche sind auch froh, wenn wir die Papiere haben. Denn dann können sie nicht mehr weiterfahren", kennt der Leiter der Stadtsteinacher Polizeiinspektion das harte Geschäft der Fernstraßen. Tausende Kilometer fahren die Brummifahrer, immer herrsche Zeitdruck, immer Terminstress. Und manche Chefs drängeln und verlangen fast Unmögliches.

Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten oder fehlende Aufzeichnungen sind an der Tagesordnung. Am Freitagvormittag hielten die Beamten eine bulgarische Berufskraftfahrerin in der Bayreuther Straße in Himmelkron an. Wegen mehrerer Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten musste die 58-Jährige 1.295 Euro Sicherheitsleistung hinterlegen, bevor sie die Weiterfahrt antreten konnte.

Am Samstagabend kontrollierten die Ordnungshüter einen polnischen 7,5-Tonner am Autohof. Der 45-jährige Fahrer hatte die notwendigen Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten gar nicht erst geführt. Nach einer Sicherheitsleistung in dreistelliger Höhe konnte der Mann die Weiterfahrt fortsetzen.

"Der höchste Promillewert, den wir bei solch einer nächtlichen Kontrolle einmal gefunden haben, lag bei 2,8", erklärt Polizist Markus Edom. Gemeinsam mit dem Polizeibeamten Julian Scherner ist er an nahezu jedem Wochenende auf den Autohöfen unterwegs. "Wir haben eigentlich bei jeder Kontrolle zwei oder drei, die nicht mehr fahren können und die wir erwischen. Wenn die Fahrer noch stehen, passiert nichts", erklärt Scherner. Denn natürlich ist es nicht verboten, dass die Lkw-Fahrer am Feierabend ein Bier trinken.

Doch auch bei der Kontrolle am Sonntag sind nicht alle kooperationsbereit. Am Autobahnhof Himmelkron-Ost weigert sich ein Fahrer zu pusten. Er habe Feierabend und es gebe keine Notwendigkeit, sagt er. Da er verspricht, erst am nächsten Mittag weiterzufahren, lassen ihn die Polizisten gewähren. Denn der Mann hat einen einsichtigen und verantwortungsbewussten Eindruck gemacht.

Einige können den Start in die neue Woche nicht mehr abwarten, legen einen Frühstart hin. Auch solche "Übereifrige" bremst die Polizei aus. Ansonsten geht bei der Routine-Kontrolle alles ruhig zu. Keine Drogen, keine weiteren Delikte. Und auch René Meier, der Polizist, der die Einsatzkräfte von der Polizeiinspektion aus koordiniert, musste nicht einschreiten.

Die Einsatzkräfte hoffen, dass sich die Alkoholkontrollen bei den Lkw-Fahrern herumsprechen und dass die Einsicht, mit den tonnenschweren Gefährten gar nicht erst loszufahren, wenn Alkohol im Spiel ist, steigt.