Landkreis-Feuerwehren trainieren Fahren mit Blaulicht

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Daniel Kohl im Übungsauto. "Oje, das ist komisch. Man muss sich erst daran gewöhnen", sagt der Feuerwehrmann aus Lanzendorf. Fotos: Sonja Adam
Daniel Kohl im Übungsauto. "Oje, das ist komisch. Man muss sich erst daran gewöhnen", sagt der Feuerwehrmann aus Lanzendorf. Fotos: Sonja Adam
Referent Reiner Greif mit Wolfgang Kunert und Daniel Kohl.
Referent Reiner Greif mit Wolfgang Kunert und Daniel Kohl.
 
"So ein Training macht Spaß", sagt Michael Ködel.
"So ein Training macht Spaß", sagt Michael Ködel.
 
Auch Holger Dembrowski machte den Fahrsimulator-Test.
Auch Holger Dembrowski machte den Fahrsimulator-Test.
 
Kreisbrandinspektor Fritz Weinlein bei der "Testfahrt".
Kreisbrandinspektor Fritz Weinlein bei der "Testfahrt".
 
Kursleiter Reiner Greif.
Kursleiter Reiner Greif.
 

Wenn die Feuerwehren ausrücken, dann ergeben sich für die Fahrer der Rettungswagen oft brenzlige Situationen. Wie man richtig reagiert, können diese in Stadtsteinach an einem neuen Simulator trainieren.

Wenn eine Feuerwehr ausrückt, ist Schnelligkeit gefragt. Jede Sekunde zählt. Denn die Helfer müssen so schnell wie möglich am Einsatzort sein. Mit Martinshorn und Blaulicht geht es los. Der Puls steigt, der Adrenalinspiegel des Fahrers schnellt in die Höhe, denn er weiß, dass die Fahrt für ihn und die anderen Insassen nicht ungefährlich ist.

Das Risiko, in einen tödlichen Unfall verwickelt zu werden, ist bei Einsatzfahrten vier Mal höher als bei normalen Fahrten. Das macht Experte Reiner Greif bei einer Schulung im Stadtsteinacher Feuerwehrhaus deutlich. Und nennt weitere Zahlen: Bei der Rettungsfahrt sei die Gefahr acht Mal höher, in einen Unfall mit schwer Verletzten verwickelt zu werden, 17-fach erhöht, in einen Unfall mit hohem Sachschaden zu geraten. "Das liegt an vielen einzelnen Komponenten", sagt Greif.

Da wird es brenzlig
Wie die meisten Fahrer von Rettungswagen reagieren? "Dort, wo ein Loch im Verkehr ist, wird sich durchgeschlängelt", sagen die Schulungsteilnehmer. Doch das ist laut Greif gefährlich. Täglich verunglücken in Deutschland zehn Sonderrechtsfahrzeuge, wie der Experte mitteilt. "Es wird schneller und risikofreudiger gefahren. Es wird auf die Sonderrechte vertraut. Hinzu kommt mangelnde Fahrpraxis mit den ungewohnten Autos. Und manchmal treffen auch mehrere Sonderrechtsfahrzeuge zusammen, dann wird die Situation besonders brenzlig", nennt er Gefahrenpotenziale. Hinzu komme, dass andere Verkehrsteilnehmer oft nicht richtig reagieren. "Meist funktioniert die Gassenbildung kaum. Viel fahren nicht an den Rand. Das führt dazu, dass die Feuerwehrler sich links an wartenden Autos vorbei- oder anderweitig durchschlängeln müssen."



Ein neues System
Mit dem Sondersignal-Fahrt-Trainer können solche Situationen simuliert werden. Zu dem Training hat der Feuerwehrverband alle Wehren des Landkreises nach Stadtsteinach geladen. Das aufwändige technische Simulationssystem wird von der Versicherungskammer Bayern und dem Innenministerium zur Verfügung gestellt. Es ist brandneu. Erst seit 2012 könne mit diesem System Einsätze simuliert werden, sagt Greif.

"Ich halte diese Übung für sehr wichtig", stellt der Vorsitzende des Feuerwehrverbands, Franz Gareis, fest, der von der Mischung aus Theorie und Praxis begeistert ist. Erst bekommen die Wehrkräfte die Hintergründe erläutert, dann geht's zum Praxistest. Die Fahrer steigen auf einen ganz normalen Feuerwehrautositz in einer stilisierten Fahrerkabine. Der Sitz hat es in sich. Denn wenn der Fahrer über einen Bordstein oder auf das Bankett fährt, dann wackelt er. Das Wackeln löst ein Kompressor aus. Das Cockpit ist wie jedes Feuerwehrauto ausgestattet. Mit Sirene, Blaulicht, Funk, Tacho und allem, was dazugehört. Vor dem Cockpit des Autos ist ein Megabildschirm aufgebaut. Das Auto ist mit zwei Spiegeln und mit seitlichen Bildschirmen ausgerüstet, die die seitliche Sicht simulieren.

Daniel Kohl gibt Gas
Auf Knopfdruck geht die Fahrt los. Daniel Kohl (42) aus Lanzendorf macht in seiner Gruppe den Anfang. "Oje, das ist komisch. Das ist ganz anders. Man muss sich erst daran gewöhnen", sagt er. Die Anderen rufen: "Du fährst ja erst 40." Kohl gibt Gas, und dann ist es schon passiert. In der engen Straße ist er virtuell über einen Bordstein gerauscht. Der Sitz wackelt. "Man rechnet nicht damit, dass das passiert."

Dann kommt Fritz Weinlein (55) dran. Als Kreisbrandinspektor und erfahrene Kraft müsste er den Parcours ja mit Bravour meistern. Doch weit gefehlt. "Hilfe, ich gehöre nicht zur Playstation-Generation. Mir fehlt der Gegendruck, ein Auto liegt anders auf der Straße", sagt er und rauscht durch die animierten Straßen und Landschaften. Er testet das Auto, versucht sich bei der Einsatzfahrt.

"Hier spricht die Leitstelle. Alarm für Land 1", ertönt der Funkspruch. Auf der Landstraße hat sich ein Unfall ereignet, heißt es. Eine Person sei im Auto eingeklemmt. Der Fahrer startet den Motor, schaltet mit einem Knopfdruck Blaulicht und Martinshorn ein - und schon geht es los. Funksprüche und Einsatzhinweise kommen herein.

"Bleib in der Mitte"
Der Fahrer muss sich auf die Ansagen konzentrieren und zugleich auf den Straßenverkehr. Mit 80 und mehr Stundenkilometern rauscht er über die Landstraße. Plötzlich taucht eine Ampel auf, vor der Autos stehen. Die Fahrer scheinen das Einsatzfahrzeug nicht zu bemerken. Dessen Fahrer fackelt nicht lange, blinkt links und überholt die Schlange. So wird es in der Praxis oft gemacht. "Bleib in der Mitte", ruft in Kamerad. Doch just in diesem Moment fährt der erste Wagen über die Kreuzung, das Feuerwehrauto muss rechts abbiegen. Eine heikle Situation.

"Das ist die gefährlichste Situation von allen", sagt Schulungsleiter Reiner Greif und warnt davor, auf der Gegenfahrbahn zu überholen, "Wenn Ihr langsam an die Schlange hinfahren würdet, würden die Autos vielleicht eine Schlange machen. Sie sind dazu verpflichtet."

"So ein Training macht Spaß", sagt Michael Ködel (46) von der Mainleuser Wehr. "Irgendwie ist es, als wenn man seekrank wird", findet Claus Pühn aus Rothwind. Leichte Kreislaufprobleme bekommt Holger Dembowski, der mit 30 Jahren jüngste Teilnehmer. Nach der Fahrt mit dem Simulator muss er sich erst mal hinsetzen.