Kulmbacher unterrichtet in Bulgarien Kunst

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Hans-Dieter Ernst erklärt 17- bis 19-jährigen in Bulgarien Kunst, praktisch und theoretisch. Foto: Sonja Adam
Hans-Dieter Ernst erklärt 17- bis 19-jährigen in Bulgarien Kunst, praktisch und theoretisch. Foto: Sonja Adam

Warum der Kulmbacher Lehrer Hans-Dieter Ernst im Ruhestand noch einmal aktiv wird. Und warum ihn sein Einsatz als Senior-Experte so begeistert hat.

Er war als Kunstlehrer in Kulmbach und im Ausland tätig, hat Kuntskurse gegeben und ein "Didaktisches Atelier" im Roten Turm betrieben. Mit 66 Jahren ist er im besten Ruhestandsalter. ABer Hans-Dieter Ernst wollte es noch einmal wissen - und hat eine Tätigkeit als Kunstlehrer in Bulgarien übernommen.

Bulgarien: Das Land auf dem Balkan kannte der Kulmbacher bis vor wenigen Wochen selbst nicht so genau. Bis ihn eine Anfrage des Senior Experten Service erreichte. Ob er denn Zeit und Muse hätte, auf ehrenamtlicher Basis begabten Schülern der Tsanko Lavrenov-Schule (benannt nach dem wohl bekanntesten bulgarischen Maler des 20. Jahrhunderts) einen Zugang zur internationalen Kunst zu ermöglichen.

Hans-Dieter Ernst hatte Lust. "Ich bin bis Sofia geflogen, wurde dort von dem Direktor der nationalen Kunstschule abgeholt", erzählt Ernst und gerät unverzüglich ins Schwärmen.
Schüler zwischen 17 und 19 Jahren unterrichtete er, ausnahmslos Begabte, die für den Schulaufenthalt bezahlen. Und diese Schüler waren hoch motiviert. "Wir haben kunstgeschichtliche Reflexionen betrieben, führten offene Fachgespräche und natürlich beschäftigte ich mich auch mit Kunst in der Praxis", berichtet Ernst. Schon vorab hatte er Bücher nach Bulgarien geschickt, um ausführliche Werkbetrachtungen durchführen zu können. Er nahm mit den jungen Bulgaren Werke von Wilhelm Busch und Max Ernst, von Niki de Saint Phalle und Yves Klein unter die Lupe. Auch Künstlerlegenden wie Joan Miro, Paul Klee, Hans Hartung und die geistig-seelische Ebene der Kunst wurden thematisch konkretisiert. "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar", erklärte Ernst.

Der offizielle Auftrag Ernsts war es, den Schülern Informationen zu liefern über die Ausbildungsgänge und Ausbildungsmöglichkeiten im europäischen Kunstmarkt. Ernst sollte die Lehrer fachlich fortbilden, sollte eine Strategie für den Erfahrungsaustausch entwickeln und eine Vernetzung mit ähnlichen Bildungseinrichtungen in Europa ermöglichen. Auch Hilfestellung bei der Einordnung der Schule auf dem europäischen Kunstmarkt war ein Thema.
"Bulgarien ist ein sehr spannendes Land", sagt der Kulmbacher. "Es gibt dort unglaubliche Naturschönheiten zu entdecken." Aber Bulgarien hat auch mit enormen wirtschaftlichen Probleme zu kämpfen. "Trotzdem ist das Land mit einer ungeheuer reichen Kulturgeschichte gesegnet", schwärmt Ernst und gibt offen zu, dass er auch persönlich viel von dem Aufenthalt mitgenommen hat: Er war drei Tage am Schwarzen Meer, nahm einer Tagung teil und nahm an Workshops teil.

Da Hans-Dieter Ernst nicht nur am Markgraf-Georg Friedrich-Gymnasium Kunstlehrer war, sondern viele Jahre auch an de deutschen Schule in Luxemburg tätig war, war ihm die internationale Tätigkeit nicht fremd. "Man muss international arbeiten können. Das ist die Voraussetzung, um einen solchen Auftrag annehmen zu können", erklärt er. Englisch und Französisch spricht Hans-Dieter Ernst neben Deutsch fließend - beste Voraussetzungen also für seinen neuerlichen Auslandseinsatz. An seiner Seite hatte er zudem eine Dolmetscherin.

An seinen Schülern sind ihm das hohe Maß an Disziplin, Engagement und Fleiß aufgefallen. Der Schulalltag in Bulgarien sei völlig anders als in Deutschland, sagt der Kulmbacher. Es gebe kaum technische Ausstattung. Die Schüler seien den ganzen Tag in der Schule, doch Mensa oder Mittagessen gebe es nicht.

Seine Kollegen unterrichteten teilweise noch so, wie es auch in Deutschland vor langer Zeit gang und gebe war: Im Frontalunterricht. "Ich habe Teamwork angeregt", sagt Hans-Dieter Ernst, und betont, dass seine Kollegen dort sehr, sehr gut ausgebildet seien. "Die können das."
Die Rückreise nach Deutschland trat der Kulmbacher mit vielen Ideen im Gepäck an.

So möchte er mit seinen bulgarischen Schülern auch weiterhin in Kontakt bleiben, möchte beispielsweise deren Bilder im Kulmbacher Tennisclub Rot-Weiß, dessen Vorsitzender er ist, ausstellen und den begabten Schülern eine Plattform geben, um sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren und um selbst in Europa Fuß zu fassen.

"In der bulgarischen Kunst ist richtig frischer Wind. Das sind alles Profis, die hervorragend sind und die exzellente handwerklich-künstlerische Fähigkeiten haben", erklärt Ernst. Natürlich sei Bulgarien bestrebt, sich auch in der Kunst Richtung Europa zu öffnen. "Man fühlt die Veränderungsbereitschaft."
Bei seinem ersten Einsatz als Senior-Experte ist der 66-Jährige auf den Geschmack gekommen. Einen Nachfolge-Einsatz schließt er nicht aus: Vom Senior Experten Service gab es nämlich bereits eine neuerliche Anfrage - für einen Einsatz in Kasachstan. Der passte dem Kulmbacher terminlich nicht. " Aber ich hoffe, dass im nächsten Jahr ein neuer Einsatz in Bulgarien zustande kommt. Und ich könnte mir schon vorstellen drei oder vier Einsätze im Jahr als Senior Experte im Ausland zu übernehmen."
Der Senior Experten Service (SES) ist die Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit. Er bietet interessierten Menschen im Ruhestand die Möglichkeit, ihre Kenntnisse und ihr Wissen an andere im Ausland und in Deutschland weiterzugeben. Als ehrenamtlich tätige Senior Experten fördern sie die Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften. Sie leisten Hilfe zur Selbsthilfe - und damit einen wichtigen Beitrag, ein Stück Zukunft zu sichern.
Mehr als 10 000 Senior Experten aus über 50 Branchen sind ehrenamtlich tätig. und leisten weltweit Hilfe zur Selbsthilfe. In der Regel dauern die ehrenamtlichen Einsätze drei bis sechs Wochen, höchstens aber sechs Monate.