Wenn man über deutsch-französische Freundschaft spricht, dann fällt den Kulmbachern vor allem ein Mann ein: Bernd Titus, ehemaliger Lehrer am Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium und Bürgermeister der Stadt Kulmbach.
Bernd Titus ist die Sprachbegeisterung und die Neugier auf Frankreich schon in die Wiege gelegt. "Mein Vater war während des Krieges in Lièges in Kriegsgefangenschaft. Und er hatte da Verbindungen zu einem Optiker aufgebaut, die gehalten hat. So habe ich die ersten Verbindungen zur französischen Sprache geknüpft", erzählt Titus. Er lernte Französisch in der Schule. "Aber Französisch war damals Literatur, sonst nichts", berichtet er und erzählt, dass man mit dem Schulfranzösisch nicht wirklich etwas anfangen konnte.
Titus brach auf nach Frankreich, erkundete das Land, um die Sprache besser zu lernen - vor und nach dem Studium, auch währenddessen. "1962 habe ich meine Frau kennengelernt - und dann musste ich erst einmal ein halbes Jahr als Austauschlehrer nach Frankreich", lacht Titus heute, und auch seine Frau Heidi kann darüber schmunzeln. Denn man schrieb sich Briefe, die Verbindung hielt.
Zeiten als Austauschlehrer Bernd Titus schwärmt von seiner Zeit als Austauschlehrer in St. Germain bei Paris, er war in Quéven und auch in Antibes. "Ich habe dort das Zertifikat zum Lehren mit audiovisuellen Methoden erworben. Und infolgedessen konnte ich dann an der Volkshochschule und am MGF solche Lehrmethoden einsetzen. Es gab damals in Bayern nur zwei Lehrer, die das anbieten konnten", erzählt Bernd Titus.
Die Schüler lernten die Sprache mit Hilfe von Tonbändern und Filmbildstreifen. Sie verinnerlichten so viel leichter die fremd klingenden Laute und Wörter. "Mir war schon damals klar, dass man eine Sprache am besten im Land lernt", sagt er.
Sein ganzes Leben lang war Titus fasziniert von Frankreich - und auch heute noch hält er es für immens wichtig, dass die deutsch-französische Freundschaft am Leben erhalten wird.
Nach einem Aufenthalt als Austauschlehrer im Jahr 1981 begründete er schließlich in Kulmbach einen Schüleraustausch mit Quéven in der Bretagne. "Ich habe an der Schule Françoise Audrin kennengelernt (sie war Deutschlehrerin in Frankreich), die war auch so begeistert. Und so setzten wir die Idee, einen Schüleraustausch zu begründen, um", erinnert sich Titus.
Schon 1982 schickte Titus die erste "Probe-Truppe" nach Frankreich, halboffiziell. Diese Testgruppe, in der auch sein Sohn René war, reiste alleine, ohne Lehrer, mit dem Zug in die Bretagne. "Ich habe eine Bekannte angerufen, die in einem Vorort von Paris wohnte. Sie hat die Kinder in Paris am Gare de l'Est dann weiter in den richtigen Zug gesetzt", lacht Titus heute und betont, dass solch ein unorthodoxes Unternehmen heute unvorstellbar wäre.
Doch die Schüler fanden Gefallen - und schon im Jahr darauf fand der erste offizielle Schüleraustausch
statt: Mehr als 50 Schüler reisten für zwei Wochen in die Bretagne - eine Woche während der Schulzeit, eine Woche während der Ferien. "Wir sind dann jedes Jahr um Pfingsten gefahren", erzählt Titus. 20 Jahre lang funktionierte der Austausch. Und immer war der Andrang groß.
Ein Höhepunkt war, dass 1993 fast das gesamte Lehrerkollegium des Gymnasiums in die Bretagne fuhr, um zu erleben, wovon die Schüler immer erzählten. "Wer einmal Land und Leute kennen gelernt hat, wird verstehen, von welcher Zuneigung ich spreche", schwärmt Titus. Allerdings muss er mit 77 Jahren kürzer treten, kann nicht mehr so weit fahren. Doch die Freundschaft zu den Franzosen hält. So ist der erste Austauschschüler - Erik - noch heute oft zu Gast in Kulmbach.
Und auch der Kontakt zur einstigen Deutschlehrerin reißt nicht ab.
Heute vor 50 Jahren unterzeichneten Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Präsident Charles de Gaulles die Elysée-Verträge. Sie begründeten die deutsch-französische Freundschaft. Aus diesem Anlass blicken wir heute auf Kontakte, die es aus Kulmbach nach Frankreich gibt.
Marcel Ott ist angetan vom Austauschprogramm Am Caspar-Vischer-Gymnasium sorgt der Fachbereichsleiter Thomas Greim dafür, dass die Elysée-Verträge richtig gewürdigt werden. Ein französischer Chansonnier kommt an die Schule, regelmäßig nimmt das Caspar-Vischer-Gymnasium an einem Literaturwettbewerb teil. Und seit neun Jahren gibt es auch lebendige Austauschprogramme: Das CVG pflegt einen Austausch mit Marguerittes, seit zwei Jahren mit Lille.
"Wir machen abwechselnd ein Jahr einen Austausch mit dem Norden, einen mit dem Süden", sagt der Lehrer.
Angefangen hat das Freundschaftsprogramm mit 16 Schülern, inzwischen sind mehr als 50 Schüler mit von der Partie. "Bei den letzten beiden Austauschprogrammen hatten wir 27 Plätze und 37 Bewerber, wir haben dann ausgelost, wer mit kann", sagt Greim und freut sich über die Kontakte.
Einer der begeistertsten Schüler ist Marcel Ott (18) aus Stadtsteinach. Er besucht derzeit die elfte Klasse und reist in jeder freien Minute nach Frankreich. "Ich habe früher immer gesagt, Französisch ist nichts für mich - das ist nur eine Sprache für Mädchen", lacht Marcel Ott und erklärt, dass ihm die Sprache zu weich war. Dann hörte er Lehrer Thomas Greim bei der Wahl der Zweige sprechen - und war begeistert. "Ich hab noch am gleichen Abend gesagt, ich mache Französisch", sagt der Schüler.
Begeisterung hat gehalten Und die Begeisterung hat angehalten. Inzwischen war er mit der Schule dort - und privat auch zwei Monate lang. Seitdem hat Marcel Ott einen großen Freundeskreis in Frankreich. "Ich haben die Vorurteile nicht gespürt, nicht einmal bei den Omas und Opas, die die Kriegszeiten noch miterlebt haben. In Frankreich sind alle total freundlich", sagt er. "Was mir auch aufgefallen ist: Die Franzosen verbringen mehr Abende gemeinsam zu Hause. Sie reden und essen gemeinsam", schwärmt Ott.
Aber auch bei Besichtigungstouren in der Camargue hat er Land und Leuten kennen- und lieben gelernt. Lehrer Thomas Greim freut sich über solche Erfolge. "Es ist ein Frieden sicherndes Element, wenn man die Sprache beherrscht und die Freundschaft aufrecht erhält", sagt Greim.
Er hat eine besondere Beziehung zu Frankreich.
Sein Opa war im Ersten Weltkrieg zwei Jahre in Frankreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als französische Arbeiter in Deutschland waren, konnte sich der Opa noch mit den Franzosen unterhalten. "Das hat mich als Kind sehr beeindruckt", sagt er und gibt offen zu, dass dieses Verständnis auch ein Ansporn für ihn war. Aber auch das deutsch-französische Jugendwerk habe einen wesentlichen Beitrag geleistet.
Hier möchte ich ( als damals betroffener Schüler von Bernd Titus) sein ganz besonderes Engagement in diesem Bereich herausstellen. Ich hatte die Ehre 1970, in einer von ihm geleiteten Versuchsklasse ( in Bayern gab es nur 2 derartige Klassen), audiovisuell Französisch als dritte Fremdsprache erlernen zu dürfen. In seiner unnachahmlichen Art hat er es verstanden uns die Sprache nahezubringen und uns als 16 - jährigen "Landeiern" die große weite Welt zu zeigen ( 3 Wochen Sprachaufenthalt während der Schulzeit in Royan mit ausgiebigem Besuchs- und Besichtigungsprogramm in Paris). Das hat unsere Klasse nachhaltig geprägt, so dass noch viele der damaligen Schulkollegen weiter französisch sprechen und auch Verbindungen nach Frankreich haben . Regelmäßige ( jährliche Klassentreffen) der damaligen Schüler erfolgen sicher auch auf Grund dieser gemeinsamen Erfahrungen. Ich persönlich verdanke ihm noch heute viele lebendige Kontakte nach Frankreich und die Begeisterung für die Sprache und Land und Leute. Obwohl ich nur 3 Jahre am MGF die Sprache lernen konnte, gelingt es mir noch heute mich fliesend zu unterhalten. Durch Animation meiner Kinder lebt diese Idee weiter und ich kann die Erfahrungen von Marcel Ott nur bestätigen, die Franzosen sind hilfsbereit und freundlich, sobald sie ein gewisses Engagement für Ihre Sprache und Kultur spüren. Freue mich, dass es auch aktuell immer noch Lehrkräfte gibt, die diese Idee r mit Leben erfüllen und weitertragen.
Wir konnten Bernd Titus auch auf einer seiner Austausch-Stellen (nun als Erwachsene) besuchen und begleiten. Der Spaßfaktor blieb und bleibt dabei hoch!