Kulmbacher Hospizverein: Stehender Applaus für Hägele

3 Min
Abschiedsgeschenk für den scheidenden Vorsitzenden Dieter Hägele (links) von Oberbürgermeister Henry Schramm und der stellvertretenden Landrätin Christina Flauder. Foto: Sonja Adam
Abschiedsgeschenk für den scheidenden Vorsitzenden Dieter Hägele (links) von Oberbürgermeister Henry Schramm und der stellvertretenden Landrätin Christina Flauder. Foto: Sonja Adam
Markus Ewald hat die Zukunft des Hospizvereins im Blick. Er möchte Palliativstation, Sterbebegleitung und ambulante Versorgungseinrichtungen optimal vernetzen.
Markus Ewald hat die Zukunft des Hospizvereins im Blick. Er möchte Palliativstation, Sterbebegleitung und ambulante Versorgungseinrichtungen optimal vernetzen.
 

Vor 16 Jahren hat Dieter Hägele den Kulmbacher Hospizverein aus der Taufe gehoben. Seine Arbeit wird nun sein früherer Chefarzt-Kollege Markus Ewald weiterführen.

Beruflich beschäftigte sich Dieter Hägele als Chefarzt am Klinikum Kulmbach hauptsächlich mit Geburten, doch in seiner Freizeit widmete er sich dem Ende des Lebens. "Ich habe bemerkt, dass irgendwo in der klinischen Arbeit Defizite waren - eben am Ende des Lebens. Und das hat mich dazu bewogen, mich für die Hospizarbeit zu engagieren", sagt Dieter Hägele. Es sei damals häufig so gewesen, dass Menschen in ihren letzten Stunden zeitlich und emotional nicht in der Weise versorgt werden konnten, wie es wünschenswert gewesen wäre.


Dieter Hägele, Gründer und langjähriger Vorsitzender des Hospizvereins Kulmbach, im Interview. by Infranken.de


Verein bildet weiter Helfer aus
Mit 69 Mitgliedern ging der Verein an den Start, heute sind es 324. "Wir haben bei Null angefangen und in den vergangenen 16 Jahren viel erreicht", so Hägele.

Inzwischen ist es den Engagierten gelungen, das Sterben ein Stück weit aus der Tabuzone zu befreien und die Begleitung Sterbender und Schwerkranker zu thematisieren. "Wir haben einen stetigen Zuwachs an Mitgliedern, die Akzeptanz in der Gesellschaft steigt, und wir bilden jährlich neue Hospizhelfer aus", zieht Hägele Bilanz - und ist auch ein wenig stolz auf das Erreichte. "Der Höhepunkt war, dass wir als Hospizverein im vergangenen Jahr mit dem Ehrenamtspreis der Stadt Kulmbach ausgezeichnet worden sind", sagt Hägele.

Stehender Applaus für Hägele
"Auch unsere finanzielle Situation ist gut. Ich übergebe ein gut bestelltes Haus", verabschiedete sich Dieter Hägele bescheiden bei der Jahreshauptversammlung im Gemeindesaal der Kirche St. Hedwig.

Die Mitglieder des Vereins dankten es ihm mit stehendem Applaus.
Für die Zukunft wünscht sich der scheidende Vorsitzende, die Hospizarbeit noch mehr in der Gesellschaft zu verankern. Denn nicht nur bei Tumorpatienten ist Hospizarbeit nötig, sondern auch Demenzkranke sollten versorgt werden.
Oberbürgermeister Henry Schramm überreichte - gemeinsam mit der stellvertretenden Landrätin Christina Flauder - ein Wappen der Stadt. Es falle nicht leicht, sich mit dem Thema Tod und Vergänglichkeit auseinanderzusetzen, sagte Schramm. "Manchmal schauen wir aus Hilflosigkeit, manchmal aus Bequemlichkeit weg oder aus Angst, sich mit dem Tod oder der eigenen Vergänglichkeit auseinander zu setzen", so Schramm. Doch die Betreuer des Hospizvereins helfen den Menschen auf ihrem letzten Lebensweg, in Würde zu gehen.

"Wie schön, dass es Menschen wie Sie gibt", so der OB.
Tatsächlich hat der Hospizverein derzeit 34 aktive Hospizhelferinnen. Im vergangenen Jahr wurden 45 Menschen begleitet. Dafür haben die Hospizhelfer 678 Stunden aufgewendet. Es gab 23 Dauerbegleitungen und 150 Betreuungsstunden auf der Palliativstation des Klinikums. Insgesamt haben die Ehrenamtlichen des Hospizvereins 1379 Stunden geleistet.
Und ihre Arbeit ist nicht nur für die Sterbenden und Schwerstkranken wichtig, sondern auch für die Angehörigen. Es gab Trauergruppen und Gesprächsrunden sowie zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen beim Hospizverein.
Schatzmeister Manfred Götz legte die finanzielle Situation des Vereins offen. Es wurden stattliche Summen bewegt.

Obwohl der Hospizverein fast 15 000 Euro Spenden zu verbuchen hatte und auf Zuschüsse in Höhe von mehr als 38 000 Euro kam, reichten die Einnahmen von 64 041 Euro nicht aus, um die Kosten zu decken. Die Bilanz weist ein Minus von rund 400 Euro aus. Dennoch steht der Verein finanziell auf einem soliden Fundament. Auch in Zukunft ist die Gemeinnützigkeit sicher gestellt.

Geheime Abstimmung
Bei den Neuwahlen des ersten Vorsitzenden verlangten einige Mitglieder eine geheime schriftliche Abstimmung, obwohl mit Markus Ewald nur ein Kandidat zur Wahl stand. Ewald wurde von 36 der 51 Stimmberchtigten zum Vorsitzenden gewählt.
Der neue Vorstand wird komplettiert mit der stellvertretenden Vorsitzenden Brigitte Brückner und den weiteren Stellvertretern Evi Mädl und Anita Baar, Schatzmeister Manfred Götz, Schriftführerin Sieglinde Ellner, der juristischen Beraterin Anita

Hofmann und den Kassenprüfern Roman Höchtl und Richard von Schkopp.



Hospizverein soll Netzwerk koordinieren


Vernetzung wird auch in der Hospizarbeit immer wichtiger, meint der neue Vorsitzende Markus Ewald.

Wohin soll sich der Hospizverein in Zukunft entwickeln?
Markus Ewald: Das große Thema der Zukunft wird die Vernetzung sein - und zwar die Vernetzung der Palliativstation, mit Sterbebegleitung, mit ambulanter Versorgung, mit Senioreneinrichtungen in Form einer SAPV (spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung). Das ist vor allem im ländlichen Raum nicht einfach, aber das ist die Herausforderung der Zukunft.

Wie soll das in der Praxis funktionieren? Ruft man eine Hotline an?
So ähnlich funktioniert das schon.

Die Leute wenden sich an uns, und wir begleiten sie. Aber es geht um ein Gesamtpaket, darum, eine Anlaufstelle zu schaffen, die den allgemeinen Pflegedienst und die spezielle Palliativversorgung vernetzt.

Und welche Rolle hätte dann der Hospizverein?
Der Hospizverein könnte die Koordination übernehmen. Er ist vor Ort. Es kostet erst mal nichts, sich an den Hospizverein zu wenden. Man braucht keinen Überweisungsschein.

Das klingt nach ferner Zukunftsmusik. In welchem Zeitraum soll so ein Konzept denn verwirklich werden?
In Großstädten gibt es solche Modelle ja schon. Wir können uns daran orientieren. Ich denke schon, dass man solch eine Koordinationsstelle innerhalb meiner Amtszeit, also in den nächsten zwei Jahren, realisieren kann.