Kulmbacher Firmen öffnen sich zum Girls' Day

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Anna Deuber ist 15 Jahre alt und sie hat sich schon so manche Gedanken gemacht, über ihre berufliche Zukunft: "Aber ich glaube, ich gehe ins Büro", sagt sie - trotzdem lässt sie sich beim Girl's Day von Karl Partenfelder zeigen, wie man fachgerecht schweißt. Fotos: Sonja Adam
Anna Deuber ist 15 Jahre alt und sie hat sich schon so manche Gedanken gemacht, über ihre berufliche Zukunft: "Aber ich glaube, ich gehe ins Büro", sagt sie - trotzdem lässt sie sich beim Girl's Day von Karl Partenfelder zeigen, wie man fachgerecht schweißt. Fotos: Sonja Adam
Hebst du schon? - Leonie Plaster (11) und Johanna Goller staunen, wie schwer ein einziger Stein sein kann, auch gemeinsam schaffen es die beiden Mädels nicht, den Stein anzuheben.
Hebst du schon? - Leonie Plaster (11) und Johanna Goller staunen, wie schwer ein einziger Stein sein kann, auch gemeinsam schaffen es die beiden Mädels nicht, den Stein anzuheben.
 
Jetzt geht's mit Hans-Günter Dörfler auf große Tour - beim Girl's Day schauen Leonie Plaster (11) und Johanna Goller (12), was ein Straßenwärter so alles macht. Aber im Kreisbauhof in Leuchau hat es noch nie einen weiblichen Azubi gegeben.
Jetzt geht's mit Hans-Günter Dörfler auf große Tour - beim Girl's Day schauen Leonie Plaster (11) und Johanna Goller (12), was ein Straßenwärter so alles macht. Aber im Kreisbauhof in Leuchau hat es noch nie einen weiblichen Azubi gegeben.
 
Einen solchen Pfosten, wie er bei Baustellen aufgestellt wird, können Johanna Goller (12) und Leonie Plaster (11) in die Halterung montieren. Allein die kleine Halterung wiegt mehr als 15 Kilo
Einen solchen Pfosten, wie er bei Baustellen aufgestellt wird, können Johanna Goller (12) und Leonie Plaster (11) in die Halterung montieren. Allein die kleine Halterung wiegt mehr als 15 Kilo
 
 
"Ups, ist das schwer, das schaffe ich kaum", stöhnt Nadine Herold. Die Zwölfjährige hat beim Girl's Day bei alpha innotec in Kasendorf Probe geschnuppert. "Aber ich weiß noch nicht, was ich mal machen möchte", sagt sie offen und ehrlich.
"Ups, ist das schwer, das schaffe ich kaum", stöhnt Nadine Herold. Die Zwölfjährige hat beim Girl's Day bei alpha innotec in Kasendorf Probe geschnuppert. "Aber ich weiß noch nicht, was ich mal machen möchte", sagt sie offen und ehrlich.
 

Gestern schnupperten Mädchen in Männerberufen und die Jungs hatten die Möglichkeit, einmal klassische Frauenberufe unter die Lupe zu nehmen. 27 Firmen und Einrichtungen haben insgesamt 168 Plätze für den Nachwuchs zur Verfügung gestellt.

Normalerweise lassen es Leonie Plaster (11) und Johanna Goller (12) um 7 Uhr früh noch ruhig angehen, denn die Schule beginnt ja erst um 8 Uhr. Doch gestern war für die beiden Mädchen aus Untersteinach bereits um 7 Uhr Arbeitsbeginn. Leonies Mutter hatte die beiden neugierigen Mädchen zum Straßenbauamt nach Leuchau gefahren.

"Ich wollte einmal wissen, was so ein Straßenwärter eigentlich alles macht?", erklärt Leonie Plaster. Und sofort nahmen Eckhard Schrepfer und Hans-Günter Dörfler die beiden unter ihre Fittiche. Umsteigen in eine oranges Auto der Straßenkämmerei hieß es. Und dann musste der Nachwuchs erst einmal ein Verkehrszählgerät abmontieren. Danach ging es wieder zurück nach Leuchau, dort wurde das Verkehrszählgerät ordnungsgemäß eingelagert. Und natürlich gab es auch eine kleine Besichtigungstour. "Das Coolste ist, das Salzlager.
Das ist so groß, da sind über 500 Tonnen Salz drin", staunte Leonie Plaster und konnte sich über all das Streusalz, das in Leuchau einlagert, gar nicht mehr beruhigen. Sie machte Fotos mit ihrem Hand von dem Riesenberg. Dabei handelt es sich nur um die Notration, die die Kämmerei immer vorhält.

Hans-Günter Dörfler zeigte den Kids, wie man Leitpfosten ordnungsgemäß in die Sockel steckt und erklärte auch gleich, dass die gelben Leitpfosten bei Ausfahrten angebracht werden. Doch allein der kleine Betonsockel wiegt mehr als 15 Kilo. Die beiden Mädchen versuchten, einen etwas größeren Stein zu heben. Keine Chance. Und dann ging es auch schon wieder weiter auf die nächste Baustelle. Die Mädchen sollten schließlich alle Facetten eines Straßenwärters sehen. Die Mädchen schauten zu, wie Gräben gegraben werden und wie Asphaltierarbeiten von statten gehen. "Ihr könnt auch ein Praktikum bei uns machen", lockte Dörfler, der seine Arbeit sehr gerne ausübt. "Ich war der erste Azubi hier. Ich bin schon seit 1982 hier", erzählt Dörfler.

Doch große Hoffnungen, dass eines der beiden Mädchen tatsächlich ein Praktikum machen könnten, hat Dörfler nicht und auch nicht die anderen Mitarbeiter. Denn bislang hat sich noch nie ein Mädchen in die Männerdomäne verirrt. Obwohl die sanitären Anlagen und die Voraussetzungen erfüllt wären. Leonie Plaster spielt sogar Fußball, doch sie geht ja erst in die sechste Klasse, hat noch ein bisschen Zeit, sich zu überlegen, in welche Berufsrichtung sie gehen möchte. "Man könnte sich das schon vorstellen", zeigt sich Johanna Goller diplomatisch. Doch auch bei ihr ist beruflich noch alles offen.

27 Unternehmen im ganzen Landkreis beteiligten sich

Beim Girl's Day 2014 beteiligten sich 27 Unternehmen im ganzen Landkreis und boten 31 verschiedene Aktionen an. Insgesamt nahmen die Unternehmen und Einrichtungen 164 Mädchen auf. Und in fast allen Facetten konnte geschnuppert werden: Die Palette reichte von einem Tag im Architekturbüro Drenske über Probeschnuppern im Abgeordnetenbüro Inge Aures bis hin zu Einblicken in die Baumann Druckerei. Das Landesamt für Umwelt und Glen Dimplex, die Kulmbacher Brauerei, das Landratsamt, aber auch Ludewig Karosseriebau, Motor Nützel, das MUPÄZ, die Polizeiinspektionen Kulmbach und Stadtsteinach, Radio Plassenburg, die Stadtwerke, Töpfer, Zaigler, die Schreinerei Moser und viele andere waren mit von der Partie.

Vier Mädchen waren bei der Firma eka in Untersteinach zu Gast, ein Mädchen interessierte sich dafür, wie ein Elektrorollstuhl hergestellt wird und schnupperte bei Richter RMS in Thurnau. Aber auch für mücom IT-Technik in Neuenmarkt, für Landschaftsgärtnerin (bei Ramming und Trröster) oder für die Marktschorgaster Firma Frankia und für Lochner Schaltanlagen in Marktleugast interessierten sich die Mädchen. "Mädchen entscheiden sich immer noch im Rahmen ihrer Ausbildungs- und Studienwahl überproportional häufig für typisch weibliche Berufe", sagte Landrat Klaus Peter Söllner bei einer Pressekonferenz bei ait in Kasendorf.

Und genau darum soll es beim Girl's Day gehen: Die klassischen Berufsfelder aufzuweichen und Mädchen Einblicke in die Bereiche Technik, Handwerk, IT oder Naturwissenschaften zu geben. Für den Landkreis Kulmbach hat Gleichstellungsbeauftragte Heike Söllner die Koordination des Girl's Day übernommen. Und Söllner freute sich, dass das Angebot wieder so gut angenommen wird. Allein bei ait schnupperten zehn Mädchen in der Firma. Anna Deuber (15) besucht die Burkunstadter Schule und meldete sich für die praktische Schweißübung gleich freiwillig. Und tatsächlich: Unter der fachkundigen Anleitung von Karl Partenfelder gelang es ihr auf Anhieb, eine Schweißnaht zu fertigen. Aber ob das reicht für einen technischen Beruf, ist sich die Schülerin selbst noch nicht so sicher. "In Mathe bin ich so naja, meine Lieblingsfächer sind eigentlich Deutsch und Geschichte. Ich werde wohl was im Büro machen", sagt Anna Deuber klipp und klar, findet den Schnuppertag aber dennoch interessant.

Unter der Leitung von Cindi Wunderlich fertigen die Mädchen einen Schmuckständer. Sie sägen und bohren Rohre und biegen sie. Und Steffen Beckers zeigt den Kids, wie man die Isolierung an einen Plattenwärmetausscher montiert. Nadine Herold (12) von der Carl-von-Linde-Realschule probiert diesen Montageschritt gleich mal aus. "Ich weiß noch gar nicht, was ich mal machen will", sagt sie offen und ehrlich. Tatsächlich schauen sich zwar seit Initiierung des Girl's Days viele Mädchen die Firmen an, doch seit 2007 haben nur zwei Mädchen wirklich bei alpha innotec den technischen Beruf des Mechatronikers ergriffen. Eine Absolventin war so gut, dass sie jetzt die Technikerschule besucht, zog Norbert Groß, Bereichsleiter SCM und Personal ein Resümee.

Und tatsächlich sind beim Beruf des Mechatronikers gute Mathekenntnisse nötig. "Wir konnten nicht alle Stellen im Bereich Mechatroniker besetzen, im kaufmännischen Bereich haben wir noch kein Problem. Da bieten wir auch alljährlich drei oder vier Lehrstellen an", thematisierte Groß den Fachkräftemangel in der Region. Doch in Zukunft soll es auch noch einen anderen Beruf - speziell für Mittelschüler ohne Quali - geben. Das ist eine Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik Fachrichtung Montage. Dabei geht es darum, einzelne Montageschritte zu erlernen und zu übernehmen, erklärt Matthias Kreuzer. Allerdings wird es diese Ausbildung frühestens ab September 2015 geben, denn derzeit kann noch keine Beschulung erfolgen.

Übrigens fand gestern nicht nur der Girl's Day statt, sondern auch - schon zum vierten Mal - der Boy's Day. Auch dabei ging es darum, die klassischen Geschlechterrollen aufzuweichen und Jungs die Möglichkeit zu geben, in Frauenberufe zu schnuppern. 14 Betriebe und Vereinigungen stellten 41 Plätze zum Schnuppern im Landkreis Kulmbach zur Verfügung. So konnten die Jungs zur Diakonie in die Himmelkroner Heime, in die Grundschule, in Kindertagesstätten oder bei Medizinern , im Klinikum oder in die Erzieherarbeit Einblicke bekommen. Und auch die Seniorenresidenz Wirsberg und die Fachklinik öffneten ihre Türen für den Nachwuchs.