Druckartikel: In Stadtsteinach wird es kein "Essen auf Rädern" mehr geben

In Stadtsteinach wird es kein "Essen auf Rädern" mehr geben


Autor: Sonny Adam

Stadtsteinach, Montag, 28. April 2014

Wegen hoher Defizite muss das Caritas-Alten- und Pflegeheim St. Marien in Stadtsteinach den Service "Essen auf Rädern" aufgeben. Schon Ende Juli werden die Lieferungen eingestellt, hat der Caritasverband der Erzdiözese Bamberg entschieden.
Die Arbeitstage von Christa Pöhlein (62) und Laurentius Simon (58) bei der Essen-auf-Rädern-Auslieferung in Stadtsteinach sind gezählt: Wegen hoher Defizite stellt das Caritas-Alten- und Pflegeheim St. Marien den Service ein. Foto: Sonja Adam


Mit Elan laden Christa Pöhlein (62) und Laurentius Simon (58) die kleinen und großen Essensbehälter ins Auto und bringen sie, so schnell wie möglich, zu den Kunden in Stadtsteinach, im Stadtsteinacher Land, in Rugendorf. Die Kunden, vorwiegend Senioren, warten schon darauf, viele können sich nicht mehr selbst versorgen. Damit ist bald Schluss.

140 Essen werden vom Alten- und Pflegeheim St. Marien in Stadtsteinach außer Haus geliefert, 40 davon an Privatpersonen. Christa Pöhlein und Laurentius Simon sind als Ausfahrer beschäftigt, Laurentius Simon nur auf 450-Euro-Basis. "Ich mache das nebenbei", sagt er und schmunzelt. Denn insgeheim ist er froh, dass er sein Berufsleben bei der Bahn verbracht hat und eine sichere Rente hat.

Christa Pöhlein ist mit 62 Jahren ohnehin fast im Rentenalter angekommen. "Ich bin hier als Teilzeitkraft, ich denke, ich werden dann wohl stempeln und gehe dann ganz normal in Rente", erklärt sie. Mit 62 Jahren sieht sie keine Chance mehr, noch einen neuen Job anzufangen.

Keine andere Wahl

"Das hohe Defizit lässt dem Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg keine andere Wahl", erläutert Klaus-Stefan Krieger vom Referat Öffentlichkeitsarbeit. Die Mitarbeiter, die betroffen sind, wissen schon Bescheid. Und sie bedauern diese Entscheidung zutiefst.

Insgesamt gibt es im Caritas- Alten- und Pflegeheim zwölf Planstellen im Bereich Küche und Hauswirtschaft. "Durch den Wegfall von Essen auf Rädern kann eine Planstelle eingespart werden", wird die Leiterin des Altenheimes, Doris Ludwig, konkret. Die Arbeitsschwerpunkte für die anderen Mitarbeiter werden verlagert. Auch Küchenchef Bernd Kotschenreuther wird garantiert nicht "arbeitslos". "Die Vollzeitstelle bleibt natürlich in vollem Umfang erhalten. Aber er kann sein Engagement auch Richtung Qualitätssicherung ausdehnen", so Ludwig.

Mit Zivis lief es besser

"Unser Anliegen muss es sein, das Haus wirtschaftlich zu führen. Das ist klar. Aber es sind erst einmal keine weiteren Umstrukturierungsmaßnahmen geplant", sagt Doris Ludwig und fügt noch hinzu, dass die Situation für den Essen auf Rädern-Service noch vor einigen Jahren leichter war. Denn damals gab es Zivis, die das Essen ausfahren konnten. Jetzt müssen 450-Euro-Kräfte diese Jobs erledigen oder eben hauswirtschaftliche Mitarbeiter. "Wir haben uns so eine Entscheidung nicht einfach gemacht. Aber es muss ein", betont Doris Ludwig.

"Der Umsatz von 140 Essen ist zu gering, um die Kosten des Personals, das zur Zubereitung notwendig ist, zu tragen. Ebenfalls in keinem Verhältnis zu den Einnahmen steht der Aufwand für die zu unterhaltenden Fahrzeuge", so die Pressestelle des Caritasverbandes für die Erzdiözese Bamberg. Tatsächlich sind zwei Lieferautos im Einsatz. "Aber ein Fahrzeug werden wir sicher behalten", sagt Doris Ludwig.

Den Privatkunden empfiehlt der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg zum Menüservice des Bayerischen Roten Kreuzes zu wechseln. Doch was passiert mit den anderen Kunden - mit dem Schülerhort der Geschwister-Gummi-Stiftung in Stadtsteinach, mit der katholischen Kindertagesstätte, mit der Kinder- und Jugendhilfe PrinZ der Rummelsberger Anstalten in Stadtsteinach und mit den Einrichtungen in der Gemeinde Rugendorf? Insgesamt haben all diese Einrichtungen hundert Mahlzeiten abgenommen. "Der Caritasverband hat diesen Einrichtungen angeboten, bei der Suche nach einem künftigen Lieferanten behilflich zu sein", formuliert es die Pressestelle des Caritasverbands für die Erzdiözese.

"Ich kann nur sagen, dass wir die Einstellung sehr bedauern. Wir hatten ein sehr enges und vertrauensvolles Verhältnis", sagt Jennifer Hilme vom Kinderhort in Stadtsteinach. Doch der Ersatz ist im eigenen Haus quasi nachgewachsen. "Unsere Kinder werden natürlich verpflegt bleiben. Wir werden ab 1. August von der Menü-Faktur in Kulmbach beliefert. Das ist qualitativ sehr hochwertiges Essen, das sich an den hohen Qualitätsstandards für Schulverpflegung orientiert", sagt Hilme. Der Hort hatte immerhin zwanzig Essen pro Tag gebucht.

Verschiedene Möglichkeiten

Ebenso viele Essen hat die Kindertagesstätte St. Michael in Stadtsteinach abgenommen. "Wir wissen noch nicht, wie es in Zukunft aussieht", sagt die Leiterin der Kindertagesstätte, Beate Ott, offen und ehrlich. Denn zur Wahl stehen verschiedene Möglichkeiten. Der Kindergarten könnte sich das Essen vom Seniorenheim in Marktleugast liefern lassen. "Dann wäre alles so wie bisher", sagt sie.

Besonderer Ofen nötig

Zur Wahl steht aber auch eine Belieferung durch die Menü-Faktur in Kulmbach, die von den Diakonischen Werken Kulmbach und Bayreuth betrieben wird. "Aber dann bräuchten wir einen Konvektorofen. Wir müssen einfach schauen, was wirtschaftlicher ist", sagt Ott. "Aber die Entscheidung hat ja noch ein bisschen Zeit", sagt die Leiterin des Stadtsteinacher Kindergartens. Sicher ist nur, dass im Stadtsteinacher Kindergarten und in den anderen Einrichtungen auch in Zukunft die Kinder nicht hungrig bleiben müssen, sondern dass ein Ersatz gefunden werden kann.

Das Seniorenheim St. Marien kam schon im vergangenen Jahr in die wirtschaftliche Schieflage. Damals hat der Caritas-Kreisverband die Trägerschaft an den Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg abgegeben, weil das Minus einfach nicht mehr tragbar war.

Schon damals wurde als oberstes Ziel formuliert, dass das Alten- und Pflegeheim als solches erhalten werden soll, allerdings mit finanzieller Konsolidierung. "Um die Pflege, Betreuung und Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner auf einer wirtschaftlich soliden Basis sicherzustellen, ist es unerlässlich, nicht kostendeckende Angebote einzustellen", so Klaus-Stefan Krieger.