Druckartikel: Ein Tag ohne Handy? Jugendliche haben Spaß

Ein Tag ohne Handy? Jugendliche haben Spaß


Autor: Sonny Adam

Kulmbach, Sonntag, 23. März 2014

Am "Tag der natürlichen Kommunikation" mussten im Jugendzentrum "Alte Spinnerei" alle Besucher ihre Handys abgeben. Computer, Spielkonsolen und Radio waren ebenfalls tabu. Spaß hatten die Jugendlichen trotzdem.
Bitteschön - Eyyüb Askin (14) übergibt Jugendzentrumsleiter Stefan "Bonsai" Lehner sein Handy. Die Regeln werden akzeptiert. Fotos: Sonja Adam


Samstagnachmittag. Draußen Nieselregen - normalerweise ist das Jugendzentrum "Alte Spinnerei" zu dieser Zeit schon voll mit Stammgästen. Doch Stefan "Bonsai" Lehner und seine Kollegin Lisa Sesselmann sitzen allein im Café und warten auf Jugendliche. Kein Telefon klingelt, kein Radio läuft. "Wir machen den Tag der natürlichen Kommunikation jetzt zum zweiten Mal. Im letzten Jahr haben sich zwei nicht dran gehalten, haben ihr Handy mit reingeschmuggelt, die sind dann rausgeflogen", erzählt der Jugendzentrumsleiter. In diesem Jahr ist auffällig wenig los. "Es gibt sicher einige, die nicht kommen, weil sie nicht mitmachen wollen."

Für alles etwas Ungewohntes

"Für uns ist das auch schwierig. Ich wollte vorhin noch einen Zettel schreiben, aber ein Computer-Ausdruck geht heute nicht, also hab ich es per Hand gemacht", sagt Lisa Sesselmann.

Die "nicht-natürlichen Kommunikationsmittel gehören eben längst zum Alltag.

Trotzdem trudeln nach und nach einige Stammgäste ein. Tahsin Korkmaz (16) hatte an die Aktion gar nicht gedacht, aber er fügt sich in sein Schicksal, steckt sein Handy in einen Umschlag mit seinem Namen und gibt es ab. Macht er den Spaß eben mit. "Ich habe ein Jahr lang ohne Handy gelebt, weil es kaputt war. Das war zwar anstrengend, aber ich habe es überlebt", sagt Tahsin.

Schon kommt auch Yusuf Yilmaz (16). Alle lachen, als er sein aktuelles Handy aus der Tasche zieht: Es ist ein abgeschrammtes uraltes Modell. Auch er liefert es ab. "Spielen wir halt Fußball oder Billard", schlägt er vor. Und auch Halil Nacak (15) ist mit von der Partie. "Ich benutze das Handy, um Freunden zu schreiben, ich bin in den sozialen Netzwerken und spiele auch - Clash of Clans, Angry Birds", erzählt Halil. Und natürlich hat er "Whatsapp" drauf. "Ich benutze das Handy jeden Tag, schaue jede halbe Stunde drauf, manchmal öfter. Wenn ich jetzt in die Hosentasche greife und nichts spüre, ist das schon ein komisches Gefühl. Irgendwie leer", sagt Hallil Nacak.

"Das wird trotzdem lustig"

"Vielleicht bleiben wir heute nicht so lange", überlegt Tahsin schon. Doch so langsam trudeln die Stammgäste in der "Alten Spinnerei" ein. Eyyüb Sakin (14) hat sein neues Handy erst seit zwei Wochen, gibt es ohne Klagen ab."Das wird trotzdem lustig. Wir spielen Tischtennis", schlägt Eyyüb vor. "Tischtennis ist gut", findet auch Bora Aydin (13). Die beiden fangen n.

Miteinander reden statt tippen

Doch nach wenigen Spielminuten kommt die Situation den Jungen doch merkwürdig vor. Und plötzlich sitzen alle brav um einen Tisch. "Kommt, wir spielen Black Stories", kann schließlich Lisa Sesselmann die Jungs begeistern. Die meisten kennen das Spiel nicht. Doch warum nicht mal was anderes machen?

Die Jugendlichen lassen sich auf das Experiment ein. Und obwohl das Spiel nicht spektakulär ist, sondern eigentlich nur ein Frage-Antwort-Spiel, herrscht bald gute Stimmung. "Erst gab er viele Ehrenworte, dann war er tot", ist die Aufgabe, die erraten werden soll. "Das ist ein echter Fall", erklärt Stefan Lehner und kommt schnell selbst drauf, dass es sich wohl um eine politische Tat handelt - in Deutschland. "Und woher soll man das wissen?", fragt Bora Aydin und muss selbst lachen. Denn die Lösung wäre "Barschel" gewesen. "Blöd ist, dass man nicht googeln kann, sagt Halil Nacak (15). Diese kleinen Dienstleistungen mit dem Handy, mit dem Smartphone oder dem Tablet gehören für die Kids nun mal zum Alltag. Und erst, wenn solche Kommunikationsmittel mal abgeschaltet sind, merken alle, wie oft sie jeder nutzt.

Sich das bewusst zu machen, war das Ziel der Aktion. Experiment gelungen, Stimmung gut. Und mit Sicherheit war das nicht der letzte "Tag der natürlichen Kommunikation".