Die Fans kamen von nah und fern
Autor: Sonny Adam
Presseck, Sonntag, 04. November 2012
Die Kulturnacht der Initiative "Lebensqualität durch Nähe" wurde bereits zum vierten Mal ausgerufen - und hat nichts an Attraktivität verloren.
Kultur darf schräg oder gefällig sein, provokativ oder zahm, schön oder einfach nur inspirierend. Sie kann sich in Form von darstellenden Künsten äußern, aber auch Märchen, Geschichten, Mundart und Objektkunst gehören dazu ebenso wie Musik, die Spaß macht, die zum Nachdenken anregt oder einfach nur im Hintergrund für gute Laune sorgt.
Und all diese verschiedenen Kulturrichtungen waren bei der vierten Kulturnacht im Schützenhaus Presseck vertreten.
Bewegte Lebensgeschichte
Ganz bescheiden präsentierte sich Alois Kuhn aus Stammbach in einer Ecke mit seinen Karikaturen. "Ich lebe in Stammbach, bin hier glücklich und hier bleibe ich", erklärt Kuhn, der inzwischen 72 Jahre alt ist. Aber hinter der Harmonie und Zufriedenheit steckt eine bewegte Lebensgeschichte. Denn Alois Kuhn wurde bereits zwei Mal vertrieben: im Alter von sechs Jahren aus dem Riesengebirge, und 1980 wieder, als er in der ehemaligen DDR lebte. Er war Ingenieur. Doch wegen seiner "frechen" Karikaturen eckte er an. Das ging so weit, dass er verhaftet und nach Paragraph 220 wegen "Herabwürdigung von Repräsentanten und deren Maßnahmen" zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. "Ich saß dann nur acht Monate im Gefängnis, aber das war schon schlimm genug. Dann wurde ich von der BRD herausgekauft, aber das habe ich erst viel später erfahren", erklärt Kuhn.
Im Westen genoss er dann endlich die Freiheit, die seine Kunst brauchte: Er konnte alles auf die Schippe nehmen - ohne Repressalien fürchten zu müssen. Endlich konnte Alois Kuhn seine Karikaturen veröffentlichen.
Und die Ideen sprudeln bei ihm bis heute. Seine Werke nehmen die Politik aufs Korn, aber auch das Leben mit all seinen Facetten. Vor nichts macht Kuhn halt.
Märchenhafte Zaunlatten
Ganz andere Kunstwerke zeigte Betina Schammann und ihre Künstlergruppe. Denn sie ließ bei der LQN-Kulturnacht kleine und große Künstler Zaunlatten bemalen. "Alles fing bei mir mit einem Gartenzwerg an. Er braucht das passende Drumherum", erklärte Schammann. So wurden Zaunlatten bemalt. Andere taten es ihr gleich und fassten das Märchen vom Schneewittchen und den sieben Zwergen in Form von Zaunlatten in einen künstlerischen Kontext.
Auch der renommierte Landschaftsmaler Günther Wolfrum zeigte seine Bilder sowie Marianne Renke. Edina Thern präsentierte zum ersten Mal Sand- und Muschelbilder. Die Zutaten für die dekorativen Arbeiten stammen von einem Urlaub in Florida. Auch Schieferbilder, die mit Stoff kombiniert sind, hatte sie mitgebracht.
Sitz-Bilder
Eine schräge Idee hatte Sigrid Groß aus Stammbach. "Ich sag immer, mir ist die Leinwand ausgegangen", lachte sie. Tatsächlich malt sie Porträts auf alte Holzstühle.
Matthias Trendel steuerte für die Daueraustellung bei der LQN-Nacht im Saal Fotos bei. Aber nicht nur: Auch seine Mundartgeschichten unter dem Motto "Bleed schaua" kamen gut an - ebenso wie die märchenhafte Lesung von Christiane Malkomes.
Richtig Spaß machten die Mini-Crazy-Dancers aus Presseck und die Gymnastik-Damen mit ihrer "Black Light Show".
Zurück in die Zwanziger
Jürgen Treppner alias Victor Bleibtreu ließ die Goldenen Zwanziger mit seiner Nostalgieshow wieder aufleben. Im steifen Frack trällerte er - so schön wie einst - "Das ist die Liebe der Matrosen" und alte Schellack-Evergreens. Sogar den Singstil der längst vergangenen Epoche imitierte Treppner, der am Klavier von Vladimir Plakidin begleitet wurde.
Für jüngere Kulturfans traten Joyce (16) und Joe-Al (20) aus Elbersreuth auf. Seit Jahren proben sie und schreiben Songs im Hip-Hop-Style. "Letztes Jahr hatten wir unseren ersten Auftritt in Naila, jetzt wollen wir öfters auftreten", hoffen die beiden auf den großen Durchbruch. Und auch die legendäre SAN-Combo war mit von der Partie - allerdings mit einer ganz anderen Musikrichtung. Swing bis in die frühen Morgenstunden war das Motto der Band.
Vorjahresbild geht nach Marktleugast
Natürlich wurde auch in diesem Jahr wieder ein Gemeinschaftsbild gefertigt: Glasmalerei. Viele Künstler und Kulturfreunde, die schon immer mal etwas Neues ausprobieren wollten, versuchten sich an der Mandala-Technik auf Glas. "Das Gemeinschaftsbild der letzten LQN-Nacht geht nach Marktleugast, auch wenn die noch keine neues Rathaus haben", erklärte Angelika Leinfelder - sehr zur Freude von Bürgermeister Norbert Volk.
Am Sonntag klang die Kulturnacht mit einem ökumenischen Gottesdienst, zelebriert von Pfarrer Helmut Spindler und Heidrun Hemme, unter der Mitwirkung von Organist Jörg Schmidt, vom Kirchenchor der Evangelischen Kirche Stammbach und des Posaunenchores der evangelischen Kirche Presseck aus.