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"Der eingebildete Kranke" auf Fränkisch in Kulmbach


Autor: Sonny Adam

Kulmbach, Samstag, 23. Februar 2013

Flott, frech, fränkisch und turbulent - so interpretierte der Schauhaufen Molières Komödie "Der eingebildete Kranke". Die Premiere gelang nicht nur, sondern die kleinen Details, die Regisseur Rüdiger Baumann und sein Team eingebaut hatten, sorgten für Spaß pur und Unterhaltung vom Feinsten. Das Premierenpublikum war begeistert.
Der eingebildete Kranke alias Frank "Frecko" Schott war der Knaller bei der Premiere - er erweckte das altbekannte Molière-Stück zu neuem Leben. Auf fränkisch! Alle Fotos: Adam


Der eingebildete Kranke ist eine Komödie, die eigentlich jeder kennt, der Theater liebt. Und eigentlich hat sie jeder auch schon mal gesehen - in vielen Versionen: klassisch, modern, provokant. Doch so, wie sie der Schauhaufen interpretiert: sicherlich nicht. Das muss man einfach gesehen haben.

Die Charaktere und die französischen Namen blieben, doch die Komödie, in der einst Molière selbst mitspielte und in der er auf der Bühne einen Blutsturz erlitt (und wirklich wenige Stunden später starb), wurde kurzum mit fränkischem Witz angereichert. Ein Spagat, der gelungen ist.

Und das liegt an vielen liebevollen Details, an dem Enthusiasmus der Akteure, aber insbesondere an dem schauspielerischen Können von Frank "Frecko" Schott. Denn er mimte den Hausherrn Argan, den eingebildeten Kranken - und dabei übertraf er sich selbst. Frank Schott lebte diese Rolle.

Dazu brauchte er nicht viel: Das leidende Gesicht, die Empfindlichkeit, die Ergebenheit in die Krankheiten - all das verinnerlichte Frank Schott, der eigentlich während es gesamten Stückes nichts anderes als ein OP-Nachthemd trugt. Manchmal war es nur ein lapidar dahin gesagter Satz, manchmal gar nur die kleinen Augenroller oder die Gesichtszüge des Schauspielers, die unübertroffen waren. Er bettelte ums Klistier zur Erfrischung - drei Mal täglich, um Behandlung, um Medikamente.

Ehefrau als böse Hexe

Hausherr Argan vertraut der raffinierten Bélinde, seiner zweiten Frau (Evelyn Appoldt) blind. Doch Bélinde ist offensichtlich eine bösartige und berechnende Hexe, die es nur auf das Geld des eingebildeten Kranken abgesehen hat. Und obwohl Tochter Angélique (Anja Weith), die mit viel Schwung und auch ein bisschen naivem Charme spielte, Argans Schwester Géraldine (Birgit Baumann), die sich nicht so leicht etwas vormachen lässt, und auch das herzerfrischende Dienstmädchen Toinette, das ihr Herz auf dem rechten Fleck hat(Andrea Sack), dies auf den ersten Blick durchschauen, ist Argan doch so unheimlich angetan von seiner schönen jungen Frau, dass er blind vor Liebe ist.

Gemeinsam mit Dr. Purgon, Argans Hausarzt (Dietmar Kastner), der mindestens ebenso geldgierig ist wie Bélinde, redet sie dem gutgläubigen Argan ein, dass er schwer krank ist - beide machen ihn mit Medikamenten, Klistieren und viel Psycho-Quatsch krank und kränker. Sogar eine Voodoo-Puppe wird eingesetzt. Die eingebildeten Krankheiten werden so schlimm, dass Argan sogar drauf drängt, dass seine Tochter Angélique einen Arzt heiraten soll.

Doch das ist zu viel: Denn Angélique ist über beide Ohren in den Schauspieler Cléanthe (Vincent Wagner) verliebt. Dann stellt sich der Nebenbuhler Dr. Thomas Dombol (Georg Mädl) vor - mit Papa (Rüdiger Baumann) - wieder ein Brüller beim Publikum. Denn in der nur sechswöchigen Vorbereitungszeit, die sich der Schauhaufen für das Stück gegönnt hat, haben Papa und Sohn die gleichen Zuckungen einstudiert, synchron ausgeführt. Das Publikum kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Selbstverständlich trugen Vater und Sohn auch die gleichen Klamotten.

Pralinen als Placebo

Da sorgt die Schwester Géraldine für die überraschende und glückliche Wendung. Vincent Wagner, der sich als Gesangslehrer verkleidet und als Liebhaber der Tochter ungeheuer sympathisch wirkte, verkleidet sich als Professor Dr. Dr. von der "Weltärztekammer" und verordnete Mental-Placeboiten. Nur drei in seinem Leben darf der eingebildete Kranke von diesem hochwirksamen Medikament, das Pralinen täuschend ähnlich sieht, nehmen - die vierte Portion wäre tödlich. Doch schon die erste Praline wirkt Wunder. Und am Ende wird wieder eine Voodoo-Puppe mit Nadeln malträtiert, aber diesmal ist nicht Argan der Leidtragende, sondern seine Bélinde mit ihrem kalten Herzen.

Die Regie bei dem Stück führte Rüdiger Baumann, ihm assistierte dabei Carolin Wagner. Doch für die Premiere hat sich auch Bernd Süß einiges einfallen lassen. Denn er war es, der das Baumann's in ein stilechtes Ärztezimmer verwandelte - mit vielen liebevollen Details wie ein beleuchtetes Röntgenrad, wie einen illuminierten Medikamentenschrank und eine Steuerungswand, der einem Uniklinikum alle Ehre gemacht hätte.

Und für die Kostüme waren Barbara Schimmel und Carolin Wagner zuständig. Sie waren nicht überrieben, aber passend und unaufdringlich. Sie verfrachteten das Stück - mal abgesehen vom fast Petrus-haften Präsidenten der Weltärztekammer, der mit langem silbrigen Rauschebart erschien und immer ein goldenes Buch in der Hand hatte - in die Neuzeit. Und am Ende gelang Molières Ansinnen: Jeder, der das Stück sah, konnte herzlich über die Krankheiten und den Tod lachen.


Termine:

Der eingebildete Kranke ist am Freitag, 8. März; Samstag, 9. März; Freitag, 15. März; Samstag, 16. März; Freitag, 22. März und Samstag, 23. März jeweils um 20 Uhr zu sehen; am Sonntag, 24. März um 17 Uhr; am Freitag, 12. April, Samstag, 13. April; Freitag, 19. April und Samstag, 20 April; Freitag, 26. April, Samstag, 27. April ,jeweils um 20 Uhr.

Kartenreservierung unter mail@das-baumann.de oder Telefon (09221) 933 93.