Zoff um das Krenfleisch in der Kronacher "Kreuzbergklause"

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Küchenchef Marcel Brozek ist Pächter der "Kreuzbergklause". Momentan ruht dort der Betrieb, weil er das Konzept einer deutschen Wirtschaft in dieser Gaststätte für unrentabel hält. Fotos: Marco Meißner
Küchenchef Marcel Brozek ist Pächter der "Kreuzbergklause". Momentan ruht dort der Betrieb, weil er das Konzept einer deutschen Wirtschaft in dieser Gaststätte für unrentabel hält. Fotos: Marco Meißner
 

Kleiner Anlass, großer Trubel. Mit der Kritik am Preis einer Kirchweihspeise wurde in Kronach eine Generaldebatte um eine Traditionsgaststätte und die fränkische Küche losgetreten. Der Wirt der "Kreuzbergklause", Marcel Brozek, spricht mit inFranken.de über die Hintergründe.

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"War am Kreuzberg und hab' ein Krenfleisch gegessen. Der Preis hat mich ehrlich gesagt überrascht. Auf anderen Kirchweihen gehört das Krenfleisch zu den günstigeren Speisen. Bei Euch war es mit 10,50 Euro am teuersten." Vier knappe Sätze von Hans Götz auf Facebook, adressiert an die "Kreuzbergklause" und ihren Wirt Marcel Brozek, traten eine Lawine von Kommentaren los. Der Gastronom ließ sich auf die öffentliche Diskussion ein und erntete reichlich Unterstützung.

Brozek war im ersten Moment aber überrascht von Götz' Kommentar. "Da stellt sich ein erwachsener Mann die Frage, warum Krenfleisch aus Rind teurer ist als ein Schnitzel aus Schwein", erklärt der gelernte Küchenchef seine Verwunderung. Er hat den Eindruck, dass hierzulande viele die Umstände nicht erkennen, unter denen deutsche Gastronomie leidet.
In seinem konkreten Fall sei es das Kirchweih-Wochenende gewesen, was mit einem erhöhten Personalbedarf verbunden gewesen sei. "Und wir sind ja kein gemeinnütziger Verein", unterstreicht er.


Deutsche Gastronomie ist nicht lukrativ
Damit kommt er zu einem generellen Problem. "Wer Geld verdienen will, macht keine deutsche Gaststätte auf. Viele Menschen denken ja, dass ein Schnitzel mit neun Euro zu teuer ist, man sich bereichern will", vermisst der Marktrodacher die Wertschätzung für die deutsche Küche, den Arbeitsaufwand und die Qualität, die dahinter stecken. Um sich über Wasser zu halten, seien mickrige 5,50 Euro Stundenlohn für das Personal in vielen Gaststätten normal. Aber nicht nur die Mitarbeiter machten vielerorts einen schlechten Schnitt. "Ich kenne Koch-Kollegen, die arbeiten 60, 70 Stunden die Woche und gehen mit unter 1000 Euro heim." Die Folge sei, dass oft auf Fertigprodukte zurückgegriffen werde, um konkurrenzfähig zu bleiben, doch das schade dem Image der deutschen Gastronomie allgemein.

Fertigprodukte seien für Brozek in der "Klause" keine Option gewesen. Er habe alles frisch zubereitet. Unter dem Strich habe aber - trotz guter Gästezahlen - kein nennenswerter Gewinn zu Buche gestanden. Deshalb habe die "Kreuzbergklause" von ihm zurzeit einen "Dauerurlaub" verordnet bekommen. Das Modell deutsche Gastwirtschaft funktioniere nicht für dieses Objekt. Aufgeben will Brozek das Lokal aber nicht. "Es soll ein neues Konzept bekommen", erklärt der 29-Jährige, der Küchenchef im Steakhouse in Küps ist und selbst noch einen Imbiss in Neuses führt.


So wird kalkuliert
Dass es um die deutsche Küche in der Gastronomie allgemein schlecht bestellt ist, macht Brozek vor allem an der Preiskalkulation fest. "Nettoeinsatz mal drei plus 19 Prozent Mehrwertsteuer", rechnet er eine schulbuchmäßige Kalkulation vor; die brauche man, um halbwegs auf einen grünen Zweig zu kommen. "Für eine Bezahlung nach Mindestlohn benötigt man jedoch eine Kalkulation mit dem Faktor vier oder fünf."

Damit schwenkt er zu einem Beispiel um, das er auch in die Facebook-Diskussion eingebracht hat. "Du bezahlst für belegtes Mehl mit Wasser zwischen 8,50 Euro und über zehn Euro", hatte er in Anspielung auf die florierenden Pizzerien gepostet. Wie er im Gespräch betont, sollte das die italienischen Gaststätten und ihre Küche keinesfalls in ein negatives Licht rücken. Ganz im Gegenteil! "Die Italiener sind nicht zu teuer, die machen es richtig!" Dort werde mit einem Faktor von sechs oder sieben kalkuliert. Die Folge: Der Wirt verdient vernünftig und kann seine Bedienungen ordentlich entlohnen. Davon profitiere letztlich die Motivation der Mitarbeiter ebenso wie der Wirtschaftskreislauf in der Region.

Übertragen auf eine deutsche Gaststätte würde eine solche Kalkulation jedoch bedeuten, dass ein Schnitzel oder auch das Krenfleisch über 20 Euro kosten müssten. "Wenn ich in der ,Klause‘ so kalkuliert hätte, dann hätten die Leute mich gefragt, ob ich noch ganz dicht bin", weiß der Küchenchef.

Dass die Gäste klaglos für eine Pizza oder ein Nudelgericht Geld auf den Tisch blättern, die deutsche Küche aber als zu teuer empfunden wird, bedauert Brozek. "Eine Pizza Margherita kostet so viel wie ein Schnitzel Wiener Art mit Pommes - da läuft was falsch! In ganz Deutschland!", mahnt er ein Umdenken an, wenn die deutsche Gastronomie nicht weiter in der Breite verkümmern soll. "Als Wirt fragt man sich da nämlich schon: Warum soll ich 10, 11, 12, 13 oder gar 14 Stunden arbeiten, ohne Geld zu verdienen."


Kritik war nicht böse gemeint
Hans Götz ist es als Stadtvogt gewohnt, Kronacher Themen anzusprechen, auch wenn sie unbequem sind. Genauso kam es zu seinem Facebook-Eintrag über das Krenfleisch in der "Kreuzbergklause". Diese Zeilen sollten kein persönlicher Angriff sein, wie er beteuert, sondern konstruktive Kritik; Götz meinte, dass bei der Preisgestaltung eventuell etwas nicht passt. "Das habe ich nicht aus Bösartigkeit reingeschrieben, sondern weil das Gericht meiner Meinung nach zu teuer war", betont er.

Eine Meinung, die in seinem Umfeld durchaus geteilt wird. Vor allem ältere Bekannte hätten ihm beigepflichtet, dass Krenfleisch für gewöhnlich eine der günstigsten Kirchweihspeisen ist und das Gericht maximal 8,50 Euro kosten sollte. Er habe es in anderen Gaststätten auch schon zu diesem Preis bekommen. Götz räumt angesichts der Reaktionen im Internet, wo Wirt Marcel Brozek viel Rückendeckung erfuhr, ein, dass die Sache von verschiedenen Generationen durchaus unterschiedlich gesehen werden kann. "Er hat ein jüngeres Publikum, vielleicht hat das eine andere Einschätzung - und die darf es auch haben." Zudem gesteht Götz dem Wirt auch in anderer Hinsicht einen Preissprung zu: "Vielleicht verwendet er auch ein besseres Fleisch, dann soll er das tun."

Wovon er Brozek jedoch abrät, ist eine Diskussion über die Unterschiede in der Preisgestaltung zwischen deutscher und zum Beispiel italienischer Gastronomie. Auch wenn das deutsche Gericht aufwendiger zuzubereiten sei, müsse man gemäß Angebot und Nachfrage sehen, dass die Akzeptanz für einen höheren Preis nicht unbedingt da sei. "Unsere Region unterstellt den fränkischen Speisen einfach noch, dass sie günstiger sind", erklärt Götz.

Der Stadtvogt stellt aber klar, dass er niemanden habe schädigen wollen und er auch nicht zum ersten Mal in der "Kreuzbergklause" zu Gast gewesen sei.