"Wir wollen nicht weg aus Lauenhain"

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Auf dem Scheunenboden sind noch Spuren der Geschichte zu entdecken. : Willi Rentsch und Ingo Müller zeigen einen "Purzelkorb" und eine "Wafe". Foto: Veronika Schadeck
Auf dem Scheunenboden sind noch Spuren der Geschichte zu entdecken. : Willi Rentsch und Ingo Müller zeigen einen "Purzelkorb" und eine "Wafe".  Foto: Veronika Schadeck

Lauenhain feiert am 27. und 28. Juni sein 600-jähriges Bestehen. Für Willi Rentsch und Ingo Müller ein Grund, sich mit der Vergangenheit ihres Dorfs zu befassen und sich an ihre Kindheit zu erinnern.

Sie sind zwei Lauenhainer Urgesteine, der ehemalige Kommunalpolitiker Willi Rentsch und sein Freund, Ingo Müller. Beide sind in Lauenhain geboren und möchten dort weiterhin ihren Lebensabend verbringen.

Lauenhain ist ein kleines Dorf, es gibt keine Chronik - aber es hat eine Geschichte. In der Stube von Willi Rentsch erinnern alte Möbel an vergangene Zeiten. Die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus. "Wir hatten einen Schmied, Wagner, Schuster, Bäcker und eine Brauerei!" Einen Metzger, so Willi Rentsch, gab es nicht, denn "in fast jedem Haus wurde geschlachtet!"

Es waren damals andere Zeiten, meint Ingo Müller. Der 85-Jährige erzählt von der "Stunze", einem hölzernen Gefäß, oder von Körben, die die Großväter aus Baumwurzeln in den "Stuben" geflochten haben. Auch die "Wafe" wird erwähnt (hier wurde früher Wolle aufgewickelt). "Unsere Vorfahren waren kreativ!"

Lauenhain hatte aber noch mehr zu bieten, schmunzelt Willi Rentsch. Er spricht von einem Waldhufendorf, in dem die Häuser systematisch angelegt wurden. "Es ist ein musikalisches Dorf!" In diesem Zusammenhang berichtet er, dass schon vor 50 Jahren nahezu in jedem Haus ein Klavier stand. Dieses Instrument begleitet ihn und Ingo Müller ein Leben lang. Im Hause Müller gab es bereits im Jahre 1912 ein Klavier. "Das war damals ein Geschenk meines Urgroßvaters an meinem Vater!"

Nach dem Krieg über 500 Einwohner

Während die beiden Männer erzählen, merkt man, wie sich das Dorfleben in Lauenhain gewandelt hat. Willi Rentsch spricht von der 1685 erbauten Dorfschule. "Damals haben viele noch nichts vom Lesen und Schreiben gewusst!" 81 Lauenhainer Kinder wurden in den Nachkriegsjahren in Lauenhain unterrichtet.

Damals zählte der Ort, ebenso wie Ende des 19. Jahrhunderts, über 500 Einwohner. Anfang der 1970er-Jahre wurde die Schule geschlossen. Seitdem werden die Kinder in Ludwigsstadt und nun seit einigen Jahren auch in Windheim unterrichtet.

Heute ist in dem Gebäude der Kindergarten "Spatzennest" und die Kinderkrippe "Storchennest" untergebracht. Es werden vor allem auswärtige Kinder betreut. Die Einrichtung konnte und kann mithilfe des Fördervereins, engagierten Eltern und der Stadt aufrecht erhalten werden.

Noch in guter Erinnerung der beiden "Erzähler" ist auch die Aufnahme von Flüchtlingen in ihren Häusern. Zwar sei man nicht gerade erfreut über diese Anordnung gewesen, aber letztendlich gestaltete sich das Zusammenleben besser als gedacht, blicken sie zurück.

Keine Kuh mehr im Dorf

Fährt man heute durch Lauenhain, fallen nicht nur das Windrad sondern auch die Bauernhäuser mit den dahinter liegenden Wiesen, Äckern und Wäldern ins Auge. In den fünfziger Jahren zählte das Dorf 33 milchverarbeitende Betriebe, davon lieferten 28 Milch an die Molkerei. "Jetzt haben wir keine Kuh mehr im Dorf!"

Heute hat Lauenhain rund 180 Einwohner. Die Geselligkeit und das Zusammengehörigkeitsgefühl werden nach wie vor großgeschrieben. Zwar gibt es keine "Lichtstuben" mehr (das waren früher Stuben, in denen junge und ältere Menschen trafen), dafür aber ein fest etabliertes Saufest im Jahreskalender und den Gesangverein "Liederkranz".

Die Zahl der leerstehenden Häuser ist überschaubar. In den letzten Jahren konnten drei leerstehende Gebäude verkauft werden. Wünschen würde sich Willi Rentsch, dass sich die "neuen Bewohner" mehr in die Dorfgemeinschaft integrieren würden.

Würde Lauenhain noch in seiner einstigen Flur bestehen, so hätten "wir heute den schönsten Supermarkt im Landkreis". Denn, so Rentsch, der Supermarkt für Generationen, die Firma Rauschert, ein Teil des Wiegand-Geländes, sowie der Steinbacher Bahnhof - all das gehörte früher zur Lauenhainer Flur.

Kirchlich gehören die Lauenhainer nicht zu Ludwigsstadt, sondern - ebenso wie Steinbach am Wald - zur evangelischen Kirchengemeinde Pressig-Rothenkirchen.

Tiefe Zufriedenheit klingt in den Stimmen von Willi Rentsch und Ingo Müller mit, wenn sie von Gemeinschaft, Familie und Natur sprechen. "Lauenhain ist einfach unsere Heimat - und dies zählt alles!"

Termin und Programm

Die Feier anlässlich 600 Jahre Lauenhain wird am Samstag, 27. Juni, um 19 Uhr offiziell eröffnet. An diesem Abend gibt es einen Diavortrag von Kreisheimatpfleger Siegfried Scheidig, die Festansprache wird Schirmherr Landrat Oswald Marr halten.

Am Sonntag, 28. Juni, finden ein Festgottesdienst und ein Frühschoppen mit der Stadtkapelle Ludwigsstadt statt. Am Nachmittag stehen eine historische Ausstellung, Kübelspritzen und der Hawwersiede-Weitwurf auf dem Programm.

Jeder, der mitmachen möchte kann sich bei der Stadt Ludwigsstadt unter Telefon 09263/94924 oder spontan am Fest anmelden. Jedes Team muss aus drei Teilnehmern bestehen.
Dem Gewinner winkt ein "Goldener Hawwersack" sowie drei Karten für die Shakespeare-Spiele. Die "Spatzenkinder" wollen um 14.30 Uhr mit einem Auftritt die Besucher begeistern.