Wer zahlt fürs Frankenwald-Wasser?
Autor: Veronika Schadeck
Neukenroth, Donnerstag, 19. November 2015
Beim Zweckverband hat sich ein Investitionsstau aufgebaut. Mindestens 65 Millionen Euro sind für die Sanierung des Netzes nötig. Werden die Kosten auf den Wasserpreis umgelegt oder kommen die Gemeinden dafür auf?
Zum ersten Mal fand am Mittwochabend eine Versammlung des Wasserzweckverbandes Frankenwaldgruppe statt, zu der sämtliche Bürgermeister und Gemeinderäte der betroffenen Gemeinden eingeladen waren. Dabei ging es um die Zukunft des Zweckverbandes, und zwar konkret um die Frage, wer für den mindestens 65 Millionen Euro umfassenden Investitionsstau in den nächsten 25 Jahren aufkommt.
Der neue Vorsitzende der Frankenwaldgruppe, Jürgen Baumgärtner, hatte keinen leichten Stand, die Mandatsträger von seinem Sanierungskonzept zu überzeugen.
Aus manchen Reihen kamen skeptische Fragen. Manche Gemeinde- und Stadträte fühlten sich aber auch schlichtweg überfordert mit der Menge an Informationen, die ihnen an diesem Abend auch vom Geschäftsführer der FWO, Markus Rauh, und dem Vertreter des SPR-Ingenieurbüros, Stefan Ströhlein, vorgetragen wurde.
Bekanntlich hat Baumgärtner binnen
Baumgärter will das Geld von den Gemeinden im Rahmen von Investitionsbeiträgen in den nächsten 20 Jahren. Der CSU-Landtagsabgeordnete vertritt die Auffassung, dass die Bürger der Frankenwaldgruppe mit einem Wasserpreis von 2,96 Euro netto pro Kubikmeter ab 1. Januar 2016 (bisher 2,45 Euro) und einer jährlichen Grundgebühr von 108 Euro jetzt schon zur Genüge belastet werden.
Für die Gemeinden würde dies bedeuten, dass - abhängig von der Zahl der angeschlossenen Bürger - Ludwigsstadt von jeder investierten Million 19 286 Euro, Tettau 49 832 Euro, Teuschnitz 62 987 Euro, Reichenbach 83 166 Euro, Steinbach am Wald 241 471 Euro, Steinwiesen 120 735 Euro und Wilhelmsthal 422 519 Euro aufbringen müsste.
Bürgermeister sind skeptisch
Bei manchen Bürgermeistern und Gemeinderäten schrillten die Alarmglocken. Sie wiesen auf ihre desolate Haushaltssituation hin, sie befürchteten Ärger mit den Bürgern, die ihr Wasser nicht von der Frankenwaldgruppe beziehen. Zudem sei es unmöglich, innerhalb von vier Wochen eine derartig weittragende Entscheidung zu treffen. Die Teuschnitzer Bürgermeisterin Gabi Weber wollte nochmals Zahlen und Untersuchungen.
Siegfried Stubrach sprach eine mögliche Auflösung des Wasserzweckverbandes beziehungsweise einen Austritt an.Baumgärtner, erst seit vier Wochen im Amt, warb um Vertrauen und für ein Gesamtkonzept, das wegen der Anerkennung als Härtefall bis zum 15. Dezember in München vorliegen müsse.
Bei dem Argument, dass die Investitionskostenbeiträge Steuergelder seien, stellte Baumgärtner klar, dass auch die Stabilisierungshilfen - welche beispielsweise Teuschnitz oder Ludwigsstadt erhalten - von der Allgemeinheit finanziert werden.
Und er wurde noch deutlicher: Die Misere der Frankenwaldgruppe hätten nicht die Wasserabnehmer verursacht, vielmehr sei dafür eine Menge von Fehlentscheidungen in der Vergangenheit verantwortlich.
Der Steinwiesener Bürgermeister, Gerhard Wunder, war der Einzige, der eine Alternative vorschlug. Demnach soll die Frankenwaldgruppe einen Kredit aufnehmen, um die erforderliche Summe für die Sanierung der Fernleitungen und Hochbehälter zu haben und um als Härte fall anerkannt zu werden.
Schlimmer als vermutet
Stefan Ströhlein vom Ingenieurbüro SRP sprach von einem 91 Kilometer langen Leitungsnetz und von 2500 Hausanschlüssen, die älter als 25 Jahre sind. Es sei alles schlimmer als vermutet, brachte er den Sanierungsbedarf auf den Punkt. Baumgärtner wies darauf hin, dass nach Bekanntgabe der Zahlen der Steinbacher Bürgermeister Klaus Löffler die "Reißleine" gezogen und ihn gebeten habe, den Vorsitz zu übernehmen. Der Tettauer Bürgermeister, Peter Ebertsch, meinte, dass die Gemeinden auch ihren Beitrag leisten müssten.Baumgärtner hat nun nur noch wenige Tage Zeit, die Gemeinden von seinem Vorschlag zu überzeugen. Sollten diese dem Sanierungskonzept nicht zustimmen, wird am 27. November die Zweckverbandsversammlung die Entscheidung über die Zukunft der Frankenwaldgruppe treffen.
Kommentar
Desinteresse ist hier fehl am Platz
Die nächsten Tage werden spannend. In den Sitzungen der betroffenen Gemeinden werden die Räte über die Investitionskostenbeiträge entscheiden müssen. Als normaler Bürger kann man teilweise nur den Kopf schütteln, wenn manche Kommunalpolitiker am Mittwochabend Erstaunen über die Situation der Frankenwaldgruppe äußerten und sich nicht in der Lage sehen, jetzt eine Entscheidung zu fällen.
Daraus ist zu folgern, dass sich die meisten Bürgermeister und Gemeinderäte nicht für das Thema Wasserversorgung interessierten.Sicherlich wäre es für einige Mandatsträger am besten, so weiterzumachen wie bisher. Kopf einziehen, sich nicht mit dem schwierigen Thema befassen und den Bürgern jedes Jahr eine Wasserpreiserhöhung schicken, mit dem Hintergedanken, dass dieser die Erhöhungen gar nicht registriert beziehungsweise diese ohne zu Murren hinnimmt.
Sicherlich ist ein Gemeinderat ein Ehrenamt, aber wenn man so ein Amt innehat, sollte man auch öfter kritisch hinterfragen, vor allem, wenn es um Themen der Daseinsvorsorge geht. Und vor allem sollte man es wie Jürgen Baumgärtner machen, offen damit umgehen und nicht darüber hinter verschlossenen Türen diskutieren. Und was die Bürger betrifft, die sind schon bereit, für entstehende Kosten mit aufzukommen.
Aber sie müssen wissen, warum und wofür sie etwas bezahlen. Außerdem werden die Bürger schon jetzt zur Kasse gebeten, in Form von nahezu 100 Prozent höheren Wasserpreisen gegenüber ihren Mitbürgern in der gleichen Gemeinde.