Virtuelle Hochschulreife: Neukenrother lernt im Netz

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Gemeinsam mit der Lehrerin Dorothea Elsel bereitet Jonas Barnickel sich an der Virtuellen Berufsoberschule Bayern auf sein Fachabitur vor. Der Vorteil: Nebenbei kann der Neukenrother in seinem Job als Werkzeugmacher Geld verdienen. Foto: Veronika Schadeck
Gemeinsam mit der Lehrerin Dorothea Elsel bereitet Jonas Barnickel sich an der Virtuellen Berufsoberschule Bayern auf sein Fachabitur vor. Der Vorteil: Nebenbei kann der Neukenrother in seinem Job als Werkzeugmacher Geld verdienen. Foto: Veronika Schadeck

Wenn der 21-jährige Jonas Barnickel zuhause an seinem Computer sitzt, dann ist das vor allem eines: harte Arbeit. Der Neukenrother macht derzeit an der Virtuellen Berufsoberschule Bayern sein Fachabitur. Seine Lehrer kann er nur hören.

Neukenroth Jonas Barnickel hat seinen Weg gefunden. Er verdient nämlich Geld und bereitet sich gleichzeitig auf das Fachabitur vor. Der Neukenrother ist derzeit Schüler der Virtuellen Berufsoberschule Bayern (VIBOS). Unterrichtet wird der 21-Jährige unter anderem von einer gebürtigen Kronacherin, nämlich von Dorothea Elsel.
Online lernen könne man immer, zu jeder Tageszeit und an jedem Ort, sogar mit dem Schlafanzug, erzählt Jonas Barnickel begeistert. Bei ihm ist das meist am Abend der Fall, denn tagsüber geht er seinem Job als Werkzeugmechaniker bei Rauschert Steinbach nach.

Ein Jahr hat der junge Mann nun hinter sich. Er ist zuversichtlich, dass er 2016 die virtuelle Berufsoberschule mit Erfolg abschließen wird. Danach will er Maschinenbau studieren oder ein duales Studium in Angriff nehmen.
Zwischen drei und sechs Stunden sitzt er während der Woche am PC, setzt sich mit dem Unterrichtsstoff auseinander.
Zwischendurch ist er Schüler im virtuellen Klassenzimmer. "Das ist fast wie ein normales Klassenzimmer." Vorn an der Tafel stehen sein Lehrer beziehungsweise seine Lehrerin und bringen ihm voller Elan die Lerninhalte von Fächern wie Deutsch, Englisch, Mathematik näher. Sehen können die Lehrer Jonas Barnickel nicht, auch er kann sie nicht sehen. Aber er kann Fragen stellen. Auch außerhalb der "Unterrichtszeiten" kann Jonas Barnickel sich mit seinen Anliegen per Mail an die entsprechende Lehrkraft wenden. Geantwortet wird immer zeitnah.

Zusätzlich lernt Jonas Barnickel auch an den Wochenenden. Einmal pro Monat fährt er am Samstag nach Erlangen, um sich mit seinen "Klassenfreunden" auszutauschen, aber auch um den Unterrichtsstoff zu vertiefen. Außerdem pflegt er an solchen Tagen die persönlichen Kontakte zu seinen Lehrern.

Für den Werkzeugmechaniker ist die "VIBOS" optimal. Er könne studieren und nebenbei Rücklagen für sein Studium bilden. Er habe relativ wenig Fahrtkosten, keinen Verdienstausfall und wenn er einen Lerninhalt auf Anhieb nicht verstehe, könne er sich in Ruhe nochmals damit auseinandersetzen und auf die Unterstützung des jeweiligen Lehrers zählen.


Man bekommt nichts geschenkt!

Leicht ist das Ganze jedoch nicht, erklärt er. So ein Studium an der "VIBOS" und im virtuellen Klassenzimmer erfordern viel Disziplin, Leistungsbereitschaft und Willensstärke. "Man bekommt nichts geschenkt!"

Dorothea Elsel nickt zustimmend. Die 54-Jährige war von Anfang an mit dabei. Sie entwickelte Ende der 90-er Jahre die Strukturen und die Unterrichtsmaterialien mit, die anschließend vom Bayerischen Kultusministerium abgesegnet wurden. "Es war damals eine Pionierarbeit!" Ihr Engagement für die Schaffung der Virtuellen Berufsoberschule begründete sie mit Neugierde und einem gewissen Reiz. "Ich wollte damals wissen, ob virtueller Unterricht möglich ist!" Mittlerweile ist sie Bereichsleiterin für die Verwaltung der "VIBOS".

Elsel betont während des Gespräches immer wieder, dass die "VIBOS" keine Konkurrenz zur FOS am Rennsteig oder zu seiner staatlichen Fachoberschule ist. Denn, alle Interessenten und Schüler haben die mittlere Reife und müssen eine abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen.

In der Regel sind die Schüler an der "VIBOS" zwischen 20 und 25 Jahre alt. Natürlich komme es vor, dass auch Ältere mit dabei sind. Auch nutzen Väter und Mütter während ihrer Elternzeit diese Bildungsmöglichkeit. Nicht ohne Stolz erzählt Elsel, dass unter den Schülern auch eine junge Frau war, die ihren Lebensmittelpunkt in Amerika hatte.

Ihr mache es unheimlich Spaß, an der VIBOS zu unterrichten, denn "die Leute sind hochmotiviert". Für Dorothea Elsel ist es jedes Mal ein gutes Gefühl, wenn sie ihre Schützlinge bei der offiziellen Verabschiedung ihre Fachabiturzeugnisse aushändigen kann. Immerhin liegt die Erfolgsquote zwischen 75 und 80 Prozent. Diese richtet sich, so Elsel, nach der Zahl der Schüler, die tatsächlich an den Fachabiturprüfungen teilgenommen haben.