Spielspaß kommt vom Rennsteig in Tettau
Autor: Marco Meißner
Tettau, Freitag, 10. Oktober 2014
In Essen werden der Öffentlichkeit bald Hunderte neuer Brett- und Kartenspiele präsentiert. Eine ganze Reihe davon stammt aus Tettau.
Nosferatu wetzt seine Zähne, Zombies torkeln über die Straßen - und gleich daneben lacht sich der Drache Kokosnuss eins. Nein, hier wird nicht gerade durchs Fernsehprogramm gezappt! Hier wird fleißig gearbeitet. Die Karten und Bretter auf denen die seltsamen Konterfeis zu sehen sind, verschwinden bald in ihren Schachteln.
Dafür sorgen die Mitarbeiter von Spindler Kartonagen. Dann sind die Spiele bereit für die Abfahrt ins Ruhrgebiet. Dort warten nämlich verschiedene Verlage bei den Internationalen Spieltagen in Essen auf die Lieferung aus Tettau.
"Seit gut 35 bis 40 Jahren befassen wir uns mit der Produktion von Spielen", erklärt Johanna Spindler. Ihr Großvater hatte die Kartonagen-Fabrik im Jahr 1927 gegründet. Heute ist die Enkelin in dritter Generation Mitinhaberin des Familienunternehmens, das in der Spiele-Produktion ein wichtiges Standbein gefunden hat.
Komplettes Paket im Angebot
"Das ist eine Verkaufsmesse", unterstreicht Johanna Spindler, dass dafür ganz andere Stückzahlen angefordert werden, wie etwa für die Messe in Nürnberg, wo nur Fachpublikum Einlass findet. "Da herrscht bei allen Lieferanten ein Hype", weiß Johanna Spindler.
In Tettau werden nicht nur die Schachteln für die Spiele hergestellt. Die Firma bemüht sich vielmehr, ihren Kunden das komplette Paket anbieten zu können. Stanzteile, Karten, Spielpläne, Inlays und in Kooperation mit Partner Holz- oder Plastikteile finden ihren Weg in die Boxen.
Die Kundschaft selbst ist breit gestreut. Drei, vier große Verlage sind als Stammkunden dabei, aber auch kleiner Verlage, die nicht jedes Jahr ein Spiel herausbringen oder Branchenneulinge und Kleinstverlage lassen am Rennsteig produzieren. "Die Spiele autoren kennen sich untereinander und geben Adressen weiter", erklärt die Mitinhaberin, dass die Mund-zu-Mund-Propaganda die beste Werbung für ihre Firma sei. Allerdings gehe man auch selbst auf mögliche Kunden zu.
200 000 Stück vom "kleinen Gespenst"
Wenn man bei Spindler über Verkaufsmengen für Spiele redet, dann fällt die Größenordnung sehr unterschiedlich aus. Ein Mitbringspiel, dass man hergestellt hat, ging beispielsweise mit 12 000 Exemplaren in der ersten Charge über das Band. Aktuell läuft das Spiel zur Fernsehserie "The Walking Dead" - aufwendiger zu produzieren und an ein erwachsenes Publikum gerichtet - in einer 7000er-Auflage.
Ein Spiel wie "Das kleine Gespenst" sprengt diesen Rahmen. "Es war ja Kinderspiel des Jahres 2005", weiß Johanna Spindler, dass sich dieses Prädikat auch in der Auflagenzahl niederschlägt. "Wir haben 200 000 Stück davon gefertigt", erinnert sie sich.
46 Kräfte sind bei Spindler fest angestellt. Um in der Hochsaison jedoch das Pensum bewältigen zu können, werden in dieser Phase noch einmal zehn bis 20 Mitarbeiter eingestellt.
Mechaniken des Spiels
Gerade in der jetzigen heißen Phase ist die Zeit, sich selbst an den Spieltisch zu setzen, im Hause Spindler knapp bemessen. Doch wenn sie Platz dafür im Terminkalender findet, greift Johanna Spindler gerne zu Würfel, Karten und Spielfiguren. Wenn sie spielt, geht es ihr auch nicht nur darum, die Produktionsweise eines Spieles zu prüfen. Sie hat vielmehr ein Auge darauf, welche Mechaniken ein Spiel zu bieten hat.
Johanna Spindler spielt nämlich leidenschaftlich gerne. "Da ist schon ein Drang dazu zu spüren", betont sie. Und am Spieltisch komme das Kind in den Erwachsenen durch, wie kaum anderswo.
Ein Lieblingsspiel hat die Tettauerin übrigens auch, einen echten Klassiker - "Carcassonne". Und bei diesem Dauerbrenner durften Spindler Kartonagen auch schon in der Produktion mitwirken.