Druckartikel: "So ist der Buß- und Bettag ein Schmarrn"

"So ist der Buß- und Bettag ein Schmarrn"


Autor: Marco Meißner

Kronach, Dienstag, 18. November 2014

Der Buß- und Bettag ist nur für die Schüler "arbeitsfrei". Das stellt berufstätige Eltern auch im Kreis Kronach vor Herausforderungen. Die evangelische Kirche bedauert die Abschaffung "ihres" Feiertags vor 20 Jahren ebenfalls.
Das Kind bleibt daheim, aber Mama muss zur Arbeit: Was Anja Schlee-Assion durch einen Tag Urlaub am Buß- und Bettag vermeiden kann, stellt manche Eltern vor Probleme. Fotos: Marco Meißner


Vor 20 Jahren hatten es Eltern einfach. Wenn Buß- und Bettag war, waren sie bei ihren Kindern zu Hause. 1994 wurde jedoch beschlossen, diesen Feiertag ab dem Folgejahr zu kippen. Nur eben nicht für die Schüler. Doch was tun mit dem Nachwuchs, wenn die Eltern auf die Arbeit gehen müssen?

"Ich habe glücklicherweise Urlaub bekommen", stellt Anja Schlee-Assion fest. Sie ist wie ihr Mann Bernd Assion berufstätig, ihre Tochter Nele (6) geht derweil in der erste Klasse der Lucas-Cranach-Schule. Hätte es mit dem Urlaub nicht geklappt, hätte sie noch auf den Kinderhort zurückgreifen können. Doch solche Möglichkeiten gibt es nicht überall im Landkreis. "Dann bleibt einem eigentlich nur, dass eine Oma aushilft", kennt Anja Schlee-Assion diese Schwierigkeiten.




Urlaubsplanung schon schwierig genug

Für Eltern sei die Urlaubsplanung auch ohne bürokratische Stolpersteine schwierig genug. Rund 14 Wochen Ferien müssen abgedeckt werden, Mann und Frau wollen trotzdem auch mal zusammen frei haben, und man muss Rücksicht auf die Schulzeiten nehmen, wenn die Familie in den Urlaub fahren will. Dieses ganze Planungskonstrukt muss dann noch mit den Arbeitskollegen eingetaktet werden. Kein leichtes Unterfangen. Und schließlich muss auch noch ein Urlaubstag "verheizt" werden.

Für die Bankangestellte ist die derzeitige Regelung am Buß- und Bettag daher Humbug. "Entweder es gehen alle in den Feiertag oder keiner!", meint Anja Schlee-Assion. "Alles andere ist Schmarrn!"


Interesse sogar gestiegen

Die evangelische Dekanin Dorothea Richter hat Verständnis für die Probleme der Eltern, aber auch für die der Kirchgänger: "Im Öffentlichen Dienst ist es vermutlich leichter möglich, an diesem Tag frei zu nehmen, in der übrigen Berufswelt wohl eher nicht." Deshalb würden die evangelischen Kindergärten im Dekanat im Bedarfsfall mit Notgruppen arbeiten und zusätzliche Gottesdienste angeboten, um niemanden im Regen stehen zu lassen.
Generell hätte Richter den Buß- und Bettag gerne als feste Auszeit zum In-sich-Gehen im Kalender behalten.

"Buße heißt Besinnung", erklärt sie die Bedeutung dieses Tages. Es gehe um ein Umdenken und die Umkehr zu Gott. Dafür bestehe im Alltag genug Bedarf, ist sie überzeugt. Deshalb freut sie sich über die Reaktion der Gläubigen auf die Abschaffung des Feiertags. "Todgesagte leben länger", lautet ihr Fazit. "Wir erleben seit seiner Abschaffung eine größere Nachfrage nach dem Buß- und Bettag als davor." Darum biete man in Kronach neben einem Gottesdienst um 9.45 Uhr mit dem Blick auf die Werktätigen einen ökumenischen Gottesdienst in Neuses (18.30 Uhr) und einen Abendgottesdienst in Gehülz (19 Uhr) an. Für die Präparanden wird dieser Tag von Pfarrer Martin Gundermann als Thementag gestaltet, an dem eine besondere Möglichkeit besteht, die Gemeinschaft zu erleben.

"Wir haben sehr viele Menschen in der Kirche, die nicht einfach blind weitermachen, sondern ihren Weg überdenken", freut sich Richter, dass der Hintergrund des Buß- und Bettags auch ohne Feiertags-Charakter erhalten bleibt. Ganz persönlich wünscht sie sich, dass dieser Tag genutzt wird, um für den Frieden zu beten. Man dürfe nicht nur beiläufig Bilder aus Kriegsgebieten zur Kenntnis nehmen und die Opfer nur in Statistiken wahrnehmen.