An der Bundesstraße 85 in Stockheim soll eine Rastmöglichkeit entstehen. Die Nachbarschaft läuft Sturm gegen dieses Vorhaben. Der Bürgermeister versucht die Gemüter zu beruhigen, die eine Art "Autohof" hinter dem Projekt vermuten.
Rudi Daum traut sich heute kaum noch, das Fenster zu öffnen. Der Dieselgestank, der Dreck der Abgase, Tausende Lastwagen und Autos jeden Tag und dazu noch das Rattern der Güterzüge. Damit hat er über die Jahre zu leben gelernt. Doch jetzt ist für ihn das Fass am Überlaufen.
An der Bundesstraße 85 soll ein Schnellrestaurant entstehen - seines Wissens mit Rastmöglichkeit für Brummis. Für ihn ein Unding. Und auch für seine Nachbarn, die mobil machen. "Man muss die Leute wieder auf den Boden der Tatsachen zurückführen!", betont der frühere Landtagsabgeordnete mit Blick auf die Entscheidungsträger in der Gemeinde.
"Es wird immer so hingestellt, als ob die B 85 mit diesem Bauprojekt nichts zu tun hätte, aber die Grundbelastung durch die Straße kann nicht außer Acht gelassen werden", wettert sein Sohn Christof Daum.
Schließlich würde der neue Gastronomiebetrieb ohne die Bundesstraße an dieser Stelle gar nicht erst entstehen.
Um so mehr ärgert er sich, dass die betroffenen Bürger seiner Aussage nach überhaupt nicht in den Planungsprozess einbezogen wurden. Dieser münde jetzt offenbar nicht in den Bau eines Schnellrestaurants, sondern vielmehr in eine Art Autohof, den er sonst nur von Autobahnen her kenne. Das in einen Wohnbereich - offiziell ein Mischgebiet - zu pflastern, sei geradezu grotesk. "Dann kann man es gleich Gewerbe- oder Industriegebiet nennen!", meint er.
"Wir fordern nichts weiter, als eine korrekte und objektive Behandlung durch den Gemeinderat unter Einbeziehung der Anwohner", sagt Rudi Daum. Seiner Ansicht nach wäre es nämlich die erste Aufgabe der Gemeinde, Verkehr aus dem Ort herauszubekommen, nicht noch zusätzlichen hineinzuholen.
Unterschriften gesammelt Sein Nachbar Odilo Heinrich Rebhan, der eine Unterschriftenliste der Anwohner vorzeigt, hat für die aktuelle Entwicklung ebenfalls kein Verständnis. "Von Anfang an sind wir nicht informiert worden, auch nicht zu einem Gespräch gebeten worden", schimpft er. Als er uneingeladen bei einem Ortstermin aufgetaucht sei, habe man ihn sogar gefragt: "Ja woher wissen Sie denn davon?" Er habe sogar den Eindruck, dass die Gemeinderäte selbst nicht richtig über das Projekt informiert seien. Was ihn zudem verwundere, sei, dass der Windheimer Investor Daniel Fehn einen alternativen Standort im Gewerbegebiet ihres Wissens nach kategorisch ablehne.
Dabei berge das Vorhaben zum einen viele negative Aspekte für die Menschen, die am nördlichen Ortsende von Stockheim wohnen, und zum anderen erhebliche Gefahrenherde für die Verkehrsteilnehmer.
Rebhan, Rudi Daum, Christof Daum und dessen Frau Eva listen auf, was ihnen seit Monaten auf der Leber liegt. Sie nennen neben der Lärmbelästigung und dem zusätzlichen Dieseldreck durch die dann am Restaurant rangierenden Lastwagen vor allem die Gefahren, welche den Patienten von Christof Daums Arztpraxis beim Überqueren der Straße im Einmündungsbereich zum Restaurant drohten, und die Risiken bei einem Rückstau auf die Bundesstraße.
Droht Verkehrs-Chaos? Von einem drohenden Verkehrs-Chaos ist bei ihnen die Rede, da unmittelbar anschließend an die Parkplätze für die größeren Fahrzeuge ein Kreisel als Zufahrt und Wendemöglichkeit dienen solle. Daher halten sie Rückstauungen auf die B 85 für sehr wahrscheinlich.
Ganz zu schweigen sei vom Wertverlust, der auf die Haus- und Grundbesitzer zukomme, und vom Verlust an Lebensqualität. "Warum soll man auf dem Land bleiben, wenn alle ländlichen Qualitäten verkauft werden?", fragt Christof Daum.
Die Kritiker ziehen auch in Zweifel, dass durch die neue Gastronomie nennenswerte Arbeitsplätze geschaffen werden. "Man soll nicht so tun, als ob da ein Arbeitsbeschaffungs-Programm laufen würde", stellt Rebhan klar.
Rudi Daum hält es sogar für wahrscheinlicher, dass die ortsansässigen Metzger und Bäcker am Ende die Zeche zahlen und Einbußen in Kauf nehmen müssen. Und das geht für den erfahrenen Ex-Politiker überhaupt nicht, denn: "In erster Linie muss man an seine eigenen Bürger denken!"
Bürgermeister gibt Entwarnung Bürgermeister Rainer Detsch (FW) hat Verständnis
dafür, dass die Anwohner im Norden Stockheims Vorbehalte gegen den Bau des Schnellrestaurants haben. Den Vorwurf, dass sie übergangen und ihre Kritikpunkte ignoriert worden seien, will er aber nicht stehen lassen. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht", spricht er von ausgiebigen Diskussionen im Ratsgremium.
Das Projekt, dass sich derzeit in der Phase der zweiten öffentlichen Anhörung befinde, sei intensiv beleuchtet worden. Auch seien die Anlieger und Ratsmitglieder in der Diskussion keineswegs außen vor geblieben. Beim Ortstermin seien die Anwohner natürlich willkommen gewesen. "Es hat damals sehr konstruktive Gespräche gegeben - auch mit dem Investor", erinnert sich Detsch an die Schilderungen des Zusammentreffens.
Er selbst habe bei diesem Termin leider nicht anwesend sein können.
Unter dem Strich gehe es aber darum, die Gemeinde bestmöglich zu entwickeln - gerade auch im Hinblick auf junge Leute und junge Familien. "Da muss man als Gemeinde eben entscheiden, was uns als Gemeinde vorwärts bringt", sagt Detsch. Die Entscheidung für das Schnellrestaurant sei auch über die Parteigrenzen hinweg getroffen worden.
Freilich habe man Investor Daniel Fehn ein alternatives Grundstück mit verkaufswilligen Besitzern im Gewerbegebiet nördlich des Lidl-Marktes angeboten. Doch wenn der Investor diesen Standort nicht wolle, müsse man das eben akzeptieren. "Es ist seine persönliche Entscheidung und sein Risiko, wo er hingeht", betont Detsch.
Dass durch den Standort ein Verkehrs-Chaos entstehen wird, sei den Gutachten zufolge nicht zu befürchten.
Von 200 Fahrzeugen mehr sei darin die Rede - bei bislang 11.000 Fahrzeugen pro Tag auf der B 85 in diesem Bereich. Und vielleicht blocke das Restaurant sogar noch einen Teil des Bahnlärms ab, gibt Detsch zu Bedenken. Auf jeden Fall sieht er keinen Anlass, an den Stellungnahmen der Fachbehörden zu zweifeln. "Das Landratsamt zum Beispiel geht nicht lax mit so einer Situation um. Im Gegenteil, da ist man sehr sorgfältig", betont er.
Grundstück braucht Nutzung Auch, wenn er bei seiner nächsten Einschätzung etwas spekulieren muss, geht Detsch nicht davon aus, dass das Restaurant im Norden von Stockheim zu einem "Autohof" mutieren wird, auf dem ein Brummi nach dem anderen einrollen wird. "Geplant sind da fünf Parkbuchten von zehn Metern Länge", erklärt der Bürgermeister. Für den Schwerlastverkehr seien diese Stellplätze wohl ziemlich uninteressant.
Er vermutet als Zielgruppe mehr die Fahrer von Kleinlastern, die schnell mal Brotzeit machen wollen, oder Busgruppen, die nach einem Imbiss suchen. Und gerade für letztere Zielgruppe gebe es im gesamten Haßlachtal nicht viele Alternativen.
Das Schnellrestaurant habe aus Sicht der Gemeinde daher schon eine gewisse Attraktivität, zumal dadurch über 20 Jobs geschaffen würden. Ganz zu schweigen von den Gewerbesteuereinnahmen, die in der Region blieben. Ferner müsse das ausgewählte Grundstück aus Gemeindesicht ohnehin über kurz oder lang einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Und ob Alternativen wie ein Fitness-Studio mit Rund-um-die-Uhr-Betrieb für die Anwohner angenehmer wären, bezweifelt der Bürgermeister stark.
Auch wir leben seit Jahren an einem sog. Lärm Hotspot, allerdings ganz ohne Schnellrestaurant, dafür aber auch mit Bundesstrasse. Nachdem weder Polizei noch Politik in der Lage oder Willens sind, hier Abhilfe zu schaffen, muss man halt mit dem Lärm leben. Nicht nur, dass wir den ganzen Tag die Lärmkulisse der Bundesstrasse haben, hinzu kommt vor allem am Wochenende (im Sommer jeden Tag) Schreierei, laute "Musik" mit viel Bassgewummer, Türenschlagen, durchdrehende Reifen, quietschende Vollbremsungen und und und. Beispielsweise am "stillen Feiertag" Karfreitag, als von ca. 23.00 Uhr bis nach 1.00 Uhr die Bässe so laut wummerten, dass in meiner Vitrine die Gläser und Teller klirrten.
Aber wie wurde mir mal von einem ehemaligen Stadtoberhaupt gesagt "Stellen Sie sich mal nicht so an, die jungen Leute müssen auch wo hin". Deswegen kann ich den Anwohnern in Stockheim nur raten, sich mit der Situation abzufinden, denn tatsächlich helfen wird ihnen keiner, weder Polizei noch Politik.