Schnauz-Kartler Kronach: Wer drei Mal verliert, schwimmt!
Autor: Sonny Adam
Wallenfels, Mittwoch, 12. Februar 2014
Immer sonntags, wenn die Frauen am Herd stehen und das Mittagessen vorbereiten, treffen sich im "Home Rudl" bei der Familie Mähringer in Wallenfels die Schnauz-Kartler.
Gemütlich sitzen die Kartler an ihrem Stammtisch in Wallenfels. Auf dem Tisch stehen fast ausschließlich Wassergläser, der ein oder andere trinkt aber auch ein Bier. Auf dem Tisch liegen ein paar Fünfzig-Cent-Stücke. Jeder hält ein paar Karten in der Hand. "Also so ein Blödmann. Was macht denn der Blödmann da?", stänkert plötzlich einer der Kartler lautstark los. Nicht böse, sondern zünftig geht es beim Schnauz-Club in Wallenfels zu.
"Ich bin doch eh schon geschwommen", jammert der Kartler. Und dann stimmen die anderen auch schon das Hohn-Lied an: "Draußen im Wald, hods a kloans Schnierla gscheit", draußen im Wald..." Damit ist das Spiel für den armen Schnauzer vorbei und er kann nur noch zuschauen, wie die anderen Runde um Runde weiterkarten und den Sieger ausspielen.
Seit einem halben Jahrhundert wird im "Home Rudl" geschnauzt, erzählt der Vorsitzende Hans Stumpf-Kraus.
Schnauz geht mit deutschen oder französischen Karten
Einst war das Kartenspiel, das auch unter den Namen "Einunddreißig" oder "Schwimmen" bekannt ist, weit verbreitet. Mancherorts heißt das Spiel auch "Wutz", "Knack", "Bull". Aber die Wallenfelser bleiben bei ihrem Namen "Schnauz", denn er ist Tradition und klingt auch gut.
Man braucht nicht viel, um zu schnauzen. Schnauz geht mit deutschen oder französischen Karten - je nach Lust und Laune. Aber die Wallenfelser Schnauzer bleiben natürlich den deutschen Spielkarten treu.
Und dann ist alles ganz einfach: Jeder Spieler bekommt drei Karten und versucht im Laufe des Spiels durch den Tausch von Karten 31 zu erreichen oder eben, falls einer den Schnauz hat, nicht mit möglichst wenigen Punkten in der Hand dazustehen.
Beim Spiel zählt ein Ass elf Punkte, die Bildkarten König, Dame, Bube werden mit zehn Punkten gewertet. Ein Schnauz kann also aus einem As und je zwei Bildkarten derselben Farbe bestehen. Allerdings kann man auch durch Sammeln von Karten punkten. Und zudem kann geschoben oder geklopft werden.
Drei Siebener, drei Damen oder ähnliche Karten-Trios werden mit 30,5 Punkten honoriert - und damit ist man zwar nicht der absolute Sieger, aber auf jeden Fall auf der Gewinnerseite.
Wer drei Mal verliert, der schwimmt, erklären die Schnauzler. Das bedeutet: Es gibt noch eine letzte Chance für den Schwimmer, ist er dann wieder der letzte, dann fliegt er raus. "Er ist untergegangen", nennen die Schnauzler das.
"Es geht nicht ums Geld"
Die Wallenfelser Kartler haben einen festen Einsatz: Gespielt wird um drei mal 50 Cent. "Es geht ja nicht ums Geld, sondern um die Geselligkeit", erklärt Adolf Weiß und schmunzelt. Denn ihm wurden auf Anhieb eine Herz-As, eine Zehn und ein Herz-König in die Hand gegeben, damit hat er das Spiel für sich entschieden und kommt dem Anführer Günther Köhler auf die Spur.
Michael Müller (57), der Youngster am anderen Ende des Tisches schimpft, wie denn so was passieren kann. Michael Müller hat noch keinen einzigen Punkt in diesem Jahr gemacht. "Seit zehn Jahren geht das so", sagt Müller. Aber er gibt trotzdem die Hoffnung nicht auf, dass er irgend wann doch noch punkten kann.
Auch Walfried Schmittnägel (67) lacht. "Ich bin seit 25 Jahren dabei, aber es geht ja eigentlich um die Kameradschaft", verrät er. Eine Partie Schnauz dauert ungefähr eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten. "Früher haben wir mehr Bier getrunken, aber heute nicht mehr", sagt Schmittnägel.
Und eigentlich sind die Herren der Schöpfung auch pünktlich um kurz nach 12 Uhr zum Mittagessen zu Hause. Denn früher gab es für sie auch an manchem Sonntag kein Mittagessen mehr, wenn es zu spät geworden ist. Und einmal, erzählen die Schnauzer, hat sogar eine Ehefrau das Mittagessen in die Wirtschaft gebracht und dem Mann auf den Tisch geknallt hat, weil er eben nicht heimkam.
"Frauen sind nicht erlaubt"
Aber heute ist man aus der Sturm und Drang-Phase raus - alles wir mit Maß und Ziel betrieben. Helmut Köstner (67) ist seit 26 Jahren beim Schnauzen mit von der Partie. "Frauen sind nicht erlaubt", lacht er - zumindest nicht bei den Spielen. Doch das Geld, das die Schnauzler so er-spielen wird dazu genutzt, um essen zu gehen, um kleine Ausflüge zu machen - und da sind die Damen natürlich herzlich willkommen.
In den Hochzeiten des Schnauzens hatte der Schnauz-Club in Wallenfels 18 Mitglieder und mehr und man spielte in zwei Runden. "Wir haben damals dann beschlossen, dass wir einstimmig beschließen müssen, wer zu uns passt und wer aufgenommen wird", erinnert sich der Vorsitzende Hans Stumpf-Kraus noch ganz genau.
Heute würde der Schnauz-Club gerne noch ein paar Männer aufnehmen. Und grundlegende Schnauz-Kenntnisse sind nicht erforderlich, denn Schnauz ist wirklich ein Spiel, das jeder schnell erlernen kann. "Ein Schnauzer muss halt zu uns passen", sagt auch Karl-Heinz Simon (68). Er ist seit 18 Jahren mit von der Partie und freut sich schon immer auf die Kartel-Runden.
Derzeit ist Günther Köhler (61) mit elf Punkten unumstritten ganz vorne. "Ich hab auch schon mal den Pokal gewonnen", sagt Köhler und hofft, dass das Jahr so weitergeht.
Die Schnauzler in Wallenfels haben einen festen Ehrenkodex. So bekommen Schnauzler, die Beichtjubiläum feiern, 50 Euro aus der Vereinskasse, zum Geburtstag gibt es 35 Euro und für runde Geburtstage sogar 75 Euro, verrät der Kassierer Adolf Weiß. Wenn ein Schnauzler mal ins Krankenhaus muss, bekommt er zehn Euro als kleinen Trost.
(Fast) Jeder ist mal Vorsitzender
Weiß ist übrigens Kassierer auf Lebenszeit - und damit ist er auch der einzige, der als Vorstand nicht ran muss. Derzeit ist Hans Stumpf-Kraus der Vorsitzende, jedes Jahr wird gewechselt - dem Alter entsprechend. Und noch eine Tradition hat sich etabliert: Einmal im Jahr, zur Versammlung der Schnauzer, spendiert die Wirtin ein Mittagessen für alle.
Die Schnauz-Kartler bleiben aber nicht nur im Wirtshaus sitzen, sie erkunden auch die Welt - und ganz Wallenfels ist dabei mit von der Partie, denn die Ausflüge des Schnauz-Clubs sind legendär. In diesem Jahr soll es nach Quedlinburg im Harz gehen und die Schnauzler wollen auf den Spuren Martin Luthers wandeln.
"Und wir spenden auch immer wieder für gute Zwecke", erklären die Männer einhellig und wollen noch lange ihrem Hobby am Sonntagvormittag frönen. Denn eins ist klar: Zu alt zum Schnauzen ist keiner. Und das nächste Event steht auch schon an: das Fischessen am 15. März.