Immer häufiger sorgt Starkregen auch im Landkreis Kronach für überlastete Kanäle und überflutete Keller. Wer steht dann in der Pflicht - die Kommune oder der Privatmann? Wir haben nachgefragt.
Der Herbst steht vor der Tür. Die Blätter fallen. Es beginnt zu regnen. Plötzlich platschen dicke Tropfen auf den Asphalt. Der Regen geht in Hagel über. Es dauert nicht lange, und das Wasser sprudelt aus dem Kanal. Der eigentliche Schrecken erfasst die Hausbesitzer jedoch beim Gang in den Keller. Knietief steht das kühle Nass in den Räumen.
Solche Schreckmomente erleben die Menschen im Frankenwald immer häufiger. Nicht nur bei Herbststürmen fließt Oberflächenwasser in ihre Keller und staut sich Abwasser aus den Kanälen zurück ins Gebäude. Dann wird der Ruf nach der Kommune laut, sie solle doch ihre Kanäle größer dimensionieren.
Letztlich steht aber der Hauseigentümer selbst in der Pflicht.
Verschiedene Faktoren "Bei überfluteten Kellern ist zunächst immer erst die Frage: Woher kommt das Wasser?", erklärt Peter Maaß, Leiter der Kronacher Stadtwerke. Stammt es aus dem Kanal oder ist es Oberflächenwasser? Nach Maaß' Erfahrung kommt es bei Starkregen oft zu einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Woher das Wasser stamme, müsse man in jedem Fall individuell sehen. Im Härtefall könne es auch zu einem Hochstauen durch die Kanaldeckel kommen, aber selbst dann sieht Maaß die Stadt nicht in der Haftung. Die Kanäle würden nach einer europaweit gültigen Norm bemessen. Diese reiche aber nicht aus, um die hohe Erwartungshaltung der Bürger immer zu erfüllen.
"Fast alles im Kanal abzuleiten - das könnte sich niemand leisten", versichert Maaß.
Prinzipiell ist es die Aufgabe des Anliegers, sich gegen das ins Haus eindringende Wasser zu schützen, wie er feststellt. Ein Rückstau im Kanalsystem ist nach Maaß' Auffassung nicht in jedem Fall zu vermeiden. Diese These unterstützt auch ein Regelwerk der DWA (siehe Informationen unten). Darin wird festgehalten, dass Kanäle nicht so groß ausgelegt werden können, dass sie jeden Starkregen schlucken.
Die Folge laut Maaß: "Die Verantwortung für die Sicherung liegt beim Eigentümer des Gebäudes." Diesem bleibt also nur der Einbau von Rückstau-Sicherungsanlagen. "Im Grunde sind die wie eine automatische Klappe", erklärt der Stadtwerke-Leiter.
Stadtwerke geben gerne Ratschlag Auch aus seiner subjektiven Sicht bekommt das Thema Starkregen eine zunehmend größere Bedeutung. Neben den häufigeren Unwettern spielt dabei auch die veränderte Infrastruktur in den Kommunen eine Rolle. So geht durch Freiflächen, die neu bebaut werden, natürlich auch Raum für das Versickern des Regenwassers verloren. Dieses Wasser bedeutet dann eine zusätzliche Belastung für die Kanalisation.
Welche Schutzmaßnahmen erforderlich, möglich und finanziell vernünftig seien, müsse man von Gebäude zu Gebäude im Einzelfall prüfen, so Maaß. Die Stadtwerke stünden den Bürgern dabei gerne beratend zur Seite. Wenn es um die Planung und Umsetzung der Maßnahmen gehe, müsse allerdings ein Fachmann eingeschaltet werden.
Da sich Wasser oft seinen Weg suche, müsse letztlich auch klar sein: "Ab einem gewissen Punkt kann man sich nicht mehr in einem vernünftigen Kostenrahmen gegen alles schützen. Manche Gebäude liegen einfach günstig, andere wird man nie ganz sichern können."
Viel Arbeit für die Feuerwehren Starkregen bedeutet nicht nur für die Bewohner von nicht richtig gesicherten Häusern oft einen Großeinsatz, sondern auch für die Feuerwehren. Wenn die Keller unter Wasser sind, steht das Telefon der Integrierten Leitstelle nicht mehr still.
"Grundsätzlich nehmen die Starkregen-Ereignisse zu. Das beobachten wir schon seit fünf Jahren", stellt der Kronacher Feuerwehrkommandant Martin Panzer fest. Ebenso bemerkt er, dass der Starkregen meist punktuell auftrete.
Besonders betroffen seien oft die Leute, die schon lange in einem Haus wohnten und nichts daran machen ließen, weil zuvor ja nie etwas passiert sei.
Teilweise seien Verstopfungen schuld, wenn das Wasser im Haus stehe, oft aber sei es ein Rückstau aus dem Kanal. Deshalb rät Panzer, die Sicherungseinrichtungen und die Hausanschlüsse prüfen zu lassen. So ließe sich mancher Einsatz der Feuerwehr vermeiden. Und Starkregeneinsätze bedeuten laut Panzer einen hohen Aufwand an Personal, Material und Fahrzeugen.
Wie schlimm es im Ernstfall werden kann, macht Panzer an zwei Beispielen fest. Am Kehlgraben habe sich das Wasser einmal den Weg durch einen Keller gebahnt - auf der einen Seite rein, auf der anderen wieder raus. Dabei erreichte es eine Höhe von eineinhalb bis zwei Metern. In einem anderen Fall wollte die Wehr gerade in einem Restaurantkeller abpumpen, als ein weiterer Starkregen einsetzte.
"In Sekunden stand das Wasser bis unter die Decke", erinnert sich Panzer. Den Restaurant-Inhaber habe man im letzten Moment noch durch ein Fenster herausgezogen.
Aus dem DWA-Regelwerk DWA Die DWA hat ein Regelwerk erstellt, das sich mit der Grundstücksentwässerung befasst. Die DWA ist die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall. Sie ist ein eingetragener Verein und "in Deutschland Sprecher für alle übergreifenden Wasserfragen", wie sie selbst in ihrem mehrteiligen Schriftstück unterstreicht. "Die rund 14 000 Mitglieder repräsentieren die Fachleute und Führungskräfte aus Kommunen, Hochschulen, Ingenieurbüros, Behörden und Unternehmen."
Kanal Punkt 2.2 im fünften Teil des Regelwerks befasst sich mit den Kanälen und Hausanschlüssen.
Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass öffentliche Kanäle "nicht so dimensioniert werden, dass sie jeden außergewöhnlichen Regen einwandfrei ableiten können". Deshalb sei bei starkem Regen auch mit einem Rückstau in den Anschlusskanälen der Grundstücksentwässerung zu rechnen. Weiter heißt es im Regelwerk: "Der Schutz gegen Rückstau erfolgt grundsätzlich durch Abwasserhebeanlagen, Unter besonderen Voraussetzungen kann der Schutz gegen Rückstau mit Rückstauverschlüssen erfolgen."