Am Dienstag enden die Sommerferien in Bayern. Dann warten auch auf die Erstklässler im Kreis Kronach ein neues Konzept, ein neues Denken und ein neuer Lehrplan.
459 Erstklässler starten im Landkreis am Dienstag in ihre Schulzeit. Die wird für sie anders aussehen als für ihre Vorgänger, denn für sie gilt ein neuer Lehrplan. Das umfangreiche Schriftstück legt größeren Wert auf Kompetenzen, weniger auf blankes Wissen.
"Wir mussten damals die Berge mit ihren Meter-Angaben lernen", erinnert sich Schulamtsdirektor Uwe Dörfer an seine eigene Kindheit. "Heute müsste man als Kompetenz vielleicht eher wissen, wie man diese Dinge möglichst schnell recherchiert. Und man muss dieses Wissen auch entsprechend auf andere Situationen anwenden können", macht er die Linie des neuen Lehrplans greifbarer.
Auf den Punkt gebracht bedeutet das: "Anwendungsbezogenes Wissen und Können wird in den Mittelpunkt gerückt und in lebensnahen, motivierenden und bedeutungsvollen Lernsituationen gesichert."
Lehrplan ist 14 Jahre alt Seit dem Jahr 2000 gilt der bisherige Lehrplan. Nach 14 Jahren sei es durchaus üblich, dass dieser überarbeitet worden sei, erklärt der Schulamtsdirektor. Ein eigener Beauftragter an jeder Schule soll dafür Sorge tragen, dass der Plan richtig umgesetzt wird. Jede Schule hat nämlich die Möglichkeit, die Inhalte auch mit eigenen, regionsbezogenen Themen zu vermitteln. Das Ziel, das die Schüler erreichen sollen, ist also überall gleich, der Weg dorthin kann jedoch variieren. Der Lehrplan wird heuer bei den Jüngsten umgesetzt und in den folgenden Jahren auch in immer höheren Klassenstufen.
Daher wird ein besonders großer Wert auf die Übergänge gelegt. "Die Kompetenzerwartungen in der 4. Klasse gelten als Basis für die 5. Klasse", stellt Dörfer fest.
Nicht nur der Lehrplan wird von einem neuen Denken getragen, sondern auch der Schulalltag an vier Grundschulen. Die Grundschule Küps hatte das Konzept der "Flexiblen Grundschule" bereits getestet. Nun steigen auch die Schulen in Teuschnitz, Wilhelmsthal und Nordhalben in dieses Projekt ein. Hierbei werden die Schüler der 1. und 2. Jahrgangsstufe in kombinierten Klassen unterrichtet, in denen die Lerngeschwindigkeit individueller auf die einzelnen Kinder abgestimmt wird. Dabei ist es den Schülern möglich, bis zu drei Jahre in dieser Klassenstufe zu bleiben. "Es gibt vom Kindergarten heraus keine homogenen Gruppen mehr", erklärt Dörfer, dass die Schulanfänger heute oft unterschiedlich weit sind, was ihr Wissen und ihr Lerntempo angeht.
Dem werde mit dem neuen Konzept Rechnung getragen. Außerdem komme der Helfer-Gedanke dabei besser zum Tragen: Stärkere Schüler unterstützten schwächere.
Eltern mehr einbeziehen Schließlich soll die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus gestärkt werden. Darum wird es unter anderem jeder Schule - im Einvernehmen mit dem Elternbeirat - freigestellt, in den Klassen 1 bis 3 ein Lernentwicklungsgespräch mit dem Schüler durchzuführen statt ein Zwischenzeugnis auszuhändigen. Dieses Vorgehen können Eltern, die ein Zwischenzeugnis wollen, aber auch ablehnen.
Insgesamt sollen die Eltern mehr ins Schulleben einbezogen werden. "Es geht darum, Wege zu finden, die Erziehungspartnerschaft zu optimieren", betont Dörfer. Das werde den Lehrkräften künftig größere Flexibilität abverlangen.
"Der Lehrer wird nicht mehr der Lehrer sein, der er früher war. Die Zeiten, als er sagte, ich komme früh und gehe mittags heim, sind eigentlich vorbei."
Weitere Infos zum neuen Schuljahr Personal 265 Lehrer sind im kommenden Schuljahr im Kreis Kronach im Dienst. 20 davon sind als so genannte mobile Reserve eingeplant. Neue Schulleiter gibt es an der Grundschule (GS) Ludwigsstadt Am Grünen Band (Ulrike Schmidt, zuletzt GS Rodachtal) und an der GS Johannisthal/Schmölz (Gisela Gebert-Hartenstein, zuletzt GS Weißenbrunn).
Schüler 3116 Schüler besuchen in diesem Jahr die Grund- und Mittelschulen im Landkreis. Das sind 183 weniger als im Vorjahr. Schulamtsdirektor Uwe Dörfer meint jedoch, dass der Punkt erreicht sei, an dem an vielen Schulen kein weiteres Absinken der Schülerzahlen zu erwarten sei.
Er stellt allerdings ein Nord-Süd-Gefälle bei den Schülerzahlen fest.
Betreuung Im Landkreis gibt es zurzeit 28 Gruppen in der Mittagsbetreuung. Gebundene Ganztagsbetreuung wird in Kronach (Grundschule/5 Klassen - Mittelschule/6), Küps (GS/1 - MS/2), Stockheim (GS/1), Pressig (MS/4) und Windheim (MS/2) angeboten. Die offene Ganztagsschule gibt es an den Mittelschulen in Kronach, Küps und Windheim.
Inklusion Mit der Inklusionsberatungsstelle am Schulamt gibt es ein neutrales, von der jeweiligen Schule unabhängiges Beratungsangebot für Eltern mit beeinträchtigten oder entwicklungsverzögerten Kindern im Hinblick auf die Vielzahl schulischer Angebote.
Kombinierte Klassen Neben den kombinierten Jahrgangsstufen im Rahmen des Projektes "Flexible Grundschule" gibt es noch folgende kombinierte Klassen: GS Johannisthal/Schmölz (eine in 1/2), GS Wilhelmsthal (drei in 3/4) und GS Tettau (eine in 2/3).
Ziele Jede Schule muss künftig in eigener Verantwortung ein Schulentwicklungsprogramm erstellen und darin selbst Entwicklungsziele festzulegen.
BO-Klasse Für Mittelschüler, welche die 9. Klasse wiederholen, wird an der Mittelschule Kronach mit der Berufsorientierungsklasse ein laut Dörfer gutes Modell angeboten, das eine reduzierte Zahl an Sachfächern und einen sehr praxisorientierten Unterricht bietet. Diese Klasse läuft im dritten Jahr und "hat sich bewährt".