Die Marktgemeinde Nordhalben hat auf Grund unglücklicher Rahmenbedingungen drei Läden im Ortskern verloren. Die Sozialen Medien werden überraschend zum Spielplatz für Nachfolgekonzepte aus den eigenen Reihen.
In der Backstube Willi Müller dufteten bis vor Kurzem leckere Teigwaren. Heute sucht man ihren angenehmen Geruch im Ortskern von
Nordhalben vergebens. Wie "Tanjas Blumenlädchen" und das Lotto-Geschäft nebenan, so schloss auch die Bäckerei-Filiale im Herzen der Gemeinde ihre Pforten. Die Gemeinde hat nun einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen, um die Leerstände sofort wieder zu beleben. Die Sozialen Medien sollen helfen. Und Lichtblicke gibt es schon.
Dass die drei Geschäfte zusperren mussten, liegt weniger am Standort als an den Rahmenbedingungen. Der Blumenladen scheiterte an fehlendem Fachpersonal. Die Lotto-Stelle musste wegen eines Todesfalles schließen. Und da deren Kunden in der Folge öfters ausblieben, verschlechterten sich auch die Bedingungen für die Bäckerei, wie die Gemeinde schildert.
Schuld am Aus für drei Geschäfte im Ortskern war demnach weniger das Kaufverhalten der Kunden als vielmehr die unglücklichen Rahmenbedingungen. Das bestätigt auch Kerstin Deuerling. Die Inhaberin der geschlossenen Bäckerei-Filiale erinnert sich, dass ein leichter Abdruck in ihrem Nordhalbener Geschäft bereits spürbar war, nachdem Bank und Metzgerei geschlossen hatten. Als nun die Lotto-Stelle hinzugekommen ist, hat sich das besonders negativ ausgewirkt. Deren Kunden hatten offenbar gerne nach ihrer Tippabgabe noch einen kleinen Schwenk in die Bäckerei gemacht. Nun fehlen sie.
Abschreiben möchte Kerstin Deuerling den Nordhalbener Ortskern als lohnenswertes Geschäftsgebiet deswegen jedoch nicht. Wenn der Bereich mit neuem Leben erfüllt und das Ganze mit einem guten Konzept unterlegt werde, könne dort etwas Neues entstehen, unterstreicht sie. "Dann glaube ich bestimmt, dass sich dort wieder etwas entwickeln kann."
Das denkt auch Bürgermeister Michael Pöhnlein (FW). "Wir ziehen alle an einem Strang", sagt er überzeugt davon, dass die Nordhalbener - wieder einmal - aus eigener Kraft der Demografie ein Schnippchen schlagen können. Beim Wohnraum und bei der Gewerbeansiedlung gab es in den vergangenen Monaten verschiedenste Ansatzpunkte, mit denen die Gemeinde versucht, dem demografischen Trend entgegenzutreten.
Appell an Nordhalbener
Auch in diesem Fall gingen Bürgermeister und Verwaltung einen überraschenden Weg. "Können wir es schaffen, gemeinsam den Ortskern wieder zu beleben? Wie soll das gehen?", fragten sie in einem Facebook-Post die Öffentlichkeit. "Es bringt nichts, nur darauf zu hoffen, dass Leute von außen kommen, um hier ein Geschäft aufzumachen. Es geht, wenn wir Nordhalbener finden, die den Mut aufbringen, sich selbstständig zu machen. Marktlücken sind genug vorhanden. Ob Blumen, Tabak, Schreibwaren, Toto-Lotto, Zeitungen, Obst und Gemüse, Eisdiele, Bio-/regionale Produkte, Cafe, usw. Großes Potenzial und der Markt sind da."
Was wirkt wie ein Griff nach dem sprichwörtlichen Strohhalm stellte sich schnell als vielversprechende Idee heraus. Denn es gibt sie schon, die ersten Nachfragen.
Pöhnleins Zwischenbilanz des Social-Media-Vorstoßes: "Über 2500 Leute haben den Post schon gesehen, es gibt 35 Likes, und 20-mal wurde der Eintrag bisher bereits geteilt." Für eine gemeindliche Seite seien das sehr gute Werte. Und es seien nicht nur Nordhalbener gewesen, die einen Blick auf diesen Aufruf geworfen haben, sondern auch Menschen von außerhalb. "Es ist ja eine Problematik, die viele Kommunen haben", erklärt Pöhnlein.
Doch nicht nur die elektronische Zählung stimmt den Bürgermeister zuversichtlich. "Wir haben schon drei Personen, die Interesse haben", fügt er hinzu. Die kommen tatsächlich alle aus der eigenen Gemeinde. Weitere dürfen diesem Beispiel natürlich gerne folgen. Weitere Interessenten können sich bei der Gemeinde melden (sven.schuster@nordhalben.de).
Im nächsten Schritt will die Gemeinde ihrem Versprechen und ihrem eigenen Anspruch gerecht werden. Zum einen will sie den Interessenten mit Rat und Tat zur Seite stehen. Zum anderen sollen deren Ideen auf Herz und Nieren geprüft werden. "Es sollen keine Eintagsfliegen sein", erklärt Pöhnlein, dass die Konzepte für neue Geschäfte gleichermaßen tragbar und zukunftsfähig sein müssen.
Gute Resonanz
Insgesamt ist Pöhnlein zufrieden, den Schritt in die Sozialen Medien getan und sich nicht nur auf das Gemeindeblatt verlassen zu haben. Dass die Resonanz so gut ausfällt, bestätigt ihn und seine Mitarbeiter in der Verwaltung in ihrem Vorgehen. Für ihn steht fest: "Wir haben einen Stein ins Wasser geworfen, und der hat Wellen geschlagen." Vielleicht spült ja die eine oder andere dieser Wellen wirklich neues Leben in die Nordhalbener Geschäftswelt.
mir fiel gerade noch etwas ein. Diejenigen, die Mutige dazu auffordern, sich im Ort selbständig zu machen sind, welch Ironie, ausgerechnet jene, die anschließend nie einen Fuß in den neu eröffneten Läden setzen. Würde die Gemeinde ihr Druckerpapier oder ihren Toner usw. in einem örtlichen Schreibwarenladen kaufen? Wohl kaum! MERRY CHRISTMAS!
Großes Potential und der Markt sind da? Das ist ja blanker Hohn! Wo soll bei 1500 Einwohnern, von den die meisten bereits im Rentenalter sind, ein lohnender Markt herkommen? Es ist immer wieder traurig wie Bürohengste einem Phantom nachtrauern. Wer sich heute mit einem Ladengeschäft in einer Dorflage selbständig macht, ist entweder dumm oder total verrückt. Woher sollen die Umsätze für Miete, Strom, Wasser, Versicherungen, Beiträge, usw. kommen? Mit Sicherheit nicht von den paar Rentnern, von denen noch die meisten in Armut leben. Da müsste schon die Regierung mal ordentlich etwas zu einem ordentlichen Rentenniveau beitragen. Es ist nun einmal Fakt, dass sich das Leben verändert. Und dazu gehört der Internet-Konsum. Das Internet legt den Einzelhandel in ländlichen Gebieten nahezu komplett lahm. Dass es sich dabei nicht nur um Dörfer handelt, zeigt das Beispiel Kronach. Auch in der Kreisstadt verschwinden mehr und mehr Geschäfte und werden von Pizza- und Dönerbuden abgelöst, die sich gegenseitig fertig machen. Das kann auch nicht die Lösung sein. Die Regierung sollte das Internet als reine Wissensquelle sehen und sämtlichen Kommerz über das Internet verbieten, genau so, wie es anfangs einmal gedacht war. Nur dann wird es eine Wiederbelebung der Orte geben. Alles andere ist reines Wunschdenken! Im Grunde ist es sogar ein Verbrechen, wenn man jungen Geschäftsgründern suggeriert, sie hätten auf dem Lande eine Chance. Das führt nur zur Verschuldung und Insolvenzen. Die Verantwortung tragen die Gemeinden!