In den Kreisen Kronach, Lichtenfels und Coburg läuft ein Projekt an, das den Lebensraum der Vögel erweitern soll.
Als das Schulzentrum noch nicht stand, die Bebauung noch nicht bis in den Kehlgraben reichte, da hatten die Einwohner am Fuß des Kronacher Kreuzbergs öfters wilden Besuch. Igel und Hasen tauchen selbst heute noch sporadisch in den Gärten auf. Doch Rebhühner hat man dort schon lange nicht mehr gesehen.
"Früher, als bis nach Ruppen noch Äcker waren, kamen sie bis in unseren Garten", erinnert sich Gerlinde Meißner. Damals hat sie die Ackervögel sogar gefüttert. Bestimmt zehn bis zwölf Tiere seien es gewesen, die zweimal am Tag zu einer Stippvisite vorbeigeschaut haben. Inzwischen sind über 40 Jahre ins Land gegangen. Die Bebauung und der Verkehr am Kreuzberg haben zugenommen. Rebhühner hat Gerlinde Meißner dort schon lange keine mehr zu Gesicht bekommen. Aber auch beim Spazieren durch Wald und Flur kreuzen diese Vögel nur noch selten die Wege der Menschen.
An der Ökologischen Bildungsstätte im Mitwitzer Wasserschloss hat man längst wahrgenommen, dass die Rebhühner und ihre Wegbegleiter nicht mehr so häufig in Erscheinung treten wie in früheren Jahrzehnten. Der Sprach- und Kulturwissenschaftler André Maslo erklärt, wieso der Naturschutz auch deshalb seinen Blickwinkel stetig anpasst: "Früher wurde bei Programmen vor allem auf die Kulturflüchter geschaut, die besondere Lebensraumansprüche haben, wie Uhu oder Schwarzstorch. Jetzt blickt man eher auf andere Arten, auf die Kulturfolger, wie Hase oder Rebhuhn."
Während die Programme für die sogenannten Kulturflüchter nämlich Früchte tragen, sieht es laut Maslo bei den dichter am Menschen lebenden Kulturfolgern anders aus. Kurz gesagt: Die Kulturflüchter sind zahlenmäßig oft noch schwächer vertreten, sie befinden sich aber durch die Schutzprogramme in einer positiven Entwicklung. Die zurzeit noch größeren Populationen der Kulturfolger dünnen hingegen zusehends aus. Deshalb sieht man inzwischen unter anderem die früher recht verbreiteten Rebhühner selten.
"Dadurch, dass ihre Population zurückgeht, nutzen sie nur noch optimale Gebiete", sagt Maslos Kollegin an der Ökologischen Bildungsstätte, die Umwelttechnikerin Christine Neubauer. Doch das soll sich künftig wieder ändern. Ein neues Projekt soll dem Rebhuhn - und damit auch den Tieren, die seinen Lebensraum teilen, - neue Perspektiven bieten.
Zusammen etwas für Natur tun
In den Landkreisen
Kronach, Lichtenfels und Coburg wird dafür die Zusammenarbeit mit Landwirten gesucht. Im Zuge des Projektes "Die Agrarlandschaft von morgen - zeitgemäße Lösungen für die Lebensgemeinschaft Rebhuhn" wollen die Naturschützer gemeinsam mit den Landnutzern Biotopverbesserungen erreichen. Spezielle Blühflächen und in einem späteren Schritt durch Jäger betreute Futterstellen sollen zur Ausbreitung der Tiere beitragen.
"Wir haben einen Etat für circa 20 Hektar", stellt Maslo fest. Eigentlich hatte er vermutet, dass es erst im Jahr 2019 mit der Umsetzung losgehen würde, jedoch konnte ein Pilotversuch schon in diesem Jahr gestartet werden. In Lettenreuth stellte ein Landwirt kurzerhand einen halben Hektar für das Vorhaben zur Verfügung. Am heutigen Donnerstag wird sich sogar der bayerische Umweltminister Marcel Huber (CSU) vor Ort ein Bild davon machen.
Maslo ist sehr zuversichtlich, dass die Landwirte in den drei Landkreisen gut mitziehen werden. Bisher ist die Resonanz sehr erfreulich. "Ich denke, nächstes Jahr werden wir gute fünf Hektar in trockenen Tüchern haben", stellt er fest. Und auch die Jägerschaft zeigt reges Interesse am Fütterungs-Folgeprojekt, das gerade parallel beantragt wird. Neubauer bestätigt: "Die Jäger sind schon Feuer und Flamme."
Vor der Haustür wird man die Rebhühner am Kreuzberg trotz dieses Engagements vermutlich nicht mehr antreffen. Doch vielleicht gelingt es durch dieses Miteinander, dem Vogel und seinen Weggefährten draußen bei den Äckern wieder mehr Lebensräume zu erschließen.