Wieder Wolf in Oberfranken gesichtet: "Heimkehr" des Raubtiers freut nicht jeden

Neugierig inspiziert der unerwartete Gast die Box mit dem Rehfutter. Es ist stockdunkel in dieser Dezembernacht - und der Besucher fühlt sich unbeobachtet. Er ahnt nicht, dass er in die Fotofalle getappt ist, die ein Jäger in seinem Revier aufgestellt hat.
So geschah es in besagter Nacht am 28. Dezember 2019 vergangenen Jahres in einem Wald im Westen von Birnbaum. Das vorliegende Foto dokumentiert die zweite offizielle Wolfssichtung im Landkreis Kronach. Offiziell deshalb, weil Meister Isegrim Zeugenaussagen zufolge schon häufiger im Frankenwald unterwegs gewesen sein soll. "Ich habe mein Jagdrevier auf der östlichen Seite", erzählt der Birnbaumer Chirurg und Jäger Tom Hoffmann. "Ich hatte ihn zwar noch nicht vor der Flinte, aber er soll schon öfter durch unsere Wälder gestreift sein."
Vor die Linse gelaufen ist der prominente Gast jedoch seinem Jagdkollegen Frank Hofmann. "Es war schon die ganze Zeit davon die Rede, dass der Wolf durch unsere Wälder streift", erzählt der Birnbaumer. "Aber als ich am nächsten Tag die Kamera kontrolliert und das Bild gesehen habe, war ich schon überrascht, weil das hier - zwischen zwei Dörfern, ja ein unruhiges Gebiet ist."
Wolfssichtung bei Kronach: Lange Beine, buschiger Schwanz
Das Foto hat Hofmann den Behörden übergeben. Das "Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU)" hat am Montag (13. Januar 2020) bestätigt, dass es sich tatsächlich um einen Wolf - und nicht etwa um einen streunenden Hund - handelt. "Wölfe sind hochbeiniger als viele Hunderassen. Die Ohren sind relativ klein und dreieckig. Wölfe haben einen buschigen Schwanz und oftmals eine schwarze Schwanzspitze", erläutert eine LfU-Pressesprecherin.
Außerdem befinde sich auf der Schulter ein Sattelfleck und das Gesicht sei dunkel mit hellen bis weißen Partien am Fang. Ist eine eindeutige Identifizierung nicht möglich, werden die vorhandenen Bilder als nicht bestätigte Hinweise dokumentiert. Mit dem aktuellen Schnappschuss steigt die Zahl der bestätigten Wolfssichtungen somit auf zwei. Das erste Mal einen Besuch zweifelsfrei bewiesen hat im Mai vergangenen Jahres ein Foto aus einem Waldstück bei Pressig. Die Experten haben damals jedoch vermutet, dass das Raubtier aus der Familie der Hunde lediglich auf der Durchreise war. Damit von einem standorttreuen Wolf gesprochen werden kann, muss sein Aufenthalt über einen längeren Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachgewiesen werden. Er ist anschließend jedoch nicht mehr gesehen worden.
Ob der Wolf aus der aktuellen Sichtung ebenfalls nur zu Besuch im Frankenwald war oder ob es sich sogar um das gleiche Tier handelt, ist derzeit noch völlig unklar. "Ob es das gleiche Tier ist, kann bei Wölfen anhand eines Fotos nicht festgestellt werden", erklärt die LfU-Pressesprecherin. "Dazu benötigen wir Haare oder Losungsproben." Nur über einen DNA-Abgleich könne zweifelsfrei geklärt werden, um welchen Wolf es sich handelt.
Ist der Wolf bereits weitergezogen?
Wahrscheinlicher sei jedoch, dass der nächtliche Besucher bereits weitergezogen ist: "Vor allem junge Rüden wandern auf der Suche nach einem eigenen Territorium sehr weite Strecken von täglich 50 bis 70 Kilometer oder mehr." Und Kronach ist aus Sicht von Kreisjagdberater Winfried Wachter kein Territorium, in dem sich ein junger Wolf vorzugsweise ansiedeln würde: "Ob ein Wolf bleibt oder nicht, hängt vor allem vom Nahrungsangebot ab." Und das sei im Kronacher Raum eben überschaubar. "Wir haben hier nicht so viele Weideschafe. Da zieht der Wolf dann dorthin weiter, wo er mehr Nahrung vorfindet."