Druckartikel: Margit Förster liefert nachts bei Wind und Wetter neuen Lesestoff

Margit Förster liefert nachts bei Wind und Wetter neuen Lesestoff


Autor: Marco Meißner

Kronach, Dienstag, 23. Dezember 2014

Bei Regen, Schnee und Kälte mag keiner mehr in finsterer Nacht vor die Tür gehen. Margit Förster lässt sich davon nicht abschrecken. Wenn andere sich unter die Decke kuscheln, liefert sie den Fränkischen Tag am Kronacher Kreuzberg aus.
Margit Förster sorgt dafür, dass unsere Leser zum Frühstück ihre Zeitung auf dem Tisch haben. Foto: Marco Meißner


Die Szene könnte aus einem Gruselfilm stammen: Keine Menschenseele ist zu sehen, Nebelschwaden liegen wie graue Schleier in den Gassen und nur das orangene und weiße Leuchten der Straßenlampen setzt vereinzelte Lichtpunkte. Schritte und ein Knarzen von Rädern, die über Split steinchen holpern, unterbrechen die nächtliche Ruhe. Dann wird klar, hier gibt es nichts zum Gruseln, hier wird gearbeitet.

Margit Förster marschiert um 2 Uhr durch die völlig verwaisten Straßen, spult Kilometer in der Kreisstadt ab. Mit ihrer reflektierenden Sicherheitsweste sticht sie aus dem diesigen Grau heraus. Hinter sich zieht sie einen Trolley her. Darauf sind zwei Taschen mit rund 130 Zeitungen verstaut. Innerhalb von etwa einer bis eineinhalb Stunden verteilt sie den Inhalt am Kronacher Kreuzberg. Ihre erste Tour in dieser Nacht. Zwei weitere in der Umgebung schließen sich an.

Bei Wind und Wetter, bei Regen und Schnee ist sie - ebenso wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen - unterwegs, damit morgens bei uns der Fränkische Tag auf dem Frühstückstisch liegt.

Nicht immer geht es so ruhig zu wie in dieser ungemütlichen Dezember-Nacht. "Man trifft auch mal Leute in den Straßen. Im Sommer natürlich mehr", erzählt sie. Und ein Leser warte selbst zu dieser unchristlichen Zeit schon regelmäßig hinter dem Fenster, bis endlich seine Zeitung geliefert wird.

Obwohl Margit Förster dann bei der Arbeit ist, wenn sich Otto-Normalbürger noch unter seine Bettdecke verkriecht, hat sie zu vielen Abonnenten einen guten Kontakt. In den 15 Jahren, die sie mittlerweile schon die Zeitungen austrägt, hat sie die Abonnenten in ihrem Gebiet gut kennen gelernt. Sie weiß, wer gerade neu baut, wer einen Todesfall in der Familie verkraften muss oder wer sich ein schickes Auto zugelegt hat.


Schnee ist ein Problem

"An die Leute die besonders lieb sind, verteile ich zu Weihnachten ein Kärtchen", erzählt sie. Diese Aufmerksamkeit wird gerne erwidert. Viele Abonnenten sagen ihr in diesen Tagen Dank für den guten Service. Hier steckt ein kleines Kuvert für sie am Briefkasten, dort steht ein guter Tropfen an der Tür bereit. Margit Förster strahlt. Ihre Arbeit, bei der sie ja zumeist gar nicht wahrgenommen wird, findet Anerkennung.

Es nieselt inzwischen ganz leicht, doch das macht der Zustellerin nichts aus. "Regen ist mir lieber als Schnee", gesteht sie. Denn wenn das Weiß auf dem Asphalt liegt, ist es für sie schwerer, mit ihrem Wägelchen an den Anstiegen vorwärts zu kommen. "So früh fährt noch kein Räumdienst", erklärt sie. "Und mein Wagen rollt dann nicht. Er bleibt im Schnee stecken." An solchen Tagen nimmt sie lieber Taschen für die Zeitungen mit, die sie schultern kann. Eine schweißtreibende Alternative. "Ich habe es auch schon mal mit dem Auto versucht, aber das rentiert sich nicht. Da verbraucht man zu viel Sprit."

Natürlich ist ihr in manchen Situationen nachts allein auf den Straßen auch schon mal mulmig zumute. Wenn sie zum Beispiel auf dem Crana-Mare-Parkplatz auf seltsame Gestalten trifft, von denen man nicht weiß, was sie im Schilde führen. Oder wenn sich jemand am abgestellten Zeitungstrolley bedienen will. All das hat sie schon erlebt.


Freundliche Leute getroffen

In aller Regel trifft sie aber auf angenehme Zeitgenossen. Gerade auch jüngere Leute kämen meist sehr freundlich auf sie zu. Und wenn an einem Sommerwochenende oder bei Veranstaltungen wie dem Freischießen auch nachts reger Betrieb in den Kronacher Straßen herrscht, gebe es schon mal ungewöhnliche Begegnungen. Sei es die Frau, die nach dem Schützenfest nicht mehr in Stöckelschuhen laufen mag und den Heimweg vom Festplatz barfuß antritt, oder der Mann, der eine Mitfahrgelegenheit nach Höfles sucht, weil er selbst nicht mehr ans Steuer kann. In diesem Fall hat die Unterrodacherin Margit Förster übrigens den Fahrdienst übernommen, weil der "Gestrandete" ihr so leid getan hat und das Ziel ohnehin auf dem Weg lag.

Es ist knapp 3.30 Uhr. Margit Förster ist wieder bei ihrem Auto angekommen. Immer noch liegen reichlich Zeitungen darin. Jetzt geht es weiter zur zweiten Tour. Diese Nacht wird wieder kurz - so wie es die Zustellerin schon lange gewöhnt ist. Aber die Abonnenten können sich sicher sein: Wenn sie morgens zur Zeitungsbox gehen, liegt ihr FT schon für sie bereit.