Kronacher Stadtrat erteilt anonymen Gräbern eine Absage
Autor: Marco Meißner
Kronach, Montag, 02. Februar 2015
Das Kronacher Stadtratsgremium befasste sich am Montag mit einem Antrag aus den Reihen der SPD. Mit knapper Mehrheit entschieden die Ratsmitglieder, keine "namenlosen" Bestattungen zuzulassen. Weiteren Urnenfeldern in den Stadtteil-Friedhöfen standen sie offener gegenüber.
Ebenso emotionale wie kontroverse Diskussionen hatte die Frage nach neuen Bestattungsformen vor fünf Jahren im Kronacher Stadtrat entfacht. Gestern kam das Thema erneut auf den Tisch. Diesmal blieben die Gemüter ruhig. Doch das Gremium im Ganzen und selbst einzelne Ratsmitglieder für sich zeigten sich sehr zerrissen, als es darum ging, ob anonyme Gräber auf den städtischen Friedhöfen entstehen sollen.
Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) gestand beispielsweise ein, von seinem Abstimmungsverhalten im Jahr 2010 abweichen zu wollen. Damals hatte er für die Einführung anonymer Gräber votiert, das Gremium hatte sich jedoch mehrheitlich dagegen entschieden - so wie auch dieses Mal (10:13). "Dieses Thema ist sicherlich ein emotionales. Für manchen ist es eine Frage der ethischen und religiösen Einstellung", räumte er ein. Jeder müsse seine Entscheidung daher nach dem eigenen Gewissen treffen. Sein eigenes Umdenken bei der Abstimmung war jedoch nicht von moralischen Bedenken getrieben. "Gerade bei den Friedhofsatzungen sollten wir eine gewisse Beständigkeit haben", erklärte Beiergrößlein, dass der Beschluss nicht nach nur fünf Jahren schon wieder geändert werden sollte.
Emotionen herauslassen
Diese Ansicht teilte Jonas Geissler (CSU). Für ihn war zudem klar, dass man dieses Mal die Emotionen aus der Diskussion herauslassen sollte. "Es wäre ungerecht, jemandem die Trauer wegzunehmen", betonte er, wie wichtig für viele Hinterbliebene ein Platz sei, an dem man mit dem Verstorbenen zusammenkommen könne. "Es gibt einen Ort dafür - und das sollte der Friedhof sein", erklärte er.
Auch Peter Witton (Grüne) hielt es für ganz wichtig, mit Menschen zu reden, die ein ano nymes Begräbnis ins Auge fassen. Man müsse ihnen klar machen, das andere mit der Trauer leben müssten. "Ein Feld mit einem Namensschild wäre eine gute Zwischenlösung", griff er einen Vorschlag aus der Diskussion auf. Einer völligen "Namenslöschung" erteilte er wie Geissler jedoch eine Absage. Cilly Volk (FL) stimmte zu und sprach davon, dass eine Trauerarbeit für die Hinterbliebenen nicht in die Anonymität führen dürfe. Winfried Lebok (CSU) meinte, dass es genau aus diesem Grund beispielsweise auch die Kriegsgräberverbände gebe.
Michael Zwingmann (FW) erklärte, "ja" zur anonymen Bestattung sagen zu wollen. Allerdings müsse schriftlich festgehalten sein, dass es sich dabei wirklich um den freien Willen des Verstorbenen handelt. Dieser sei für ihn maßgebend. Man könne niemandem vorschreiben, wie er sich bestatten lassen solle - egal aus welchen Gründen der Betroffene seine Entscheidung treffe. "Das Thema ist in der Bevölkerung da", hielt er auch die erneute Diskussion darüber für angebracht. Dem Argument Geisslers, wer bei der Form der Bestattung ein "Freigeist" sei, der sei es wohl auch bei der Wahl des Ortes, widersprach Zwingmann: "Wer in Kronach gelebt hat, möchte auch hier begraben werden."
Nachfrage ist da
Marina Schmitt, die den Antrag gestellt hatte, sah die Stadt als Dienstleister. "Die Nachfrage ist da und sie wird meiner Erfahrung nach größer", stellte sie fest. Nachdem auch der Stadtrat mittlerweile neu besetzt worden sei, sei es legitim, das Thema wieder zu diskutieren. Anderswo gebe es diese Möglichkeit der Bestattung längst, "also warum soll's das nicht auch bei uns geben?", fragte sie. Das Trauern sei zudem auch im Bereich von anonymen Gräber möglich. Wenn es so etwas in Kronach gäbe, müssten die Hinterbliebenen außerdem keine langen Fahrten zu den Grabstätten antreten.
Markus Wich (CSU) stimmte zu, dass die Stadt ein Dienstleister sei; dieser müsse aber nicht jede denkbare Dienstleistung anbieten. Heinz Hausmann (CSU) unterstrich: "Zum Menschen gehört der Name - auch wenn eine Grabstätte ganz einfach ist." Angela Degen-Madaus (FL) berichtete aus ihrer eigenen Erfahrung, dass eine erkennbare Grabstätte mit Namen auch nach Jahren tröstliche Erfahrungen für die Hinterbliebenen mit sich bringen kann.
Karl H. Fick (SPD) hakte zwar nochmals nach, dass es bei dieser Entscheidung einzig um den Wert geht, den der Wille des Verstorbenen genieße, nicht um Emotionen im Gremium oder die Trauer der Hinterbliebenen, doch die knappe Entscheidung gegen Schmitts Antrag konnte er nicht mehr ändern.
Zweiter Teil des Antrags
Besser sah es für den zweiten Teil des Antrags von Marina Schmitt aus. Sie machte sich auch stark dafür, Urnenfelder in den Stadtteilfriedhöfen zu schaffen. Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein erklärte, dass man sich 2010 entschlossen habe, diese Friedhöfe zu erhalten, aus Kostengründen zusätzliche Angebote jedoch nur noch in Kronach schaffen wollte. Jonas Geissler habe inzwischen jedoch einen Vorschlag unterbreitet, im Zuge der diesjährigen Neukalkulationen für die Friedhöfe auch Urnenfelder für die Stadtteile durchrechnen zu lassen und dann neu zu entscheiden. Diesem Vorschlag stimmten letztlich alle Ratsmitglieder zu.