Kronacher Realschüler lassen sich filzen
Autor: Marco Meißner
Kronach, Dienstag, 20. Mai 2014
In Kronach erfuhren Interessierte bei der Woche der Justiz, wie die bayerischen Gerichte arbeiten. Auch Schüler besuchten das Amtsgericht - und wurden gleich gefilzt.
Eine Frau mit Handschuhen tastet einer Schülerin Arme, Oberkörper und Beine ab. Zuvor musste die 15-Jährige sich zeitweise schon von Gürtel, Jacke, Schlüsseln und anderen Gegenständen trennen. Hätte sie sich geweigert, wäre der Gerichtsbesuch für sie bereits an der Eingangsschleuse zu Ende gewesen. Doch Lea Oertelt hat Verständnis für die Sicherheitskontrollen, die sie und ihre Schulkameraden aus der 9b und 9c der Realschule II zum Auftakt der Woche der Justiz über sich ergehen lassen "dürfen" und erklärt bekommen.
Das blöde Gefühl dabei, vermutet sie, halte sich wohl bei den Abgetasteten und den Sicherheitskräften die Waage. "Und man sieht ja auch ein, dass Kontrollen nötig sind." Genau diese Erkenntnis soll am Amtsgericht plausibel gemacht werden. Das unterstreicht Jürgen Fehn, der Direktor des Gerichts.
Gefahr droht nicht nur in Großstädten
Es seien nicht nur die Metropolen, in denen Prozessbeteiligte schon mit Waffengewalt angegangen worden seien. Auch an kleineren Gerichten wie Dachau seien bereits tödliche Attacken vorgekommen. Und gerade in Familiensachen oder Nachbarschaftsstreitigkeiten stecke oft viel mehr Zündstoff als in Strafverfahren. Inzwischen würden deshalb flächendeckend Eingangskontrollen in Bayern durchgeführt. "Wir wollen ja die Gerichtssäle nicht zu Waffensälen machen", erklärt Fehn den Schülern, die an diesem Tag zu den ersten Besuchern des Amtsgerichts zählen.
Dass es dabei mit einem Metalldetektor allein nicht getan ist, machten Geschäftsleiterin Andrea Rebhan sowie die Justizwachtmeister Lisa Herrmann und Manfred Pauler deutlich. Sie zeigten, dass Regenschirme, Schlüssel und Glasflaschen schnell zu Waffen werden können und Scheckkarten- oder Gürtelmesser ohne Abtasten und Kleidungskontrollen nicht aufzufinden wären.
Um Verständnis geworben
"Es gibt viele Ansagen, die man beim fünften, sechsten Mal nicht mehr hören mag", erinnert sich Andrea Rebhan an dumme Kommentare bei den Kontrollen. Dabei dienten die Sicherheitsmaßnahmen dem Schutz aller. Darum bittet sie um mehr Verständnis dafür. "Am Flughafen geht man ja auch einfach durch." Und Jürgen Fehn stellt klar: "Wer sich nicht kontrollieren lässt, der darf wieder heim, bevor er den Sitzungssaal von innen gesehen hat."
Die Realschüler haben sich jedoch alle den Kontrollen gestellt. Das war auch gut so, sonst hätten sie ein interessantes Programm verpasst. Neben den Eingangskontrollen wurden ihnen in mehreren Vorträgen von Fachleuten noch diverse Themen näher gebracht. Auch die Berufsmöglichkeiten in der Justiz wurden erläutert. Dabei wurde schnell klar: Die Verantwortlichen würden die Schüler später natürlich lieber als Kollegen, denn auf der Anklagebank wiedersehen.