Kripo deckte über 90 Drogenfälle im Kreis Kronach auf
Autor: Marco Meißner
Kronach, Dienstag, 20. Januar 2015
Der Landkreis Kronach ist in Sachen Rauschgift-Kriminalität kein Schwerpunktbereich - aber auch keine Insel der Seligen. Die Kriminalpolizei Coburg hat in den vergangenen beiden Jahren jeweils über 90 Drogendelikte im Kreis festgestellt.
Wenn die Kripobeamten Bernd Rebhan und Wolfgang Pfister durch die polizeiliche Kriminalstatistik blättern, sehen sie, dass die Zahl der Drogendelikte konstant geblieben ist. 2013 stellte die Polizei 93 Rauschgiftfälle im Kreis Kronach fest, vergangenes Jahr waren es etwa gleich viele. Doch die Beamten runzeln dabei ein wenig die Stirn. Sie wissen, dass sich zwischen den Zahlen viel herauslesen lässt, was die Bilanz relativiert.
"Die Rauschgift-Kriminalität ist ein Kontrolldelikt", erklärt Wolfgang Pfister, dass die Statistik die Situation auf der Straße nicht unbedingt eins zu eins widerspiegeln muss. Anzeigen gebe es in der Drogenszene nahezu keine. Deshalb trete diese Form der Kriminalität auch nur dann in Erscheinung, wenn die Polizei von sich aus aktiv wird und Ermittlungserfolge erzielt. 2014 hat die Coburger Kriminalpolizei sehr viel erreicht.
Zwischen den Zahlen lesen
Wie hoch der Pegel der registrierten Delikte ausschlägt, hängt von vielen Faktoren ab: Wie intensiv kann die Polizei kontrollieren? Wo werden "durchreisende" Drogentransporteure aufgegriffen? Und: Gibt es eine Kettenreaktion, wenn ein Drogenhändler auspackt? "Dann kann das schnell ganz anders aussehen. Dann hat man gleich mal 20 Fälle mehr", betont Pfister, der auch auf eine hohe Dunkelziffer verweist.
Generell ist der Kreis Kronach aus Sicht der beiden Kripobeamten kein Drogenschwerpunkt. Auch gibt es innerhalb des Landkreises keine besonders kritischen Gegenden. Doch auf einer Insel der Seligen befindet man sich im Frankenwald ebenfalls nicht. "Wir haben heute Grenzen ohne Grenzkontrollen - das spüren wir schon", stellt Rebhan mit Blick nach Osten fest. In Grenznähe zu Deutschland würden beispielsweise die tschechischen Drogenküchen im Zig-Tonnen-Bereich Crystal produzieren. Tendenz: steigend.
Die Abnehmer der verschiedenen Rauschgifte ziehen sich im Landkreis durch alle Altersklassen. "Unsere Hauptklientel ist aber zwischen 15 und 35 Jahren zu suchen - und da sind alle sozialen Schichten vertreten", erklärt Pfister.
Um den Dealern auf die Spur zu kommen, sind akribische Polizeiarbeit und ein großer Aufwand nötig. Dies fängt bei der Schutzpolizei an, welche für die Kripo der wichtigste "Informant" ist. Und es reicht bis hin zur groß angelegten Schleierfahndung in der Grenzregion, bei der man mit den tschechischen Behörden eng zusammenarbeitet.
Viel Arbeit am Schreibtisch
Wer dabei aber an "Tatort" oder "Soko" denkt, liegt (meistens) falsch. "Die Kontrollarbeit, die man im Fernsehen sieht, haben wir schon auch - aber sie ist nur ein ganz kleines Stück", erklärt Pfister. Die Tätigkeit am Schreibtisch sei nämlich viel zeitintensiver.
Wenn die Beamten draußen im Einsatz seien, dann gebe es natürlich auch mal spektakuläre Zugriffe, doch auch da sei das Bild auf der Mattscheibe oftmals überzeichnet. Mit einem Schmunzeln meint Pfister: "Es ist schon spannend, wenn man bei einer Observierung manchmal eine ganze Nacht eine Haustür anstarrt - und dann kommt keiner."
Infos zur Droge Crystal
Folgen Die kristallförmige Droge Crystal wird vorwiegend in Tschechien, Asien, Mexiko und Afrika hergestellt. Diese Droge wirkt aufputschend und wird daher laut Bernd Rebhan vorwiegend von jungen Leuten konsumiert, die die Nacht zum Tag machen wollen. Allerdings schädigt Crystal massiv Körper und Gehirn. "Du machst Dich kaputt, Gehirn und Haut. Die Zähne fallen aus. Die Leute verfallen innerhalb von zwei, drei Jahren", berichtet Wolfgang Pfister. Und Crystal mache die Konsumenten sofort abhängig, wissen die beiden Polizisten.
Grundstoff Wie Rebhan erklärt, ist der Grundstoff von Crystal - Ephedrin - lange bekannt und sogar im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden. Unter dem Namen Pervitin sind damals Mittel an die Soldaten ausgegeben worden, die aufputschend gewirkt haben.