Mit der Wirtschaft steht und fällt die Zukunft des Landkreises Kronach. Einen entsprechend breiten Raum nimmt sie im Demografie-Konzept für den Landkreis ein.
Die Loewe-Krise wird sich auf die Beschäftigtenstatistik deutlich auswirken. Das vermutet Wolfgang Puff von der Wirtschafts- und Strukturentwicklung Landkreis Kronach (WSE). Doch wäre dieser heftige Einzelfall nicht eingetreten, würden sich die Beschäftigtenzahlen 2013/2014 seiner Einschätzung nach wohl wieder auf einem Niveau bewegen, auf dem sie sich nun schon seit einiger Zeit befinden. Die ganz großen Einbrüche scheint der Landkreis in diesem Bereich hinter sich zu haben. Trotz aller Unkenrufe. Das liegt nach Puffs Erfahrung an der Entwicklung der heimischen Wirtschaft - und an einem Schlagwort: "Innovation".
"Seit über 20 Jahren beschäftige ich mich mit der Wirtschaftsförderung im Kreis Kronach. In dieser Zeit merkt man schon, wohin die Reise geht", stellt Puff fest, der auch die Treffen des Arbeitskreises für das Demografie-Konzept geleitet hatte.
Der Landkreis sei früher ein gewachsener Produktionsstandort gewesen. Ein Trumpf der Region sei gewesen, oft günstiger, schneller und qualitativ besser als andernorts in der Bundesrepublik herstellen zu können. Ein wesentlicher Grund dafür sei die Grenzland- beziehungsweise später die Regionalförderung gewesen. "Das Grenzland war früher ein beliebter Produktionsstandort", erinnert er sich daran, dass die Unternehmen die Fördermittel zur Ausweitung ihrer Kapazitäten gerne in Anspruch genommen hätten.
Heute sei die Situation eine andere. Ab Juli gebe es im Landkreis Kronach keine nennenswerte Regionalförderung mehr. Der Landkreis sei trotz seiner nachgewiesenen Strukturschwäche leider nicht in die Förderkulisse aufgenommen worden, weil die Staatsregierung dem gesamten Grenzgebiet zu Tschechien den Vorzug gegeben habe.
Keine Tragödie "Schade!", sagt Puff kurz und knapp - und nicht ohne anzufügen: "Aber nicht so tragisch!" Denn seiner Ansicht nach ist die Förderung von Firmenansiedlungen und -erweiterungen nicht mehr die alleinige Triebfeder für die Wirtschaft . "Wir stehen vor einem neuen Strukturwandel, einem qualitativen. Das Stichwort heute ist: ,Innovation‘." Nicht nur das produzierende Gewerbe, sondern auch die Dienstleister müssten sich in diese Richtung bewegen. Darum ist das Innovationsmanagement im Demografie-Konzept auch ein ganz wesentlicher Punkt für den Wirtschaftsstandort Landkreis Kronach.
Es gebe bereits Unternehmen, die diese Philosophie mit Erfolg verinnerlicht hätten. Als ein Paradebeispiel nennt er die Firma Scholz in Gundelsdorf, die ganz innovativ arbeite und bereit sei, sich neue Branchen zu erschließen.
Politik reagiert Auch die Politik gebe mittlerweile bei der Förderung Signale, dass die Innovation stärker in ihren Blickpunkt rücke. Puff nennt als Beispiele die Innovationsgutscheine des Freistaats, das so genannte Zim-Programm des Bundes und auf europäischer Ebene "Horizont 2020", das jetzt auch den Klein- und Mittelstand unterstützt. "Das zieht sich durch wie ein roter Faden", beleuchtet er die Entwicklung bei den Förderungprogrammen.
Ein Vorteil für die Unternehmen sei zudem, dass nicht jedes Innovationen für sich alleine erschließen müsse, sondern es in Zusammenarbeit mit Partnern leichter gehe. Das Innovations-Zentrum Region Kronach sei hierbei ein Meilenstein.
Ein Aderlass All diese Umstellungen müssten jedoch durch weitere Maßnahmen begleitet werden.
So gelte es, dem Fachkräftemangel zu begegnen. "Wir verlieren zu viele Menschen, die nach ihrer Ausbildung die Region verlassen - das ist unser Aderlass!", warnt Puff. "Bildungswanderer haben wir einfach, und das ist auch ganz normal", räumt er ein. Doch nicht zuletzt auf Grund der demografischen Entwicklung werde es für das Gewerbe immer schwieriger, diese Abwanderung zu kompensieren.
Um für Auswärtige in dieser Hinsicht interessant zu werden, müsse ein großer Stellenwert auf ein attraktives Auftreten der Firmen mit dem Angebot von attraktiven Arbeitsplätzen gelegt werden. Die Unternehmen müssten über den Landkreis hinaus zur "Arbeitgebermarke" werden, das heißt, sich einen Ruf als attraktive Arbeitgeber erwerben. Ein Status, den etwa Loewe bis zur Krise innegehabt habe.
Und die Möglichkeiten, die sich im Landkreis auftun, müssten noch stärker an den weiterführenden Schulen publik gemacht werden. Zudem müsse aufgezeigt werden, dass ein Gymnasiast nicht auf Gedeih und Verderb nur um des Studiums Willen studieren müsse, sondern dass eine Lehre eine echte Alternative sein könne.
Zu einer erfolgreichen Zukunft der Wirtschaft im Landkreis gehört für Puff aber auch eine zielgerichtete Förderung von Existenzgründern. Vor allem die hochschulgetriebenen Gründungen würden dem Landkreis fehlen. Deshalb müsse verstärkt die Nähe zu den Hochschulen gesucht werden. Eine Triebfeder hierfür könne der geplante Studiengang Innovationsmanagement werden, der auch vom Demografie-Konzept propagiert werde.
Und schließlich müsse man angesichts des Generationswechsels in den Unternehmen aufzeigen, dass dieser eine Chance für Existenzgründer bietet. Denn oft finde die "Abgeber-Generation" heute keinen Nachfolger mehr in der eigenen Familie. Diese Situation bei möglichen Kandidaten ins Bewusstsein zu rücken, sei eine Aufgabe, die auch dem im Konzept genannten Nachfolgeclub Oberfranken zufalle.