Ein Treffen mit den Bürgern soll am 17. Dezember auf die Situation der Flüchtlingsfamilien in Ludwigsstadt aufmerksam machen. Die Dolmetscherin Bernadette Jahn hat die Lage der Syrer kennen gelernt.
Bis vor wenigen Wochen kannte Bernadette Jahn Flüchtlinge und deren Leid nur aus den Medien. Seitdem sich die junge Frau zusammen mit Karin Weber um die beiden syrischen Familien in Ludwigsstadt kümmert, sie regelmäßig in ihren Unterkünften in der Bahnhofstraße besucht, ihre Leidensgeschichte kennt, ist ihr bewusst geworden: "Mir geht es gut!"
Es hat einige Stunden gedauert, bis sich die Übersetzerin ein Bild von den Lebensumständen und der Flucht der Familien machen konnte. Die Konversation bei den Treffen erfolgt mehr oder weniger in englischer Sprache. Die Flüchtlinge hatten bis vor etwa zwei Jahren einen Job, ein Haus, soziale Bindungen und ihre Familien, wie Jahn erzählt. Sie lebten mit Menschen anderer Religionen in einem friedlichen Miteinander. Dann kam der Krieg. Damit begann der Horror.
Eine Odyssee voller Gefahren "Wir können uns nicht vorstellen, welche Odyssee diese Menschen hinter sich haben", sagt Bernadette Jahn. Von Syrien aus flüchteten die Familien nach Ägypten, von dort aus wurden sie von Schleppern nach Italien gebracht. Sieben Tage lang waren die Familien auf dem Schiff. Sie waren Wind und Wetter ausgesetzt, von den hygienischen Zuständen ganz zu schweigen. Eltern und Kinder haben miterlebt, wie ihre Landsleute bei der Flucht starben. Es folgten schließlich Stationen in München und in Zirndorf, ehe sie in Ludwigsstadt ankamen. Die Angst sei während dieser Tage allgegenwärtig gewesen.
In Ludwigsstadt lebten die Familien zwar in Sicherheit, doch die Bewältigung des Alltags sei sehr schwierig, erklärt Bernadette Jahn.
Für sie, so die 34-Jährige, sei der Kontakt zu den Flüchtlingen mit ganz neuen Erfahrungen verbunden. Beispielsweise habe sie sich bisher nie Gedanken darüber gemacht, welche Umstände es machen kann, wenn in Coburg ein Arztbesuch ansteht.
In diesem Zusammenhang berichtet Bernadette Jahn von einem Flüchtlingskind, das auf Grund einer Krankheit zur Untersuchung nach Coburg musste. Sicherlich könne die Bahn genutzt werden, "aber was ist - wenn man drüben am Bahnhof steht, die Sprache nicht versteht, das Krankenhaus sich in einem ganz anderen Teil der Stadt befindet und man sich gegenüber dem Arzt nicht mitteilen kann?"
Demut gelernt Die 34-Jährige stellt fest: "Ich bin durch den Umgang mit diesen Menschen ein bisschen demütig geworden." Dann beginnt sie gleich von deren Gastfreundschaft zu schwärmen: "Unter zwei Stunden geht bei einem Besuch
nichts." Sie habe auch gemerkt, dass die Familien keine Bittsteller sein möchten. Sie wollen so schnell als möglich eine Arbeit finden, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es ist den Syrern fast schon peinlich, Hilfe anzunehmen.
Bernadette Jahn und Karin Weber hoffen, dass am kommenden Mittwoch viele Bürger ins Gemeindehaus kommen, wenn eine Veranstaltung mit den Flüchtlingen stattfindet (siehe Infokasten). "Wir wollen den Einheimischen die Angst vor Fremden nehmen", erklärt Weber. Es gehe darum, einen Kontakt zwischen den Flüchtlingen und der Bevölkerung herzustellen.
Zudem solle durch die Zusammenkunft ein Bewusstsein für die Situation der Flüchtlinge geschaffen werden: "Wie würden wir uns fühlen, wenn wir unser Hab und Gut zurücklassen müssten und in einem Land mit einer anderen Kultur und Sprache ankommen würden?!"
Für Karin Weber, die durch eine Mitteilung
des Vereins Christlicher Junger Menschen (CVJM) von den beiden syrischen Familien in Ludwigsstadt erfahren hatte, gehört Hilfe und Unterstützung für Flüchtlinge zu den christlichen Wertvorstellungen. Es soll letztendlich aber auch die Angst vor dem Islam genommen werden. Denn, so Weber, es darf nicht vergessen werden, dass die Mehrheit der islamischen Bevölkerung "genau wie wir in Frieden leben will!"
Die Veranstaltung Am Mittwoch, 17. Dezember, findet in Ludwigsstadt im Gemeindehaus "St. Michael" eine Veranstaltung mit syrischen Flüchtlingen statt, die in Ludwigsstadt untergebracht sind. Dazu laden die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde und die Organisatorin, Karin Weber, die Bevölkerung ein. Es geht dabei um das gegenseitige Kennenlernen, um Integration und um die Unterstützung der Flüchtlinge.